Wie Frau B. so böse wurde und warum sie jetzt wieder nett ist

Autor*in
Bougaeva, Sonja
ISBN
978-3-7152-0677-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bougaeva, Sonja
Seitenanzahl
24
Verlag
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Zürich
Jahr
2014
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Als Frau B. klein war, wurde sie von anderen Kindern geärgert. Die Mutter interessierte sich wenig für ihren Kummer. „Wasch dir die Hände“, sagte sie, „setz dich an den Tisch. Beim Essen wird nicht gesprochen.“ So blieb sie allein und wurde ein trauriges Kind, bis eines Tages alles anders wird.

Beurteilungstext

Als sie erwachsen ist, mag Frau B. keine Kinder. Sie hasst sie. Und die Kinder, selbst Erwachsene, fürchten sich vor ihrem breiten Kopf ohne Hals und dem massigen Körper mit winzigen Füßen. Sie trägt Braun. Auch die strenge Mutter von damals trägt Braun mit Haar, dicht wie ein Schutzhelm. Die Farben wirken schwer und düster.

S. 12: „Sie ging zum Spielplatz, um dort bequemer Kinder zu hassen.“
Frau B. hält den Schirm in die Luft, zum Schlag bereit. Äußerst gefährlich sieht das aus. Dazu ihr Gebiss, das aus einem doppelt langen Mund hervor blitzt. Es ist, als buchstabierte ihr Mund ununterbrochen das Wort RACHE.
Zunächst sitzt sie mit langgestreckten Armen und Stricknadeln, zum Aufspießen bereit auf der Bank, um auf der nächsten Buchseite die Waffen gestreckt und traurig da zu sitzen.
Irgendetwas passiert in der Frau B., ein Gefühl ist da, das ihr die Luft nimmt: Sie sieht, wie ein Kind von einem anderen geärgert wird. Erlebt sie noch einmal, wie das war mit ihr, … als sie klein war und geärgert wurde?
Sie erhebt sich und langsam geht sie zu dem Kind, tröstet und spielt mit ihm, freundet sich an und verbringt den Tag auf dem Spielplatz, backt Sandkuchen und fängt an, Kinder zu mögen.

Ab jetzt geht sie täglich zum Spielen auf den Spielplatz. Engagiert spielt sie jede Rolle, die die Kinder von ihr haben wollen: Verstecken, Sandburg und Tic. Sie fährt mit dem Puppenwagen umher, der so aussieht wie ihrer früher.
Und die Frau B. verändert sich, der Mund bewacht ihr Gebiss, das wirkt freundlich, kein böser Smiley mehr. Die Menschen um sie herum grüßen sie, statt ihr aus dem Weg zu gehen oder die Flucht zu ergreifen wie früher.

Die Bilder wirken skurril und die Spielzeuge, selbst das geärgerte Kind, sehen aus wie sie früher.

Auf der Mitte, Seite 12, blickt Frau B. aus dem Fenster und schimpft über den Lärm. Da, wo sie hinsieht, sitzen Spatzen in einem grünen Baum, sehr gesellig und schön sieht das aus. Während sie auf der Bank sitzt, bleiben die Spatzen in ihrer Nähe, da wo sie böse sitzt mit den gezückten Stricknadeln und auch da, wo sie traurig zurückdenkt an sich selbst als trauriges Kind.

Ein Buch zum Phantasieren, ein Buch für alle Generationen, am besten lesen sie es gemeinsam. Ich habe das Buch mit Kindern in der Stadtbücherei Eckernförde angesehen, mit im Kreis ihre Eltern. Neun Kinder zwischen drei und neun Jahren. Ungefragt erklärten die Kinder, weshalb Frau B. so traurig wurde, als sie auf der Bank saß: „Weil sie sich an früher erinnerte, wie sie als Kind geärgert worden war.“ Zwar zeigen die Illustrationen, wie sie früher geärgert wurde. Aber mich hat erstaunt, dass der Zusammenhang zu der heutigen Frau B. den Kindern so klar war.
Die Sparsamkeit und Klarheit der skurrilen Bilder von Sonja Bougaeva, dazu ihr knapper Test, lassen viel Raum, um über früher und heute, alt und jung und über eigene Erfahrungen zu sinnieren. Die Kinder nutzten ihre Chance und brachten sich verschwenderisch ein, ja, sie waren kaum zu stoppen.

Meine Vorwarnung an die Kinder lautete: Falls sie sich fürchteten vor der Frau B., so sollten sie rufen. Ich würde das Buch sofort zuklappen.
Sie rutschten näher zusammen, aber die Atmosphäre war jetzt erst richtig angeheizt.
„Ja“, sagte ein Kind am Ende. „Ich hatte erst Angst. Aber dann musste ich über die Frau B. lachen. Die Angst ging ganz schnell vorbei.“
„Genau“, sagte das zweite Mädchen. „Die tut ja gar nichts.“

Gut, dass eine Frau B. sich mal traut zu sagen: „Ich hasse Kinder“. Dieses Gefühl darf sein. Es muss ja nicht dabei bleiben. Ein stimmiges Buch mit Witz und Sinn fürs Groteske, ein gelungenes Werk, das Alt und Jung verbinden kann.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von G-KH; Landesstelle: Schleswig-Holstein.
Veröffentlicht am 13.07.2018

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