Als alle früher nach Hause kamen

Autor*in
, Isabel
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Pin, Isabel
Seitenanzahl
24
Verlag
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Wuppertal
Jahr
2006
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Bild, das Tom im Kindergarten gemalt hat, erregt einiges Aufsehen. Erst fällt die Erzieherin aus allen Wolken, dann wird die Familie gerufen und alle kommen, um sich Toms Bild zu betrachten und den Kopf zu schütteln. Was kann er nur gemalt haben?

Beurteilungstext

Eine Bildinterpretation ist eine schwierige Sache. Ob die Bilder von Kindern oder Künstlern gemalt wurden, immer "liest" man das Bild als Betrachter auf seine eigene Weise und macht sich Gedanken über die Intention des Künstlers. Dabei können sich die Interpretationsvarianten auch sehr von der Absicht des Künstlers unterscheiden…
Genau mit diesem Thema beschäftigt sich das Bilderbuch "Als alle früher nach Hause kamen" von Isabel Pin. Der kleine Tom darf heute im Kindergarten malen, was er will. Doch als die Erzieherin das Bild sieht, wird sofort die Kindergartenleiterin gerufen. Diese entscheidet dann, dass Tom heute früher nach Hause gehen und von seiner Mutter abgeholt werden soll. Auch die Mutter ist ratlos über Toms Bild und ruft den Vater. Später kommen auch noch die Oma und der Doktor dazu, doch keiner kann sich Toms Bild erklären. Erst als Lilly, das Nachbarsmädchen das Bild betrachtet und das tolle schwarze Quadrat lobt, das Tom gemalt hat, geht der Familie ein Licht auf. Ihr Sohn hat ein schwarzes Quadrat gemalt, sonst nichts.

Pin beschreibt auf einfache Weise, wie Eltern und Erzieher das Bild eines Kindes falsch verstehen können. Sie sorgen sich um Tom mit seinem schwarzen Quadrat. "Malen ist ein Ausdruck der Seele", dieser Satz scheint den Erziehern und Eltern im Kopf herumzuschwirren, als sie Toms Bild betrachten. "Warum malt er ein schwarzes Quadrat?" "Was hat er für seelische Probleme?" Diese Fragen schweben zwischen allen Beteiligten im Raum, werden aber nicht ausgesprochen. Statt dessen werden immer wieder neue Personen um Rat gebeten, aber keiner kann helfen.
Das Buch verdeutlicht das aktuell immer häufiger auftretende Problem der fehlenden Kommunikation zwischen Eltern und ihren Kindern. Warum fragen die Eltern nicht einfach ihren Sohn, was er dort gemalt hat? Sie scheinen seinen Standpunkt diesbezüglich nicht ernst zu nehmen. Stattdessen versuchen sie Hilfe von außen zu holen. Erst das Nachbarsmädchen ist in der Lage, den Konflikt aufzulösen, indem sie in Toms Bild das erkennt, was es ist, ein schwarzes Quadrat. Schließlich stimmen auch alles Anwesenden Lilly zu und am Ende steht das Bild sogar eingerahmt auf der Kommode.
Das Bilderbuch baut durch seine Erzählweise und die Bilder aus den unterschiedlichsten Perspektiven eine starke Spannung auf. Es ist bis zum Schluss nicht klar, was Tom gemalt hat. Das Buch lässt somit Raum für die eigenen Vorstellungen der Leser. Ohne es konkret zu thematisieren, allein durch das Verhalten, die Mimik und Gestik der Figuren wird über das Bild eine kummervolle, schockierte Stimmung der Eltern erzeugt. Erst am Ende wird die Spannung aufgelöst. Die Erwachsenen scheinen im Buch nicht in der Lage, sich auf die kindliche Ebene zu begeben und das Bild dem gemäß zu interpretieren, sondern tun dies lediglich aus ihrer Erwachsenenperspektive, die sofort tiefenpsychologisch denkt. Dabei halten sie ihre Sorgen von Tom fern. So bekommt er die bekümmerten Blicke nicht mit, sondern freut sich über die vielen Leute, die, wie an seinem Geburtstag, erschienen sind.
"Als alle früher nach Hause kamen" ist ein gelungenes Bilderbuch, dass dem Leser die Augen für die Bilder der Kinder, und wie sie wirklich zu lesen sind, öffnet.

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Diese Rezension wurde verfasst von ar.
Veröffentlicht am 01.01.2010