Y-Game. Sie stecken alle mit drin

Autor*in
Linker, Christian
ISBN
978-3-423-74076-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
250
Verlag
dtv
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2022
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Ist es ein Spiel - oder steckt dahinter ein rechtsextremistisches Komplott. Das neue "Alternate Reality Game" zieht Jugendliche einer anonymen deutschen Stadt in seinen Bann. Dass mehr als ein raffiniertes Spiel dahintersteckt, wird nach und nach klar. Aber können sich die beteiligten Jugendlichen dem Sog von "Y" noch entziehen? Linker greift in seinem neuen Thriller brisante tagesaktuelle Themen auf.

Beurteilungstext

Der siebzehnjährige Janusz ist ein unauffälliger Typ; ohne besondere Stärken oder Charakteristika. Er ist kein echter "Außenseiter", gehört aber auch nirgendwo richtig dazu. Sein einziges nennenswertes Hobby ist Zocken - er liebt Computerspiele aller Art und verbringt Stunden damit, in virtuelle Welten abzutauchen. Dass das neue Game ihn augenblicklich fasziniert, ist naheliegend. "Y" (gesprochen "Why") ist anders - aufregend, verwirrend, bedrohlich, kryptisch. Auf Imageboards im Netz erscheinen geheimnisvolle Hinweise eines „Y“, die sich einer eindeutigen Interpretation verschließen. Einige der Fingerzeige führen zu Orten in der realen Welt – einem Brückenpfeiler oder einer hohlen Eiche, in der ein Taschenkalender versteckt ist, in dem wiederkehrend ein Zeitraum am Dienstagnachmittag markiert ist. Janusz nimmt die Jagd auf. Dass seine vermeintlichen Kumpels ihn offensichtlich an ihrer eigenen Beschäftigung mit Y nicht teilhaben lassen wollen, stachelt ihn noch mehr an. Es scheint um den Bürgermeister der Stadt, Martin Fürst, zu gehen. Janusz nimmt Kontakt zu seiner Mitschülerin Chiara auf, einer Eigenbrötlerin mit wenig Kontakten zu den Jugendlichen um sie herum. Janusz versucht, Chiara über ihr Praktikum im Rathaus auszuhorchen – ohne Erfolg. Was aber geschieht: die beiden Teenager verlieben sich ineinander. Die intensiven und erstmals erlebten Gefühle hindern Janusz nicht daran, weiter verbissen den Y-Hinweisen nachzugehen. Die Spur zum Bürgermeister wird intensiver; er scheint in einem verlassenen Gartenlokal ein Geheimnis zu verbergen. Während Chiara ihn warnt, taucht der Junge immer tiefer in der Welt von Verschwörungsmythen, rechten Netzwerken und Hassforen ein. Er beginnt, den QAnon-Botschaften von entführten Kindern und korrupten Eliten zu glauben, die angeblich alle Institutionen des öffentlichen Lebens instrumentalisieren: „Die stecken alle mit drin. Ich fasse es einfach nicht. Presse, Polizei, alle. Ich kann niemandem mehr trauen.“ (S. 181) Der Showdown hält eine sehr überraschende Wendung bereit – und letztlich auch ein glückliches Ende. Janusz gelingt es, sich aus den Verschwörungsnetzwerken zu befreien.
Christian Linker ist dafür bekannt, brisante Themen in spannende Thriller zu verpacken. In „Y-Game“ stellt er anschaulich dar, wie Verschwörungstheorien verbreitet werden, wie sie ihre destruktive Wirkung entfalten und welcher Techniken und vorgeblicher „Argumentations“-Muster sie sich bedienen. Die Rolle, die das Internet (bzw. auch das Darknet) dabei spielen, wird explizit beleuchtet. Linker gelingt es, das „Verführungspotenzial“ dieser kruden und menschenverachtenden Theorien sehr schlüssig in einer Romanhandlung sichtbar werden zu lassen. Der aufklärerische Ansatz, dem der Autor folgt, ist nicht zu übersehen – das ist verdienstvoll, birgt aber auch literarische Schwächen. Die erzählerische Stärke des Buches ist in der rasanten Entwicklung des Plots zu sehen, der den Lesenden in den Bann zieht und immer wieder neue Spannungselemente einführt. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Janusz. Eingeschoben sind nach jedem Kapitel kurze Reflexionen des bis kurz vor Ende anonym bleibenden „Y“. Die Erklärungen der Person, die das Game initiiert hat, sind allerdings schwächer, weniger überzeugend als die eigentliche Handlung. Die Personen werden nur sehr sparsam charakterisiert, selbst die beiden Protagonisten Janusz und Chiara erhalten nur wenig Plastizität und Tiefe; alle anderen bleiben angedeutet. Linker konzentriert sich ganz auf den Aufbau des angeblichen „Spiels“ und dessen Hintergründe. Die Auflösung gerät etwas zu spektakulär und ist nicht ganz stimmig. Die große Stärke von „Y-Game“ ist die eindrückliche Darstellung verquerer bis verbrecherischer weltanschaulicher Muster, die das weltweite Netz nutzen, um den rationalen und gleichberechtigten Diskurs in einer pluralistischen Gesellschaft zu diskreditieren. In einem Nachwort verweist der Autor auf Anlaufstellen und Literatur für Menschen, die Beratung suchen, weil Familienangehörige oder Freunde abdriften und sich Verschwörungstheorien zuwenden.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von RPKJ; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 08.02.2022

Weitere Rezensionen zu Büchern von Linker, Christian

Linker, Christian

Boy from Mars - Auf der Jagd nach der Wahrheit

Weiterlesen
Linker, Christian

Boy from Mars. Auf der Jagd nach der Wahrheit

Weiterlesen
Linker, Christian

Toxische Macht

Weiterlesen
Linker, Christian

Der kleine Rebell - Legenden von Drachenkämpfern, Kräuterhexen und anderen Heiligen

Weiterlesen
Linker, Christian

Der Schuss

Weiterlesen
Linker, Christian

Der Schuss

Weiterlesen