Zartbittertod

Autor*in
Herrmann, Elisabeth
ISBN
978-3-570-16513-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
476
Verlag
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2018
Lesealter
16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Ein Jugend-Thriller zur deutschen Kolonialvergangenheit, exotischer und zugleich zeitgemäßer geht es kaum. Zartbittertod ist ein Roman, der dieses vernachlässigte historische Thema ins Bewusstsein zurück holt und zugleich den Bogen zur Gegenwart schlägt.

Beurteilungstext

Doch zunächst einmal: was ist ein Jugend-Thriller? Und dann: koloniale Vergangenheit? Dafür ist Deutschland doch nicht gerade berühmt, die knapp 40 Jahre. Weit gefehlt! Mit "Zartbittertod" wagt sich die arrivierte Krimi-Autorin Elisabeth Hermann gleich in doppelter Hinsicht auf Abwege: die deutsche Kolonialvergangenheit in Namibia und die Gratwanderung zwischen Thriller und Jugendroman. Aus der Perspektive der 19-jährigen Protagonistin Mia, die für eine Aufnahmeprüfung zum Journalistikstudium die Geschichte eines Familienfotos recherchieren will, erhalten wir nach und nach Einblick in ihre Familiengeschichte. Vom Mysterium um ein gigantisches Schokoladen-Nashorn landen wir ganz schnell bei der High Society der Chocolaterie und genealogische Überraschungen, bei gruseligen Kostümen afrikanischer Medizinmänner, bei exzentrischen Familienszenen und Erbstreitereien.
Mia ist zwar irritiert, dass ihre Mutter über die Jahre hinweg die Telefonnummer der verfeindeten Konkurrenz Herder bewahrt hat und dass Herder Senior offensichtlich erleichert ist, dass sich eine Vertreterin der Familie Arnholt endlich bei ihm meldet: Er hat wichtige Informationen für sie. Als er bei ihrer Ankunft am nächsten Tag jedoch plötzlich verstorben ist, wird Mia klar, dass sie die letzte gewesen sein muss, die vor seinem Tod mit ihm sprach und seine Familie weit weniger zugänglich ist als er es war. Schnell werden aus den journalistischen kriminalistische Nachforschungen, die mit Eintreffen einer namibischen Delegation und weiteren Todesfällen an Relevanz und Komplikation gewinnen. Nicht zuletzt, weil nun Puzzleteile auftauchen, die Mia nicht selbstständig zu entschlüsseln vermag. Im Zusammentreffen mit der Delegation vermischt sich moderne klimabewusste Anbautechnik mit historischer Aufarbeitung und familiären Verwicklungen, die zugleich die Sprösslinge der beiden konkurrierenden Schokoladenhersteller Mia und Will zusammentreiben.

Elisabeth Herrmann beherrscht die packende Dramaturgie eines Thrillers mit Prolepsen, Dehnung und Perspektivführung und passt sie dem Zielpublikum an. Auch muss ihr zugute gehalten werden, dass sie wichtige Themen einführt, die gewinnbringende Denkanstösse geben können, wo sie im Geschichtsunterricht und gesellschaftlichen Diskurs nach wie vor zu kurz kommen. Den daraus resultierenden spärlichen Vorkenntnissen ist es zu verdanken, dass der Genozid der Deutschen an den Herero in Namibia schemenhaft bleibt und die Annahme, dass Hitlers Machtergreifung nur auf dem Nährboden dieses Gedankenguts stattfinden konnte, gebetsmühlenartig heruntergerattert wird. Demgegenüber steht die durchaus unironisch idealisierende Darstellung der reichen Schokoladen-Noblesse mit ihren teuren Autos, den Bedientsteten und Anwesen, sowie die grausig antiquierten heteronormativen Geschlechterstereotypen à la keusche Jungfrau und wilder Draufgänger, durch die Antipoden Mia und Will verkörpert, die heute doch hoffentlich veraltet sind und die Empfehlbarkeit dramatisch reduzieren. Echte und fiktive historische Zeugnisse sollen die geschichtliche Darstellungen authentischer wirken lassen, was nicht immer gelingt, als allererster Zugang zum Thema jedoch funktionieren mag. Alles in allem ein Roman, der viel Potential hat und viel davon wieder verspielt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von juri; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 06.05.2020

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