Cold Case Academy. Ein mörderisches Spiel

Autor*in
Barnes, Jennifer Lynn
ISBN
978-3-570-31574-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
266
Verlag
cbj/cbt
Gattung
Taschenbuch
Ort
München
Jahr
2023
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,00 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Jugendliche, die über ganz besondere Fähigkeiten verfügen, werden vom FBI in ein geheimes Sonderprogramm aufgenommen – die „Cold Case Academy“. Dort sollen sie sich um alte ungelöste Fälle kümmern, vor allem aber zu einer Art strategischer Reserve der Ermittlungsbehörde herangebildet werden. Doch die Ausbildung verläuft für die fünf Teenager ganz anders als erwartet – sie geraten ins Zentrum eines aktuellen, eines „heißen“ Falles.

Beurteilungstext

Cassandra, von den meisten Mitmenschen, einfach Cassie genannt, ist siebzehn Jahre alt und jobbt als Kellnerin in einem Diner. Der Job ist öde, aber an einem Sommertag taucht ein etwa gleichaltriger Kunde auf, der nicht nur als Mann für Cassie interessant ist, sondern auch eine merkwürdige Visitenkarte hinterlässt – Namen und Telefonnummer eines FBI-Agenten, zusammen mit der Aufforderung, sich zu melden. Cassie gibt ihrer Neugier rasch nach. Das Angebot, das ihr Agent Briggs macht, klingt reichlich absurd, aber Cassie nimmt es ohne langes Zögern an. Sie soll in einer Akademie für besonders begabte Heranwachsende ihre Fähigkeiten dem FBI zugänglich machen. Ihr fern lebender Vater stimmt zu und Cassie ist kaum traurig, seiner italoamerikanischen Großfamilie zu entkommen, in der sie seit dem Verschwinden ihrer Mutter lebt. Ihre Fähigkeit: Sie kann Menschen auf der Grundlage weniger Beobachtungen, nach der Analyse ihrer Worte, Gesten und Gesichtsausdrücke sowie ihrer Kleidung und anderer Accessoires präzise einschätzen. Sie soll sich in der „Cold Case Academy“ zur professionellen Profilerin ausbilden lassen. Ihre Mit-„Schülerinnen“ bzw. „Schüler“ sind ähnlich exzentrisch wie sie – Lia, die sehr gut Lüge von Wahrheit unterscheiden kann; Michael, der Zeugenaussagen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts überprüft; Sloane, die in einer Welt der Statistik und der Wahrscheinlichkeitsberechnung lebt und schließlich Dean, der ebenso wie sie Talente als Profiler hat. Angeleitet werden sie von Briggs und Agent Locke, einer noch jungen Frau, die sich besonders dem Training von Cassie annimmt. Der Alltag verläuft einige Tage lang wenig spektakulär – die Jugendlichen üben sich in ihren „Spezialfächern“ und vertiefen sich tatsächlich in alte Fälle. Aufregender sind zunächst eher die Machtspiele und die emotional-intellektuellen Auffälligkeiten innerhalb des kleinen Teams. Vor allem die beiden jungen Männer haben es Cassie angetan – von Michael fühlt sie sich gleichermaßen angezogen und permanent provoziert; Dean fasziniert sie durch seine düstere Aura. Was alle der fünf wollen: An einem aktuellen Fall mitwirken. Dies verbieten die Statuten der Akademie ebenso wie (anfangs) die Ausbilder. Eine Mordserie in der unmittelbaren Nachbarschaft jedoch sorgt dafür, dass sie in die Polizeiarbeit einbezogen werden. Vor allem, weil schnell klar wird, dass die Gewalttaten offensichtlich mit Cassie und ihrer verschwundenen, vermutlich ermordeten, Mutter zu tun haben. Der Täter mordet augenscheinlich mit Bezug auf Cassies Mutter Lorelai und er nimmt schließlich auch durch Postsendungen direkt Kontakt zu dem Mädchen auf. Die Teenager erkennen mehr und mehr Muster in den Taten. Wirklich erschüttert aber sind sie, als klar wird, dass jemand aus dem Ermittlerteam wohl der Mörder sein muss. In einem dramatischen Finale stellt sich heraus, dass Agent Locke für die bestialischen Taten verantwortlich ist und es wird aufgelöst, warum sie es tut und warum sie so auf Cassie fixiert ist: Lorelai war ihre ältere Schwester, die sie mit dem gewalttätigen Vater allein ließ. Locke wollte sie finden, um sich zu rächen, aber ein anderer Mörder kam ihr zuvor – nun richtet sie ihr verkorkstes Leben an deren Tochter aus. In letzter Sekunde kann Michael die Agentin erschießen.
Das Buch der Amerikanerin Barnes, die trotz ihres jungen Alters bereits eine stattliche Liste an Veröffentlichungen aufzuweisen hat, ist in vielerlei Hinsicht befremdlich, teils sogar abstoßend. Das fängt bereits mit der Grundkonstellation an: Sicherlich kann man dem FBI manches zutrauen, aber es wirkt unwahrscheinlich, dass die Bundesbehörde Minderjährige fernab ihrer Familien in einem geheimen Ausbildungsprogramm unterbringt. Ebenso aufgesetzt wirken die „besonderen Kompetenzen“, über die die fünf jugendlichen Protagonisten verfügen, ohne dass sie dafür etwas investiert hätten; sie wirken ein wenig wie „Marvel-Superhelden“. Vor allem aber kommt es wohl kaum infrage, dass die Nachwuchsdetektive – wenn auch nach einigen Widerständen – ohne jede Legitimation in einem aktuellen Serienmordfall mitwirken. Falls der Titel des Buches ernst genommen worden wäre – dass also Cassie und ihre Mitstreiter sich in alte Fälle hineinversetzen und dort nach übersehenen Hinweisen suchen – wäre ggf. ein etwas besseres Buch herausgekommen. Die Story von Agent Locke, die aus verletztem Schutzbedürfnis heraus ihre Nichte manipuliert und schließlich sogar töten will, ist schlicht an den Haaren herbeigezogen und selbst, wenn Leserinnen und Leser sie hinnehmen würden, wäre doch die Perfektion, mit der die Polizistin ihre hochspezialisierten Kolleginnen und Kollegen täuscht, höchst unglaubwürdig. Das Finale des Buches ist einem schlechteren Action-Film nachempfunden. Was jedoch noch mehr als der fragwürdige Plot gegen Barnes` Buch spricht, ist die Art und Weise, mit der brutale Gewalttätigkeiten das gesamte Buch über dargestellt werden. Es fehlt an jeder Empathie und Sensibilität, es geht einzig und allein um Schockmomente. Das Entsetzen der Jugendlichen angesichts der sadistischen Mordpraktiken, mit denen sie konfrontiert werden, wirkt aufgesetzt. Das Buch kann nicht empfohlen werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPKJ; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 24.05.2023