Alles, was ich sage, ist wahr

Autor*in
Bjärbo, Lisa
ISBN
978-3-407-81156-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
253
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Alicia ist 16 Jahre alt, selbstbewusst, mit konkretem Lebensplan: ""Ich habe es noch niemandem gesagt, aber die ganze Zeit gewusst: Ich werde Großes vollbringen"" (S. 5). Auf normalem Wege gelingt ihr das allerdings nicht. Also schmeißt sie die Schule und beginnt in dem angesagten “Kaffee und Träume” zu jobben, wo sie sich in den gottesgleichen Isak verliebt. Weil ihre Eltern nun mit Belehrungsversuchen nerven, zieht sie zu ihrer Oma. Als diese unerwartet stirbt, gerät ihr Leben aus den Fugen.

Beurteilungstext

Lisa Bjarbö lässt die Protagonistin Alicia Lund ihre Geschichte auf knapp 250 Seiten aus der Ich-Perspektive erzählen. Dabei teilt sie ihren Roman in zwei Teile: Die Zäsur bildet der Tot der heißgeliebten Oma. Zur ihr hatte Alicia ein besonderes Verhältnis, sie bot den Zufluchtsort, nachdem Alicia aus ihrem normalen Leben ausgestiegen war. Da Schule in Alicias Augen nämlich pure Zeitverschwendung ist, entscheidet sie sich, das Gymnasium zu schmeißen. Dadurch verliert sie nicht nur die vertraute Nähe zu ihrer besten Freundin Fanny, sondern schlägt auch gutgemeinte Hilfsangebote aus ihrem wohlbehüteten Elternhaus ab. Jetzt will Alicia zeigen, dass sie ihren eigenen Weg gehen kann. Deshalb besorgt sich einen Job in einem Café und wohnt vorübergehend bei ihrer Oma, um dem gespannten Verhältnis zu ihren Eltern zu entkommen. Zunächst scheint sie damit auf Erfolgskurs so liegen, sodass die Leser schnell Sympathie für die jugendliche Rebellion entwickeln können: Als Serviererin erhält sie viel Bestätigung, weil sie einen guten Job macht. Außerdem verliebt sie sich in den griechischen Gott Isak, der regelmäßig als Gast das Café besucht. Und den Schulaustritt bereut sie nicht, als sie beobachtet, wie sich ihre ehemaligen Schulkameraden mit Prüfungsvorbereitungen herumärgern.
Alle diese Erlebnisse verarbeitet sie im Gespräch mit ihrer über achtzigjährigen Oma, bei der sie vorübergehend wohnt. Unglücklicherweise stolpert die Großmutter wenig später unter der Dusche und zieht sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Alicia findet sie auf dem Badezimmerfußboden und muss plötzlich funktionieren. Völlig überfordert merkt sie, dass sie diesen Aufgaben noch nicht gewachsen ist: ""Das ist Erwachsenen-Stuff. Ich bin noch nicht so weit, okay?"" (S. 121). Als die Oma kurze Zeit später stirbt, erlebt die Heranwachsende den ersten großen Verlust ihres Lebens, der extreme Auswirkungen sowohl auf den Familienzusammenhalt als auch auf ihre persönliche Entwicklung hat. Um dies zu verdeutlichen, arbeitet die Autorin im zweiten Teil des Romans mit sogenannten Zwiegesprächen, die Alicia unabhängig von der Haupthandlung mit ihrer Großmutter führt. Dabei agiert die erfahrende Oma als Korrektiv, als Wegweiser und Anker. Inhaltlich hingegen sucht Alicia wieder das Extrem und verführt ihren Schwarm Isak in die Besenkammer, wo sie an ein Spühlbecken gelehnt ihre Unschuld verliert. Später ist es die Beziehung zu diesem jungen Mann, die Alicia den Schmerz über den Tot ihrer Großmutter ertragen lässt. Die sich anbahnende Freundschaft gibt Alicia Halt, um ihre Krise zu bewältigen.

Lisa Bjärbo verbindet in ihrem deutschen Debüt auf einfühlsame und humorvolle Weise vielfältige Themen des Erwachsenwerdens, auch wenn die Entwicklungsschritte der Protagonistin in allen Bereichen stets außerwöhnliche Extremsituationen beschreiben. Unaufdringlich und authentisch beschreibt sie mit durchdachter Tiefsinnigkeit den Frust von Pubertierenden gegenüber dem Schulalltag oder dem unverständigen Verhalten der Eltern. Alicias Eltern handeln vorbildlich, lassen ihre Tochter ihre eigenen Lebensentwürfe versuchen und unterstützen sie abschließend in ihrer eigenen Findungsphase. Diese positive Grundtendenz lässt die erfahrenen Leser über sprachliche Holprigkeiten großzügig hinwegsehen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Sim1.
Veröffentlicht am 01.01.2010