Wilde Radtour mit Velociraptorin

Autor*in
Mohl, Nils
ISBN
978-3-948722-27-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kirschner, Halina
Seitenanzahl
56
Verlag
Mairisch
Gattung
Buch (gebunden)ErstlesebuchFantastik
Ort
Hamburg
Jahr
2023
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches MaterialFreizeitlektüreKlassenlektüreVorlesen
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein Schriftsteller schwingt sich aufs Rad, eine Dino-Dame mit Anhänger kommt mit. Da kann die Geschichte doch nur eine wilde Tour durchs Alphabet werden.

Beurteilungstext

Als dem Schriftsteller einfach keine Geschichte einfallen will, stöhnt er. Sehr laut „Ach jö!“
Die Arbeit als Autor ist anstrengend, wenn man nicht weiß, wie man anfangen soll. Aber es gibt auch immer einen Ausweg.
Aufstehen!
An die frische Luft!
Ab aufs Rad! (S. 6)

So beginnt die Wilde Radtour mit Velociraptorin, wenn man erst einmal die Lesehürde des langen Dinosauriernamens im Titel geschafft hat. Nils Mohl erzählt die Geschichte seines Alter Egos. Dafür wählt er einen heterodiegetischen Erzähler, der die Erzählung rahmt und an wenigen Stellen auch als erzählendes Ich kommentiert. Hauptfigur ist der Schriftsteller, dem keine Geschichte einfällt. So schwingt er sich aufs Rad, um etwas frische Luft zu schnappen. Doch er ist noch nicht losgefahren, schon hört er eine Stimme, die nach einem Anhänger fragt. Die Stimme entpuppt sich als fantastische Figur, als Velociraptorin, die den Schriftsteller zunächst im Fahrradanhänger begleitet. Nach einer Reifenpanne trennen sich die Wege der Protagonist:innen bis der Schriftsteller feststellt, dass ihm doch an der frechen Saurierdame gelegen ist und er nach ihr sucht. Er findet sie im Kino bei einer Jurassic-Party und bringt ihr schlussendlich das Radfahren bei. Das motiviert das Tier so sehr, dass es gleich an einem Radrennen teilnimmt. Danach trennen sich die Wege der beiden und der Schriftsteller hat nun einigen Stoff für seine Geschichte.

So weit, so gut. Doch die Fabel der Geschichte allein kann nicht in Ansätzen die Vielschichtigkeit dieser ABC-Geschichte abbilden. Im Buch werden verschiedene Interessen und Themen miteinander ins Spiel gebracht. Es wird zum einen intensiv die Praxis des Radfahrens auf einer Sachebene thematisiert und mit Fachwörtern angereichert. Diese sind jeweils in Grün gut sichtbar am Rand erklärt. Da finden sich Wörter wie Bonanzarad, BMX und Bremsen beim Buchstaben B oder bei A Begriffe wie Aufpumpen oder Acht.
Zum anderen tritt eine fantastische Figur in Form eines Dinosauriers auf – womit Mohl wohl schon die meisten Lesenden auf seine Seite geholt haben wird – und die Geschichte ihrer Begegnung und Freundschaft wird in nach dem Alphabet strukturierten Kapiteln erzählt. Diese Aufteilung erinnert an Anlauttabellen aus dem Schriftspracherwerb, wie sie heute in nahezu allen Fibeln zu finden sind. Jedes Kapitel spielt alliterarisch mit dem jeweiligen Buchstaben und versucht kongenial und mit einer gewissen Wortgewandtheit und Leichtigkeit Wörter mit dem Buchstaben in die Geschichte einzubauen.

Die grafischen Illustrationen der Buchstabenseiten von Halina Kirschner setzen mit ihrem kontrastiv angelegten Farbspektrum von Magenta und Grün sowie deren Abstufungen und Mischungen jeweils andere Akzente. Oft unterstützen Bilddetails das Textverständnis, z. B. wenn ein Einrad oder ein Liegerad abgebildet wird. An einigen Stellen übernehmen auch ganzseitige Illustrationen die Fortschreibung der Handlung, etwa wenn die Velociraptorin mit dem Schriftsteller im Anhänger ihr Rennen bestreitet. Durch Bewegungslinien und der aktiven Haltung der Figur auf dem Fahrrad wird eine starke Dynamik auf dem Bild von links nach rechts erzeugt, die von den anderen, in Hintergrund angedeuteten, Radfahrern noch zusätzlich unterstützt wird. Zudem gilt es für die Betrachtenden zusätzliche Details zu entdecken, wie eine Schnecke, die anscheinend auch am Rennen teilnimmt.

Das Buch endet mit dem Schriftsteller am Schreibtisch, wie es auch begonnen hat. Doch nun hat der Schriftsteller – wie die Lesenden wissen – genug Stoff für seine Geschichte. Als Mise en abyme kann der fiktive Autor als erzählte und erzählende Figur erkannt werden, welche nicht nur auf die Suche nach erzählbaren Geschichten gehen muss, sondern sich auch auf das Spiel mit der Sprache einlassen muss, um schriftstellerisch tätig zu sein/ Literatur zu schreiben. Am Ende bekommt eine Stimme das Schlusswort:
„Schreib Zeilen mit Zunder! Sei Zauberer! […] Du schaffst das, mein Freund. Ich bin sicher, deine Geschichte komm[t] gut ans Ziel!“ (S. 61).

So zauberhaft zündet das Buch am Ende auch. Die Lust am Spiel mit Sprache, am Fantastischen und am Radfahren macht Lust aufs Lesen. Eine absolute Emfehlung.

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Diese Rezension wurde verfasst von Alexandra Ritter; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 15.05.2023