ArchiFlop. Gescheiterte Visionen.

Autor*in
Biamonti, Alessandro
ISBN
978-3-421-04053-4
Übersetzer*in
Stopfel, Ulrike
Ori. Sprache
Italienisch
Illustrator*in
Beniero, Alice
Seitenanzahl
192
Verlag
Gattung
SachliteraturTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2017
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Fachliteratur
Preis
29,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die “spektakulärsten Ruinen der modernen Architektur” : Misswirtschaft, Gier, falsche Prognosen und ebensolche Erwartungen führten auch in der jüngeren Vergangenheit zu architektonischen Projekten, deren Aufgabe trotz enormer Geldsummen voraussehbar war, Flops eben. Archiflops.

Beurteilungstext

Der Begriff "Denkmalschutz" zeigt, dass es viele Gebäude oder Skulpturen gibt, die es zu erhalten gilt. Das Buch prägt eine Art Gegenbegriff, denn die hier dargestellten Ergebnisse von Architektur und Baukunst haben zumeist sogar den Beginn verpasst, einige sind noch nicht einmal fertig geworden. Alessandro Biamonti teilt die Gründe dafür in vier Kapitel ein, die alle etwas mit Gewinn-Maximierung und/oder Gier zu tun haben. Alle könnten auch dem Aufgabenfeld eines Lobbyisten entnommen sein: Lass uns an die Arbeit machen, denn es werden viele Tausend Menschen in unser Wohn-Projekt kommen! Die zweite Behauptung schlägt in dieselbe Kerbe, denn es werden riesige Gewinne für uns entstehen! Falls dann der Erfolg doch ausbleiben sollte, wird Vieles getan, damit niemand den Fehler bemerkt. Und viertens wird ein Bogen geschlagen zum ersten Kapitel, denn viele Menschen werden kommen, um sich in unseren Parks amüsieren.
Nichts von den Versprechungen ist in und mit den Objekten, die hier aufgezeigt werden, eingetreten. Gigantomanismus strahlt hier nicht, er zeigt seine Morbidität, seinen Rost, eingeschlagene Fensterscheiben, Grasbewuchs im Haus, Alienwohnhäuser ohne Leben, Achterbahnen ohne Fahrzeuge. Was also tun mit den Ruinen? Hier gibt es Anregungen vor allem aus der Welt der Kunst und des Aktionismus - das vorletzte Kapitel des Buches behandelt die Chancen, die die Ruinen eventuell eröffnen.

Die wissenschaftlichen Felder, die in diesem Buch berührt werden, reichen von der Architektur, der Soziologie, der Politologie und der Geografie bis zur Kunst, von der Mathematik bis zur Physik und der Wirtschaftswissenschaften. Die Wertschätzungen der Ruinen stehen denen der antiken Ruinen kaum nach, dem "Streben nach Permanenz" steht die "Fragilität der Moderne" gegenüber, Idealismus dem Shabby-look oder der Idee des Imperfektionismus. Der Autor spricht in seinem Vorwort davon, dass moderne Ruinen oft zugleich surreal, poetisch, aber auch erschreckend seien.

Den vielen (mindestens ganzseitigen) Fotos ist ein erklärender Text zugeordnet, der mit einem (sic: schiefes!) Trapez gerahmt ist. Die Fotos haben einen begleitenden Text, jedes Objekt wird mit Wissenswertem begleitet, Piktogramme plus Text verweisen auf Ort und Zeit und auf Stichwörter für das Smartphone.

Das Buch muss Bestandteil jeder Schulbücherei für die Sekundarstufe II sein und nicht nur unter dem Stichpunkt "Architektur" im Rahmen des Kunstunterrichts einsortiert, denn es kann ebenfalls als Grundlage für Referate aus den oben genannten Wissenschaftsbereichen dienen.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2018