Wie wir das Universum reparierten

Autor*in
Horvath, Polly
ISBN
978-3-8458-0199-5
Übersetzer*in
Behringer, Katrin
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Tourlonias, Joelle
Seitenanzahl
304
Verlag
bloomoon
Gattung
Ort
München
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nach dem plötzlichen Unfalltod ihrer Eltern müssen die Cousinen Meline und Jocelyn zu ihrem reichen und ziemlich verschrobenen Onkel Marten ziehen, der eine private Insel besitzt, die er seit Jahren nicht verlassen hat. Da ihr Onkel sich nicht für sie zu interessieren scheint, sondern lieber seinen Forschungen nachgeht, beschließen die Mädchen, die Insel heimlich zu verlassen. Bei dem Bau ihres Flugzeuges stoßen sie jedoch auf ein altes und tragisches Familiengeheimnis.

Beurteilungstext

Die beiden Cousinen Meline und Jocelyn verlieren beide ihre Eltern bei einem Zugunglück. Da sie sonst keine Verwandten mehr haben, nimmt der Bruder ihrer Väter die Mädchen bei sich auf. Anders als seine Brüder ist Marten Knockers so reich, dass er sich eine eigene Insel kaufen konnte, die er seitdem nicht mehr verlassen hat. Dort widmet er sich seinen Forschungen. Über die plötzliche und dauerhafte Gesellschaft seiner Nichten ist er nicht sonderlich begeistert und obwohl sich alle drei Familienmitglieder kaum kennen, müssen sie miteinander auskommen. Da Marten sehr bald erkennt, dass seine Art der Haushaltsführung für mehrere Personen nicht ausreichend ist, stellt er nacheinander die etwas verrückte jüdische Köchin Mrs. Mendelbaum und den schweigsamen Butler Humdinger ein. Trotz seiner Bemühungen möchten Meline und Jocelyn die stets verregnete Insel ihres Onkels so schnell wie möglich verlassen. Gerade recht kommt ihnen da die Tatsache, dass die Insel einst als Militärstützpunkt diente und der damalige Kommandant darauf bestand, dass seine Piloten lernten ohne Radar und Instrumente zu fliegen, weshalb viele der Piloten abstürzten. Ihre kaputten Flugzeuge blieben auch nach der Aufgabe des Stützpunktes auf der Insel zurück. Während Meline zielstrebig nach Flugzeugteilen sucht und beginnt ein Flugzeug zusammenzubauen, kämpft Jocelyn, die das Zugunglück miterlebte, mit Alpträumen und Depressionen. Dementsprechend anfällig ist sie für die betäubende Wirkung des Hustensaftes, den sie von Mrs. Mendelbaum erhält, um ihre Grippe zu bekämpfen. Da Jocelyn eine regelrechte Sucht entwickelt und das Haus nicht mehr verlässt, baut Meline das Flugzeug alleine zusammen. Allerdings schafft sie es nicht von der Insel zu fliehen, da jemand heimlich alle wichtigen Schrauben entfernt hat, sodass die Maschine beim Startversuch komplett auseinanderbricht. Bei der Suche nach dem Übeltäter entdeckt Meline den alten Friedhof auf dem die abgestürzten Piloten ihre letzte Ruhe gefunden haben. Als sie Grabsteine mit dem Namen „Knockers“ entdeckt, stellt sie ihren Onkel zur Rede. Marten gesteht, dass sein Vater der verrückte Kommandant war durch dessen Schuld viele Piloten, auch drei seiner eigenen Söhne, abstürzten und dass Marten selbst damals von der Insel floh, um am Festland Hilfe zu holen.


