Wir Kinder vom Bahnhof Zoo

Autor*in
ISBN
978-3-551-35941-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
366
Verlag
Carlsen
Gattung
Krimi
Ort
Hamburg
Jahr
2009
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die Tonbandprotokolle schildern den Abschnitt von zwei Jahren aus dem Leben der Christiane F., die mit ihren Eltern aus dem Westen 1975 nach Westberlin zog und dort in die Drogenszene abgleitet, aus der sie sich kaum noch zu befreien vermag. Nur durch die intensive Zuneigung ihrer entzweiten Eltern und dem Freund Detlef gelingt ihr ein scheinbarer Ausstieg.

Beurteilungstext

Das Buch erschien bereits 1978, sowohl im Westen als auch in der DDR, hier als abschreckendes Beispiel für die Möglichkeit der Fehlentwicklung Jugendlicher im Imperialismus. Heute ist das Problem längst ein nationales. Eben wurden wieder Zahlen über die momentane Drogenszene veröffentlicht, die auf die Aktualität dieses Buches hinweisen: es ist ungebrochen brisant. Die Tonbandprotokolle, aufgeschrieben von Kai Hermann und Horst Rieck, zeigen die Dreistigkeit der Dealer und Süchtigen, sich Stoff zu beschaffen, die Ausweglosigkeit ihres Tuns, selbst wenn sie den Vorsatz haben, aussteigen zu wollen. Detailliert wird die Motivation von Christiane vorgeführt, wie sie durch das Missverhalten der Eltern, die Gleichgültigkeit der Lehrer, die Ähnlichkeit der sog. Freunde im Milieu, die soziale Situation im Wohngebiet Gropiusviertel, das desinteressierte Verhalten der Polizei und der Behörden, die sich eigentlich mit der Suchtberatung beschäftigen sollten, immer wieder in Bedrängnis gerät und letztlich, nach der Einnahme von “leichten” Stoffen, auch zum Heroin findet und ausweglos versumpft, anschaffen muss, um sich und ihre “Freunde” beinahe täglich von einem auf den anderen Tag zu retten. Man vermag es kaum zu glauben, dass Eltern und Schule immer wieder von ihr eingelullt werden können, scheinbar nichts von den Abstürzen merken und vor allem, nichts dagegen tun zu können. Die Sprache ist jugendgemäß und der Szene offenbar angepasst, jedoch nimmt man der kindlichen Ich-Erzählerin den Gossenjargon auch ab, ist realistisch. Es ist einfach eine andere, ungewöhnliche Welt, die sich hier auftut. Die drastischen Bilder und Szenen zu Hause, in den Kliniken, in Wohnungen bei Kiffern und Fixern, bei Schwulen und Freiern, in Entzugseinrichtungen sprechen Bände. Das Buch bleibt hochgradig brisant, auch wenn es bereits über 30 Jahre alt ist. Es sollte nicht nur in der Nähe von Ballungsgebieten Pflichtlektüre werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von rene.
Veröffentlicht am 01.01.2010