Bruder Wolf

Autor*in
Almeida, de
ISBN
978-3-7373-5360-1
Übersetzer*in
Stein, Claudia
Ori. Sprache
portugiesisch
Illustrator*in
Goncalves, Antonio Jorge
Seitenanzahl
173
Verlag
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2016
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 15jährige Bolota berichtet über das allmähliche Zerbrechen ihrer Familie. Der Zerfall setzt ein mit der Arbeitslosigkeit des Vaters und den folgenden Einschränkungen in der Lebenshaltung. Bolota beginnt mit ihren Erinnerungen vor sieben Jahren, als sie gespürt hat, dass etwas nicht stimmt. Lange Zeit glaubt sie an die „Luftschlösser“, die ihr Vater für die Familie baut. Mit ihm bricht sie schließlich zu einer „Expedition“ auf, die das tragische Ende aller Träume für beide bringt.

Beurteilungstext

Dies ist ein außerordentlich berührender und kunstvoll aufgebauter Roman. Als mit der Arbeitslosigkeit des Vaters der Abstieg in die Armut begann, war Bolota acht Jahre alt. Zwei Erzählstränge wechseln zwischen den Erinnerungen der achtjährigen Bolota und denen des 15jährigen Teenagers. Optisch sind die früheren Geschehnisse auf blauem Grund gedruckt, während die aktuellen Erlebnisse auf weißen Seiten zu lesen sind. Das Mädchen Bolota erzählt ihre altersgemäßen Beobachtungen. Interpretieren müssen sie die Lesenden selbst: Warum muss die Familie immer öfter umziehen in immer kleinere Wohnungen und immer ganz schnell und mitten in der Nacht? Warum schließt sich „Das Fossil“, der wesentlich ältere Bruder, mit seinem Freund jeden Mittag in sein Zimmer ein, wo die beiden ständig kichern? Und warum kleidet sich „Miss Kitty“, die ältere Schwester, plötzlich nur noch schwarz…? Als schließlich auch noch der Husky Malik, „Bruder Wolf“ und bester Spielkamerad Bolotas, eines Tages verschwindet, findet Bolota nur noch Trost bei ihrem Stofftier, dem „fliegenden Hasen“. Der „Schwarzer Elch“ genannte Vater, der heitere und liebenswerte Träumer, wird immer öfter zum „Mann aus Eis“: unbeherrscht und ungerecht. Nach dem Zerbrechen der Familie geht Bolota mit ihrem Vater im klapprigen Familienauto auf „Expedition“. Diese Reise ist auf den weißen Buchseiten nachzulesen. Hoch im Norden will „Schwarzer Elch“ sein Traumhaus, ein Erbe seiner Vorfahren, aufsuchen und mit seiner Tochter leben wie es seine Ahnen taten. Bolota träumt dagegen von Swimming-Pool und Rosengarten am Haus. Hat ihr Vater sie angelogen? Es zeigt sich, dass Waldbrände und Erdbeben das Anwesen restlos zerstört hatten. Die beiden „Traumreisenden“ müssen umkehren und werden bei einem Stausee von neuen Waldbränden eingeschlossen. Hier rettet „Schwarzer Elch“ zwei Touristen das Leben, er selbst aber bleibt für immer verschwunden. Bolota wird ebenfalls gerettet. Im Krankenhaus kommen sich Mutter Blanche und die Tochter wieder nahe. Die Erzählung ist sehr stimmig, lässt aber den Lesenden Raum für die Phantasie. Die kindliche Erzählweise weckt viel Empathie für den „Stamm des Schwarzen Elchs“ und lässt schmerzlich nachvollziehen, wie Armut eine einst so glückliche Familie zerstören kann. Großartige, ganzseitige Illustrationen in Schwarz-Weiß-Blau beschränken sich aufs Nötigste. Wichtige Details darin unterstreichen die Erinnerungen des jungen Mädchens. Ein Buch zum Träumen.

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Diese Rezension wurde verfasst von gem; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 03.08.2016