Wenn ich das siebte Geislein wär
- Autor*in
- Schneider, Karla
- ISBN
- 978-3-414-82183-6
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Harjes, Stefanie
- Seitenanzahl
- 40
- Verlag
- Boje
- Gattung
- BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
- Ort
- Köln
- Jahr
- 2009
- Lesealter
- 4-5 Jahre8-9 Jahre14-15 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 14,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Was wäre, wenn? Ein Junge und ein Mädchen liegen in ihren Krankenhausbetten. Der Junge plädiert dafür, dem Wolf aus Rotkäppchen und den sieben Geißlein eine Chance zu geben, das Mädchen - Ottinka Taube - scheint vom Bösen überzeugt. In einem märchenhaften Dialog geben sie den altbekannten Geschichten neue Wendungen, überlisten den Wolf, trinken mit der Großmutter Kaffee, kümmern sich um das siebte Geißlein und adoptieren zwei Wolfswelpen, bevor es für sie selbst einen Abschied gibt.
Beurteilungstext
Die Geschichte, in der die beiden Kinder neue Enden für zwei Grimmsche Märchen zusammenspinnen, ist originell und wartet mit prallgefüllten Fantasien auf. Ottinka Taube ist die Ältere, die Zynischere der beiden, während der Junge der mitleidige Jäger ist, der den Wolf nicht verurteilen will, der es lieber sehen würde, wenn das Tier verschont bleibt und der auch empathisch den Gedanken aufwirft, dass der Wolf vielleicht eine Wolfsmama gewesen sein könnte und deren Welpen sie vermissen und ob man sie nicht adoptieren sollte? Ottinka Taube hält dagegen, dass zwei mutterlose Wolfswelfen in einem vegetarischen Geißenhaushalt nichts zu suchen haben usw. usw.
Der Dialogtext, in Blöcken voneinander abgesetzt, funktioniert. Aber faszinierend wird dieses Buch durch seine Bilder. Sie sind fantastisch, voller Anspielungen, mit Jägermasken und verstörten Rotkäppchen und Blumen, deren Blütenblätter wie frische Narben aussehen. