COOL - Und was ist mit Liebe?

Autor*in
, Vizzini
ISBN
978-3-570-12795-7
Übersetzer*in
Schindler, Nina
Ori. Sprache
Amerikanischen
Illustrator*in
Seitenanzahl
254
Verlag
Bertelsmann
Gattung
Ort
München
Jahr
2004
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jeremy liebt Christine, fühlt sich ihrer aber unwürdig, weil uncool. Er besorgt sich einen Squip, der ihn lehrt, cool zu sein. Jeremy verändert sich - und hat Christine vergessen?

Beurteilungstext

Ned Vizzini, 21-jähriger Jungautor, veröffentlicht mit "Cool - und was ist mit Liebe?" - oder "Be more chill", wie der Originaltitel lautet, seinen ersten Roman.

Vieles, wovon dieses Buch erzählt, erinnert an "Trainspotting" von Irvine Welsh, nur sind hier die Protagonisten und damit auch die Leserschaft einige Jahre jünger. Aber auch hier werden Drogen zumindest anfangs noch verherrlicht. Der Protagonist, ein Außenseiter, macht sich durch Drogenkonsum beliebt.
Die härteste hier erwähnte (allerdings fiktive) Droge ist der "Squip": "Das ist ein Minicomputer, der wie eine Pille geschluckt wird, sich im Hirn installiert und dir sagt, was du tun musst, um cool zu sein." Jeremy kommt nach der Kommandoübernahme seines Squips von seinem Weg ab und ist nicht mehr derselbe: Seine Identitätskrise, die er mit dem Squip überwinden wollte, nimmt nur andere Formen an. Jeremys Probleme werden immer größer und vielseitiger: Sein neuer Egozentrismus und der Squip verschaffen ihm zwar die ersehnte Coolness, aber auch viele falsche Freunde. Der Squip verleitet ihn auf Irrwege, rät ihm aber andererseits von Drogen ab.
Jeremy wird kriminell, stiehlt und greift zu illegalen Drogen, vergisst dabei nahezu alles, was ihm bis dahin etwas bedeutet hat, wirkt unecht und schafft es nicht, sich Christine zu nähern. Dafür macht Jeremy seine ersten sexuellen Erfahrungen - unter Anleitungen seines Squips! Die Liebe hat Jeremy dabei aus den Augen verloren.
Sex wird in allen möglichen Ausführungen thematisiert und meist sehr ordinär beschrieben: Cybersex, öffentlicher Sex und Voyeurismus auf einer Party, Masturbation. Es werden sehr ausführlich Details beschrieben und Tipps zur sexuellen Stimulans erteilt.
Am Ende beginnt Jeremy anscheinend zu begreifen, dass Coolness nicht die Lösung, sondern vor allem auch die Ursache seiner (neuen) Probleme ist, und dass der Squip ihm nicht helfen kann, sein Leben zu meistern und seine Ziele zu erreichen. Seine alten Wertvorstellungen wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Freundschaft keimen neu auf.
Das Scheitern des Protagonisten, markiert einen klassischen Schluss für einen Adoleszenzroman: Jeremy schafft es schließlich nicht, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu meistern und das Mädchens zu erobern, von dem er so besessen ist.
Der Ich-Erzähler, der zwar aus Jeremys Sicht erzählt, aus dem aber eigentlich der Squip spricht, wie der Leser am Ende des Buchs erfährt, erzählt detailliert die Erlebnis- und Emotionsdimension der Geschichte, wie der Protagonist Jeremy sie erlebt. Der Squip, der selbst ja auch in die Geschichte verwickelt ist, meldet sich direkt zu Wort, aus einer zweiten Ich-Perspektive. Um der möglichen Verwirrung des Lesers entgegenzuwirken, wird hier mit zwei verschiedenen Schriftbildern gearbeitet. Trotzdem kann man dieser Zweisträngigkeit nicht immer gut folgen.
Sprachlich werden viele Kraftausdrücke angewendet, die die Derbheit der dargestellten Situationen häufig unterstreichen. Wenn aber von Christine oder Jeremys Gefühlen für sie berichtet wird, wird auch der Ausdruck ein anderer, der poetisch anspruchsvoll und bildhaft (manchmal aber sehr kitschig) wirkt, "als würde man in einem himmlischen Tunnel agieren".
Dieser Roman ist in vielerlei Hinsicht sehr komplex: Inhaltlich ist es nicht immer einfach, dem Geschehen zu folgen, sobald der Squip und seine Funktionsweisen - mit allen Besonderheiten - beschrieben werden. Sprachlich ist der Roman sehr vielseitig und facettenreich, so dass man hier nicht von einem klar angewandten Sprachstil sprechen kann.
Die Identifikation jugendlicher Leser mit dem Protagonisten ist sicher schnell gegeben, da der Protagonist sich mit vielen Problemen herumschlägt, die für die Pubertät ziemlich normal sind. Die hier dargebotenen Lösungsmöglichkeiten für die Probleme Jugendlicher scheinen jedoch sehr fragwürdig. Problematisch bleiben auch die detaillierten Beschreibungen sexueller Details.
Bleibt also zu wünschen, dass beim Leser ein ähnlicher Aha-Effekt und eine Katharsis erfolgt, wie bei dem Protagonisten: dass er sich gegen Drogen ausspricht, dass er lernt, dass Sex etwas sehr Intimes ist und Liebe komplizierter als in Kitschromanen, dass Coolness keine messbare Größe und kein Lebensstandard ist, sondern dass jeder Mensch sich selbst annehmen muss, um glücklich zu werden und vielleicht gerade das schon sehr cool sein kann.

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Diese Rezension wurde verfasst von HeDa.
Veröffentlicht am 01.01.2010