Wie du mich siehst

Autor*in
Mafi, Tahereh
ISBN
978-3-7373-5696-1
Übersetzer*in
Ganslandt, Katarina
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
349
Verlag
FISCHER KJB Sauerländer Duden
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2019
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 16järige Muslimin Shirin ist an ihrer High School in einer amerikanischen Kleinstadt alltäglichen Diskriminierungen ausgesetzt. Als sie mit dem ein Jahr älteren Star der Schule, Ocean, eine Liebesbeziehung beginnt, werden die Anfeindungen so heftig, dass sie beschließt, das Opfer zu bringen und auf ihre Liebe zu verzichten. Doch beider Liebe ist stärker als die Umwelt und führt die zwei wieder zusammen, zumindest so lange, bis Shirin mit ihren Eltern in eine andere Stadt zieht.

Beurteilungstext

Dass die meisten US-Amerikaner nicht so sind, wie sie sich selbst sehen, weiß man nicht erst seit Trump Präsident ist. Aber dieser Roman wirkt schon etwas schockierend, weil die Lesenden mit dem alltäglichen Rassismus und den alltäglichen Vorurteilen „Fremden“ gegenüber konfrontiert werden, wie sie in einer amerikanischen Kleinstadt zutage treten. Die Autorin selbst ist iranischer Abstammung und hat nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die islamfeindliche Stimmung und ihre Auswirkungen selbst erlebt. Es steht zu vermuten, dass sie viel Selbsterlittenes in das Schicksal ihrer Heldin Shirin verwebt. Dieses 16jährige Mädchen trägt freiwillig den Hidschab, dieses leicht um den Kopf geschlungene Tuch, nicht weil sie besonders fromm wäre, sondern als Schutz ihrer Intimität und damit ihrer Identität. Ihre Eltern sind aus dem Iran zugewandert und arbeiten hart für ihren ökonomischen und damit sozialen Aufstieg. Deshalb ziehen sie immer neuen, attraktiveren Jobs nach, was zur Folge hat, dass Shirin und ihr zwei Jahre älterer Bruder immer wieder Wohnort und damit auch die Schule wechseln müssen. An jeder der vielen High Schools wird sie als Muslimin erkannt, bestenfalls ignoriert, meist aber gehänselt oder beleidigt. So auch an der kleinstädtischen Schule, an der sich die Ich-Erzählerin Shirin gerade befindet. Sie hat sich eine gewisse Härte angeeignet. In ihrem Biologie-Kurs wird der, wie man später erfährt, ein Jahr ältere Ocean ihr Partner bei den praktischen Übungen. Dieser, der Basketball-Star der Schule, verliebt sich in sie und wirbt schüchtern um sie. Zunächst reagiert sie hart und abweisend, aber langsam keimt auch in ihr das zarte Pflänzchen Liebe. Beim ersten Kuss, den das junge Mädchen sehr zart und rührend beschreibt, werden sie von Mitschülern gesehen, und nun bricht ein Gewitter los: Wie kann der umschwärmte Star der Schule sich mit einer „solchen“ einlassen? Auch Shirin selbst wird angefeindet. „ Du bist ein ganz schlechtes Vorbild für alle muslimischen Mädchen!“, sagt eine Glaubensschwester zu ihr. Die Anfeindungen nehmen zu, Erwachsene schalten sich ein, um die beiden auseinander zu bringen. Zunächst hält die Liebe der beiden, als aber gar die Zukunft Oceans auf dem Spiel zu stehen scheint, bringt Shirin das Opfer und zieht sich zurück. Trost und Anerkennung findet sie in der Breakdance-Gruppe ihres Bruders. Als sie mit dieser einen Wettbewerb gewinnt, wendet sich das Blatt: Plötzlich ist sie trotz Kopftuch ein gefeierter Star an der Schule. Auch die Beziehung zu Ocean kommt wieder in Ordnung, und beide verbringen einige glückliche Monate, die allerdings enden, als Shirins Eltern wegen eines neuen, besser bezahlten Jobs, wegziehen. Dieser Roman wirkt deshalb so rührend, weil die Protagonistin Shirin als Ich-Erzählerin sehr eindrucksvoll, glaubhaft und mitreißend ihre Entwicklung von einem nach außen hart wirkenden Mädchen zu einer zarten Liebenden schildert und tief in alle Winkel ihrer Seele blicken lässt. Die Lesenden werden über alle Höhen und Tiefen ihres Menschseins mitgenommen und entwickeln über den ganzen Roman hinweg eine tiefe Sympathie. Die Sprache ist lebendig, bildhaft, und doch dem Niveau einer Sechzehnjährigen angemessen. Dafür verantwortlich ist natürlich auch die hervorragende Übersetzung. Gelegentliche Kraftausdrücke wie „verfickt nochmal“, „Scheiße“, „verdammt“ oder (sehr häufig) „Arschlöcher“ stören in diesem Zusammenhang nicht sehr, denn sie sind der jeweiligen Situation geschuldet. Jugendliche oder auch erwachsene Leser werden intensiv mit den verheerenden Wirkungen von Vorurteilen und ihrer Grundlage, der Dummheit, konfrontiert. Alles in allem kann dieses Buch nur wärmstens empfohlen werde

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von rem; Landesstelle: Baden-Württemberg.
Veröffentlicht am 01.02.2021

Weitere Rezensionen zu Büchern von Mafi, Tahereh

Mafi, Tahereh

Wie du mich siehst

Weiterlesen
Mafi, Tahereh

Wie ein leuchtender Stern

Weiterlesen
Mafi, Tahereh

Wie du mich siehst

Weiterlesen
Mafi, Tahereh

Wie du mich siehst

Weiterlesen
Mafi, Tahereh

Wie du mich siehst

Weiterlesen