In dem Buch „Wie wir das Universum reparierten“ erzählt die Autorin Polly Horvath gleich von mehreren tragischen Erlebnissen einer Familie. Keines der Unglücke passiert dabei in der Zeit, die die Geschichte selbst umfasst, sondern in beiden Fällen erfährt der Leser nur durch die Berichte der Personen von diesen. Interessant ist dabei, dass es nicht einen, sondern mehrere Erzähler gibt, die sich in den 39 verschieden langen Kapiteln regelmäßig abwechseln. In den meisten Kapitel übernehmen Meline, Jocelyn oder Marten Knockers die Rolle des Ich-Erzählers, während Mrs. Mendelbaum nur in sehr wenigen Kapiteln als Erzählerin fungiert. Unterhaltsam wird die Geschichte besonders dadurch, dass alle Erzähler unterschiedlich denken und sprechen. Mrs. Mendelbaums Kapitel weisen deutlich auf ihre jüdischen Wurzeln hin, da sie gelegentlich jiddische Wörter in ihre Gedanken integriert. Zum besseren Verständnis findet der Leser ganz am Ende, eingebunden in ein Kapitel von Melines, die Mrs. Mendelbaums Jiddisch nicht immer versteht, eine Vokalbelliste mit den wichtigsten Wörtern. Meline und Jocelyn dagegen machen sich Gedanken über den Tod ihrer Eltern, die Flucht von der Insel und dem Versuch sich mit ihrer neuen Familie zu arrangieren. Die längsten Kapitel drehen sich um Marten Knockers. Anders als seine Nichten scheint er über den Verlust seiner Brüder nicht sonderlich traurig zu sein, da er sich in seiner eigenen kleinen Welt befindet und sich Gedanken über die verrücktesten Dinge macht. Seine Gedanken sind für den Leser oft nicht ganz nachvollziehbar und ziehen sich zudem extrem in die Länge.
Alle vier Erzähler haben nicht nur eigene Kapitel in der Geschichte, sondern auch ganz eigene Probleme. Meline, die eine sehr herzliche Familie hatte, leidet unter der kalten und relativ lieblosen Atmosphäre im Haus ihres Onkels. Dementsprechend zielstrebig sind ihre Fluchtpläne, bei denen sie auch nicht davor Halt macht ihre Cousine für ihre Pläne zu benutzen. Jocelyn will die Insel zwar verlassen, aber leidet unter Depressionen und der Sehnsucht nach ihren Eltern, wodurch sie sich oft antriebslos fühlt. Genau wie Mrs. Mendelbaum kann sie den Tod ihrer Familie nicht verkraften. Beide erkennen, dank einer Grippe, die betäubende Wirkung des selbstgebrauten Hustensaftes von Mrs. Mendelbaums Freundin. Sie werden von diesem abhängig und sind beinahe zu Allem bereit, um an Nachschub zu gelangen. Nur aus Melines Berichten erfährt der Leser, dass Jocelyn die Sucht nach langer Zeit überwindet. Mrs. Mendelbaum schafft diesen Schritt nicht mehr, sondern stirbt an den Folgen ihrer Abhängigkeit. Auch Marten Knockers, der zu Anfang der Geschichte sehr sparsam lebte, erliegt einer Sucht: dem Kaufrausch. Unter dem Vorwand es sich und seiner neuen Familie gemütlich machen zu wollen, insbesondere zur Weihnachtszeit, kauft er im Internet jede Menge unnützer Dinge.
Genau wie die getrennten Kapitel beweisen, leben alle Bewohner der Insel mehr oder weniger aneinander vorbei und interessieren sich nur für sich und die eigenen Probleme. Allerdings beschreibt die Autorin auch die langsamen Annäherungen und die Tatsache, dass sich alle miteinander arrangieren. Bei Mrs. Mendelbaums Tod scheinen sie sogar beinahe eine richtige Familie geworden zu sein. Allerdings sind die wechselnden Erzähler aber auch das Einzige, dass die Geschichte am Leben erhält. Das sehnsüchtig erwartete Familiengeheimnis wird erst auf den letzten Seiten Thema und spielt sogar nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen verwendet Polly Horvath viel Zeit auf die Darstellung der einzelnen Figuren sowie die Suche der Cousinen nach den Flugzeugteilen. Die Spannung, die das geheimnisvollwirkende Buchcover und der Klappentext versprechen, bleibt größtenteils aus. Zudem fällt es schwer den Buchtitel mit dem Inhalt in Verbindung zu bringen. Aufgrund der Themen, der Anzahl von Seiten und der Länge der einzelnen Kapitel ist das Buch für Jugendliche ab etwa 14 Jahren geeignet. Allerdings könnte die beinah fehlende Spannung zum „Weglegen“ des Buches führen.
Im Großen und Ganzen ist Polly Horvaths Buch „Wie wir das Universum reparierten“ eine langatmige Geschichte, die sich mit den Stärken und Schwächen von sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten auseinandersetzt und beweist, dass sogar die größten Unterschiede eine Basis für Freundschaft und Vertrauen sein können.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ThL- unibi.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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