Als gäbe es einen Himmel

Autor*in
Beerten, Els
ISBN
978-3-8414-2135-7
Übersetzer*in
Pressler, Mirjam
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
614
Verlag
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt/Main
Jahr
2011
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Am Ende des 2. Weltkrieges erzählen vier Jugendliche vom Kriegsende in ihrem Dorf in Belgien, von der deutschen Besetzung, von Kollaborateuren, von richtigen und falschen Idealen, von Liebe und von Freundschaft, den Gewissensnöten, von Mut und Feigheit, von Mord und Widerstand, von der Bedeutung des Familienzusammenhaltes. Sie erzählen, wie schwierig es ist, im entscheidenden Augenblick das Richtige zu tun, und fragen sich später, ob das denn das Richtige war.

Beurteilungstext

In über 100 Kapitelchen von meist nur drei Seiten zersplittert erfährt der Leser von den vier Protagonisten die Wahrheit über den Mord an einem Widerstandskämpfer im Jahre 1944. Nichts ist einfach an diesem Roman: der Umfang nicht; die Übersicht darüber, wer nun gerade erzählt, nicht; die Frage nach Schuld nicht; die Antwort der Handelnden nicht; das gefällte Justizurteil nicht. Über alles könnte man auch anderer Meinung sein. Und das ist vielleicht auch die Absicht der Autorin. Dem Leser stellt sich die Frage nach der Wahrheit und er bekommt nur geliefert: Ganz so einfach ist das nicht.
Wir lesen von einer einfachen Familie mit zwei Söhnen und einer Tochter, die allesamt begeisterte Trompeter in der Dorfkapelle sind. Immerhin schaffen es zwei von ihnen später an einem Konservatorium zu studieren. Ihr gemeinsamer Freund Ward ist ein begnadeter Saxofonist. Die Tochter ist in ihn verliebt, der ältere Bruder ebenfalls, wenn auch platonisch. Der jüngere Bruder ist anfangs erst 7 - 1942 - und bleibt immer der “Kleine”, auch wenn er sich fast erfolgreich gegen diese Titulierung wehrt. Unhinterfragt ist der katholische Geistliche die Autorität im Ort. Ausgerechnet er will unter den Jungen für die Naziwehrmacht werben, er sieht weniger die Feindschaft zur Besatzung als die viel größere Gefahr in den “russischen Horden”, die nach dem Fall Stalingrads Europa “zu überschwemmen drohen”. Diese atheistischen Soldaten stellten DIE reale Bedrohung des christlichen Flamens dar. Die Nazis schaffen es erfolgreich, den Nationalismus der Flamen gegen die Walonen zu erwecken, jedenfalls bei den beiden Jungs. Ward mustert an, Jef wird von seiner Familie massiv daran gehindert. Diese Familie lebt nach dem Prinzip, sich aus allem heraus zu halten, sie sind eindeutig gegen die Besatzungssoldaten, nehmen aber deswegen nicht am Widerstand teil wie andere aus dem Dorf. Jef scheitert vor allem an sich selbst, er hat nicht den Mut, sich gegen seine Familie durchzusetzen. Und diese Haltung führt letzten Endes zu der großen Katastrofe: er erschießt Jahre später aus Versehen den besten Freund seines Vaters, den Ward eigentlich im Auftrag der belgischen Nazis erschießen sollte - aber als er erkannte, um wen es sich dabei handelt, zögerte er. Ward flieht aus dem Urlaub Zuhause wieder an die Front und erst durch einen degradierten SS-Soldaten erfährt er, auf was er sich da eigentlich eingelassen hat. Inzwischen wird Jef als Held geehrt, weil keiner von seiner Tat erfährt. Das ist ihm unangenehm, er unternimmt aber auch nichts dagegen. Und fortan lebt er mit dieser Lebenslüge - bis Ward aus dem Krieg zurück kehrt und sich den Behörden stellt. Es kommt zum Prozess, die Familie erfährt, was Jef getan hatte, sie steht aber zu ihm und fordert ihn auf, sich dazu zu bekennen. Es kommt ganz anders. Der Schluss ist für alle überraschend.

Die fünf Familienmitglieder und alle ihre Freunde sind ausgesprochen starke Charaktere; sie stehen alle Schwierigkeiten erfolgreich durch, stützen sich gegenseitig und die Musik hält sie alle zusammen, stützt jeden Einzelnen, diese aber auch besonders Ward, der ohne seine Musik und sein Saxofon das Kriegsende nicht überstanden hätte.
Die unausgesprochene Homosexualität Jefs wird in anrührenden Szenen mit seinem Freund Nicola, einem italienischen Gastarbeiter, zu einem Kabinettstück von gleichzeitig unterdrückter und offen zur Schau getragener Zuneigung. Seine Schwester Renée verwindet den Verrat, wie sie es empfindet, Wards nicht und kann auch mit dem sensiblen Émile nicht glücklich werden. Alleine der kleine Remi kann dem Idol seines Vaters in der Liebe zur Mutter mit seiner Jugendfreundin erfolgreich nacheifern.
Und ich habe gelernt, dass es selbst in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten angesichts des herrschenden Unrechts kein eindeutiges Gut und Böse mehr geben konnte. cjh11.11

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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