Busengewunder

Autor*in
Frühbeis, Lisa
ISBN
978-3-551-79356-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Frühbeis, Lisa
Seitenanzahl
128
Verlag
Carlsen
Gattung
ComicTaschenbuch
Ort
Hamburg
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Lisa Frühbeis feministische Comickolumnen bieten einen herrlich erfrischenden Blick auf die inzwischen sooft ernst und verkrampft verhandelten Themen um Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern in unserer Gesellschaft. Besonders gelungen ist hierbei, dass es ihr nicht nur um Klamauk geht, sondern ihre vielfältigen Perspektivwechsel doch sehr wichtige Erkenntnisse in Sachen Geschlechterrollen und -politik bieten.

Beurteilungstext

Lisa Frühbeis verhandelt zum einen konventionell feministische Themen wie z.B. Körperbilder und inszeniert in diesem Sinne höchst amüsant Zusammenhänge zwischen weiblicher Körperbeharrung und Rasur, Busen und BH, Menstruation und "Spermienabgang", "biologischer" Uhr und Fruchtbarkeit, Hinterteilen und Absatzschuhen usw.
Sie untersucht aber auch tiefgründigere Fragen wie beispielsweise Sprach- und Symbolpolitik bezüglich der weiblichen und männlichen Geschlechtsteile oder Sexismus im Alltag, in der Vergangenheit und im Recht. Eines wird dabei sehr klar: auch die Frauen tragen zur männlichen Hegemonie nicht unwesentlich bei, nicht nur weil sie sich den Regeln anpassen (und sich beispielsweise in ihrer Körperlichkeit inszenieren und über diese oft definieren), sondern weil sie sich aus lange erlernten Prägungen und Stereotypien selbst nicht lösen (können) oder sich in "Schlammschlachten" begeben, in der die eigentliche Ziele der Gleichberechtigung für alle marginalisierten Gruppen aus dem Blick geraten (herrlich plastisch hier ihre Kolumne zum Thema "Quote im Tomatenbeet").
Besonders angenehm ist hierbei, dass Frühbeis Perspektive nie rein weiblich ist, sondern sie einfühlsam auch die Konsequenzen für Männer diskutiert: selbstreflexiv beschreibt sie, wie nah ihre eigene Beschreibung ihres Zeichenutensils an der Darstellung eines allzeit bereiten Penis ist und wie sie Jugendlichen als Führerin in einem Museum Versautheit unterstellte, die dann gar keine war usw.
Der Komplexität des Themas in der Gegenwart wird sie damit sicher gerecht, auch wenn sie hochaktuelle Bezüge zu me too usw. ausspart und nie eine klare Auflösung all dieser Problemlagen bietet. Doch vielleicht nehmen ihre Komik und der Humor gerade dadurch eine erkenntnisförderliche Funktion ein, weil sie keine klare Haltung zu den beschriebenen Phänomen offerieren, sondern die Dissonanzen in der Welt der Geschlechter als Prinzip des historischen wie zukünftigen Daseins ausstellen: es gibt immer diese unversöhnliche Differenz zwischen Realität und Ideal in der Frage nach Gleichberechtigung uns zwar auf beiden Seiten.
Farblich fängt Frübeis dies hervorragend ein, indem sie zwischen den Farbklischees Pink und Blau wechselt oder mit Komplementärfarben und knalligen Effekten arbeitet. Ihre Bildsprache ist hierbei nie so abstrakt, dass sie dem Realismus entbehrte, sie ist jedoch auch nicht so fotografisch oder detailliert, dass es zu spezifisch und damit wenig "übertragbar" wäre. Das gewährleistet eine Identifikation mit den Figuren, die sicher auch für die starke Wirkung der Geschichten auf die Rezipierenden beiderleit Geschlechts sorgen.
Ein Seh- und Lesespass mit Erkenntniswert für alle, die sich für Geschlechtergerechtigkeit interessieren!

Carolin Führer

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Diese Rezension wurde verfasst von FC; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 01.04.2021