Afrika, wie ist es da? Geschichten zum Vor- und Selberlesen

Autor*in
Krämer, Peter (Hg.)
ISBN
978-3-551-18344-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
verschiedene, Viele
Seitenanzahl
144
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2014
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine bunte Sammlung von Geschichten aus Afrika, über Afrika, von AfrikanerInnen, von Deutschen, zum Vorlesen zu Hause, in der Kita oder Schule, aber auch zum Selberlesen. Begleitet werden die Texte von eine bildlichen Vielfalt, die von vielen verschiedenen namhaften IllustratorInnen stammt.

Beurteilungstext

"Jede Aussage über „Afrika“, immerhin ein Kontinent mit über 50 Ländern, trägt bereits ihr aber in sich: In Afrika gibt es Diktaturen, aber auch Demokratien, in Afrika gibt es Armut, aber auch Reichtum. In Afrika gibt es Dörfer, aber auch Millionenstädte. In Afrika gibt es Kriege, aber auch Frieden." (Aus: Flugschrift der 3. Welt Saar (2014): Afrika ist schwarz. Wirklich, https://www.a3wsaar.de/fileadmin/user_upload/flugschrift/a3swaar-flugschrift-afrika-ist-schwarz-2014.pdf, Aufrufedatum: 24.1.2016). Wer sich mit dem Afrikabild in deutschsprachiger Kinder- und Jugendliteratur beschäftigt, findet darin jedoch immer wieder Stereotypen eines Afrikabildes, die dieser Vielfalt nicht Rechnung tragen.

Die hier zu besprechende Anthologie scheint zunächst alles zu bieten, was es ermöglicht, ein vielfältiges Bild dieses großen Kontinents zu zeigen. Der Titel selbst "Afrika, wie ist es da?" setzt diesen Anspruch an das Buch. Die Zusammenarbeit des Carlsen Verlags mit UNICEF, der Stiftung Lesen und der Peter Krämer Stiftung geben dem Buch einen hochkarätigen Charakter, der es erlaubt, hohe Ansprüche zu stellen. Neunzehn verschiedene Autorinnen und Autoren von Ursula Wölfel über Hermann Schulz, bis zu Satomi Ichikawa und Gcina Mhlophe und zahlreiche Illustratorinnen und Illustratoren, darunter Birte Müller und Sabine Wilharm, aber auch Billy Djité, sollten eigentlich dafür sorgen, dass ein breites Spektrum an Formen und Inhalten die Vielfalt des Kontinents einfangen kann.

Und der Band versammelt durchaus eine Vielfalt: 27 Texte, Geschichten, Märchen, Fabeln und Gedichte. Tiergeschichten und realistische Geschichten. Lustiges und Ernstes. Texte, die in Afrika spielen und welche, die in Deutschland spielen. Gute Texte und weniger gute Texte. Bekanntere Texte (z. B. Ursula Wölfels Geschichte "Sintaju") und unbekanntere Texte (z. B. Petra Kloses "Leo, Louise und ein Brot für alle"). Und alle Texte sind illustriert, in ganz unterschiedlichen Stilen und Formaten. Viele Illustrationen begleiten den Text, wie die Bilder in der Geschichte "Die verliebten Baobas" von Maïwenn Vuittenez, andere setzen eigene Akzente wie die Illustrationen zu den Gedichten von James Krüss von Sabine Wilharm. Auffällig ist die große Anzahl an Tiergeschichten und Tiermärchen oder auch Erzählungen über Bäume. So stehen Naturphänomene im Mittelpunt des Buches.
Sinnvoll sind die Texte in drei Abteilungen unterteilt: Geschichten zum Vorlesen ab 3 Jahren, Geschichten zum Vorlesen ab 5 Jahren und Geschichten - eher zum Selberlesen - ab 7 Jahren. Gerahmt werden diese Texte durch weitgehend hilfreiche Hinweise zum Vorlesen, zusammengestellt von der Stiftung Lesen und einigen bebilderten Informationstexten über Afrika, etwa einem Text zum Recht auf Bildung oder einem Schrift-Bild-Portrait von Manjo aus Madagaskar. Auch das beigelegte Hörbuch mit Neun der Geschichten aus dem Buch ist für einen Einsatz des Buches in pädagogischen Zusammenhängen - Kita und Schule - hilfreich.

Aber schafft dieses hochkarätige Buch tatsächlich, ein Bild von Afrika zu schaffen? Weiß man, "wie es da ist", wenn man alle Geschichte gelesen hat? Wird das Buch der Vielfalt Afrikas gerecht? Da muss leider gesagt werden: Nein. In den Geschichten, die in Afrika spielen, sind die Handlungen, soweit es in den Texten nachvollzogen werden kann, in Zentralafrika angesiedelt. Weder die nordafrikanischen, arabisch geprägten Länder wie Ägypten, Tunesien oder Marokko sind vertreten, noch Südafrika. Fast alle Geschichten in Afrika spielen in Dörfern, auf dem Land, handeln von mehr oder weniger armen Bauern. Die Stadt, gar die Millionenstadt ist anscheinend kein Handlungsort. Und: Afrika ist frei von moderner Technik: Kein Handy, kein Fernseher oder Computer sind in diesem Buch zu finden. Schade. Und auch kritische Themen, beispielsweise die Themen "Kindersoldaten" und "Bürgerkrieg" werden ausgelassen. Es ist nicht den einzelnen Texten anzulasten, dass diese Vielfalt nicht abgebildet ist. Vielmehr ist die Zusammenstellung zu einseitig - und dabei hätte gerade hier eine große Chance gelegen.

So bleibt ein Buch, mit dem man in pädagogischen Zusammenhängen arbeiten kann, das auch für Eltern nutzbar ist, das aber dringend eine Ergänzung benötigt, um die Vielfalt des großen Kontinents einzufangen.

Christoph Jantzen, AJuM Hamburg

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Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 14.02.2016