Bösemann

Autor*in
Dahle, Gro
ISBN
978-3-314-10481-7
Übersetzer*in
Hildebrandt, Christel
Ori. Sprache
Norwegisch
Illustrator*in
Nyhus, Svein
Seitenanzahl
48
Verlag
Nord-Süd
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Gossau
Jahr
2019
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
18,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Ein Bilderbuch, das häusliche Gewalt aus der Kindperspektive beschreibt und den Täter selbst als Opfer dastehen lässt.

Beurteilungstext

Gro Dahle nimmt die Leserschaft mit in das Leben von dem kleinen Boj und seiner Familie. Seine Mutter wird als liebevoll dargestellt und backt gerne Apfelkuchen. Dann gibt es noch den Vater und Bösemann, beide vereint in einer Person. Auch Bojs Vater kann „apfelkuchenlieb“ sein, doch manchmal verwandelt er sich plötzlich in Bösemann und Boj und seine Mutter erleben größte Angst und Terror. Wenn der Tobsuchtsanfall vorbei ist, ist dann wieder Vater da. Ganz schwach und erschöpft wird dieser wieder liebevoll von der Mutter umsorgt. Die Mutter kann Boj und sich selbst nicht schützen. Auch sie ist dem Vater ausgeliefert und wüsste außerdem nicht, wie sie und Boj ohne den Vater zurechtkommen würden, wer dann zum Beispiel das Wechseln von Glühbirnen übernehmen würde. Durch eine besondere Begegnung mit einem Pudel, findet Boj die Kraft sich in einem Brief einem König anzuvertrauen. Der König kommt, der Vater entschuldigt sich und zieht zum König. Hier kann Boj den Vater so oft besuchen wie er will.
In dichter, intensiver Sprache beschreibt Gro Dahle Szenen häuslicher Gewalt und die Hilflosigkeit mit der Mutter und Kind dem Gewalttäter entgegenstehen. Die Angst von Boj wird eindrucksvoll aufgezeigt; selbst in Situationen, in denen der Vater er selbst ist, ist Boj ständig auf der Hut. Nichts falsch machen, nichts sagen, nichts verschütten, denn das könnte Bösemann rufen. Die gewaltsamen Illustrationen von Svein Nyhus verbildlichen die extreme Bedrohung durch Bösemann und sind schwer auszuhalten. So sieht man beispielsweise einen riesigen, im Feuer stehenden Bösemann, der die kleine zierliche Mutter in der Faust zerquetscht, während Boj sich in der Ecke zusammenkauert.
Die Stärke und der Fokus des Buches ist die sensible Darstellung der Gefühle des Vaters. Es wird klar, dass es nicht die Schuld der Familie ist und dass der Gewalttäter auch aus eigener persönlicher Schwäche handelt. Der Mut des Jungen in Form des schriftlichen Hilferufes scheint hingegen eher nebensächlich zu sein, ebenso rückt die Rolle der Mutter in ihrer fast überspitzt dargestellten Schwäche in den Hintergrund. Die Lösung des Konflikts zum Ende des Buches kommt überraschend und ist emotional schwer nachzuvollziehen, denn der Gewalttäter wird binnen nur weniger Seiten wieder zum zuverlässigen Spielkameraden.
Ohne Frage ist "Bösemann" ein Buch, das berührt und sich einem wichtigen Themenfeld widmet. Im selben Zuge wirft es jedoch die Frage auf, wie ein Kind auf solch eine intensive Darstellung von Gewalt reagiert, das selbst Opfer von häuslicher Gewalt geworden ist. Oder drastischer: Kann diese Lektüre betroffenen Kindern schaden? Da jedes Kind, jedes Elternteil und jeder und jede Schutzbeauftragte einen eigenen Umgang mit traumatischen Erlebnissen hat, muss individuell entschieden werden, ob dieses Buch für die Aufarbeitung häuslicher Gewalt geeignet ist. Bei behutsamer Betreuung und Begleitung von Vertrauenspersonen kann es vielleicht zum Hilfesuchen ermutigen und seinen Teil zu einer gesunden Seele beitragen. In diesem Fall wäre es auch für Kinder geeignet, deren Alter über das vom Verlag empfohlene Alter von 4-6 Jahren hinausgeht.
Schlussfazit bleibt: Das Buch bringt durch die gespaltene Personendarstellung des Vatertäters eine wichtige Perspektive in das Themenfeld häuslicher Gewalt, die für Angehörige von Opfern oder Tätern hilfreich sein kann. Ob dies allerdings auch für betroffene Kinder der Fall ist, bleibt fraglich. Ein schwieriges Buch zu einem schwierigen Thema.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von KvS; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 26.07.2019

Weitere Rezensionen zu Büchern von Dahle, Gro

Dahle, Gro; Nyhus, Svein

Bösemann

Weiterlesen
Dahle, Gro; Nyhus, Svein

Bösemann

Weiterlesen
Dahle, Gro

Bösemann

Weiterlesen
Dahle, Gro

Bösemann

Weiterlesen