Wir verstehen uns blind

Autor*in
Huainigg, Franz-Joseph
ISBN
978-3-219-11198-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Ballhaus, Verena
Seitenanzahl
32
Verlag
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Wien
Jahr
2005
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Katharina steht vor dem Kaufhaus und weint. Sie weiß nicht, wo ihre Eltern sind. Dass ausgerechnet ein Blinder ihr bei der Suche helfen will, verwirrt sie. Doch schnell stellt sich heraus, dass Matthias auf seine Art sehr gut sehen kann... Eine Geschichte über einen Blinden, der anderen das Sehen lehrt. (Verlagstext)

Beurteilungstext

Es ist tatsächlich eine merkwürdige Situation, wenn einem ein Blinder den Weg zeigen will. Doch merkwürdig ist eben nur die Annahme der Sehenden, dass Blindheit mit Orientierungslosigkeit einher ginge. Dass dem nicht so ist, vermittelt dieses Buch sehr eindrucksvoll.
Die Ausgangssituation ist besonders wirkungsvoll, aber durchaus real: Im Schlussverkaufsgedränge (und den gibt es trotz offizieller Abschaffung ja bekanntlich immer noch) geht ein kleines Mädchen seinen Eltern verloren. Verloren steht Katharina im lärmenden Geschubse und Gedränge, weint und weiß nicht weiter. Leider auch typisch ist, dass sich keiner der vielen Passanten um sie kümmert. Man hat ja viel zu viel zu sehen. Nur der blinde Matthias, der das Weinen hört, fragt nach der Ursache und bietet seine Hilfe an. Und auf dem Weg durch die Stadt erfährt Katharina, mit welchen Hilfsmitteln sich ein Blinder orientiert und wie empfindlich die anderen Sinne den Verlust der optischen Eindrücke zu kompensieren versuchen.
Die optische Umsetzung dieser Geschichte beweist intensives Einfühlungsvermögen und künstlerische Kreativität. Schon der Textsatz betont durch mehrfache Vergrößerung der Typen einzelne Worte oder Satzteile, die für die Unterschiede zwischen “blind” und “sehend” oder für den Fortgang der Geschichte wichtig sind. In den Illustrationen, die sich aus bunt kolorierten Federzeichnungen, schwarzweißen Skizzen, verfremdeten Grafiken und einer fast expressionistischen Letterung kombinieren, entsteht neben dem Abbild der uns bekannten Wirklichkeit ein anschaulicher Eindruck von der akustisch betonten Welt des Blinden. Alle akustischen Ereignisse hinterlassen Spuren, Eindrücke, Vorstellungen, die sich vom Sehbild durchaus unterscheiden. Doch auch die optischen Eindrücke verändern sich durch Lautsensationen und Bewegungsmuster.
Natürlich kann ein Bilderbuch eine nicht-optische Welt nur bedingt darstellen. Doch in der Schilderung von Blindenschrift/Braille und oft ge-, aber auch übersehenen Blindenhilfen spannt sich der Bogen zu Information und aktivem Weiterdenken. Hoffentlich hilft es, der Anstoß ist jedenfalls gut gewählt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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