Butter

Autor*in
Lange, Erin Jane
ISBN
978-3-499-21244-4
Übersetzer*in
Gutzschhahn, Uwe-Michael
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
330
Verlag
Rowohlt
Gattung
Ort
Reinbek
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
8,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Butter heißt so, weil er schon mal ein ganzes Stück Butter auf einmal gegessen hat, nicht ganz freiwillig. Das kennzeichnet den Schwergewichtigen mit knapp 200 Kg und seine Rolle in der Schule. Als er auf seiner Homepage ankündigt, sich öffentlich zu Tode zu essen, wird er auf einmal zum Shooting-Star, wird eingeladen, bekommt Freunde. Keiner glaubt ihm, aber er versucht es - und wird gerettet. Das und seine Fähigkeiten auf dem Saxofon ermöglichen ihm einen Neustart.

Beurteilungstext

Ein Übersetzer sollte auch die US-Maßeinheiten übersetzen. Butter wiegt 423 US-Pound, das sind knapp 200 kg. Das ist viel für einen 16-Jährigen, für einen europäischen Leser sind 423 Pfund aber eine abstrakte Größe, zumal hier kaum noch jemand überhaupt in Pfund rechnet. Wenn aber das Gewicht eines Helden das Thema eines Romans ist, sollte das auf Anhieb vorstellbar sein. Abgesehen von einigen weiteren lässlichen Amerikanismen (wieso Stange Butter, statt einfach zu schreiben: Stück Butter?) trifft Gutzschhahn die Sprache des jugendlichen Ich-Erzählers ansonsten sehr anschaulich und authentisch. Butter beschreibt kaum anklagend, warum er so dick ist, aber schon die ersten Seiten packen den Leser, jedeR Magersüchtige fühlt sich sofort in seiner/ihrer Haltung bestätigt - Butter frisst einfach, weil´s ihm schmeckt. Erst im Verlaufe der Erzählung erliest man sich, dass die Mutter die Ursache ist. Schon das Frühstück ist für einen Normalgewichtigen eine Zumutung - und die Mutter fragt immer noch besorgt, ob es nicht etwas mehr sein dürfte. Wenn Butter etwas abgenommen hat, sorgt sie sich, dass er zu sehr, zu schnell, zu viel abnimmt und packt noch etwas mehr Fett ins Essen. Ja ist die Frau noch zu retten? Nur auf Zucker soll er verzichten, als ob das alleine hülfe. Natürlich ist er zuckerkrank, natürlich braucht er zwei Sitze, wo andere mit einem auskommen, natürlich kann er nicht weit laufen und bekommt einen Behindertenparkplatz an der Schule für seinen BMW - wir sind in den USA und bewegen uns in der oberen Mittelschicht. Deswegen ist Butter auch sprachgewandt, er durchschaut seine Situation und seine Krankheit völlig, auch wenn er sie deswegen noch lange nicht in den Griff bekommt. Der Frustrationssituationen gibt es reichlich für den Außenseiter und er hat immer zwei Möglichkeiten, sie zu kompensieren: einmal durch Frustrationsessen, zum anderen durch sein Saxofonspiel. Sein Musiklehrer hält große Stücke auf ihn und unterstützt ihn unkonventionell.
Dennoch ist seine Außenseiterrolle in allen Bereichen manifest. So kommt er auf die Idee, alle Vorurteile gegen ihn zu bestätigen, indem er öffentlich ankündigt, sich buchstäblich im Internet zu Tode zu fressen.
Das dreht seine Position radikal. Auch wenn er bald erkennt, dass seine neuen Freunde nicht wirklich Freunde sind, sondern Wetten auf ihn abschließen - er ist auf einmal überall dabei.
Das Finale übersteht er, weil dann doch einige rechtzeitig die Polizei benachrichtigen. Er wacht im Krankenhaus auf, an seinem Bett steht die Schulkameradin, die er schon immer anbetete. Sie ist zwar sauer auf ihn, bietet ihm aber einen Neuanfang an.
Er erfährt zudem, dass er in der Aufregung übermäßig viel abgenommen hat und jetzt unter 400 Pfund, also etwa 180 kg wiegt. Als dann auch noch Anna, sein Traum, an seinem Krankenbett auftaucht und ihm die Hand gibt - nicht die Hand verspricht, sondern nur einfach ihn nicht verabscheut - sieht er mit Zuversicht in die Zukunft. Und erst jetzt erfährt sie und mit ihr der Leser seinen richtigen Namen.
Auch wenn diese Geschichte ein Märchen ist, sie schafft zweierlei durch die lebendige und unmittelbare Erzählung des dicken Jungen: Zum Einen kann ein Leser diese übergewichtigen Menschen nicht mehr einfach nur ablehnen und zum Anderen liest man, wie schwer es einem solchen Menschen gemacht wird, von seinem Gewicht herunter zu kommen. Nie ist es Zufall, dass jemand so unmäßig fett wird, immer gibt es auch Menschen in der unmittelbaren Umgebung, die ihn vor lauter Liebe (oder Gedankenlosigkeit oder sogar beides kombiniert) direkt hinein treiben in die Fettleibigkeit. Die daraus resultierenden Komplexe verstärken das eher, als dass sie Abhilfe versprechen. Und glücklich kann sich der preisen, der eine so besonders ausgeprägte Fähigkeit besitzt wie Butter, der perfekt Saxofon spielen kann. Für viele wird die größte Schwierigkeit darin liegen, eine derartige Stärke überhaupt an sich zu entdecken, erst recht, sie dann auch noch auszubauen. Dazu bedarf es doch einiger Energie, die er selbst leisten muss. Und gerade der Mangel daran ist oft mit schuld, dass er nicht von seinem Gewicht herunter kommt. Cjh14.3

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010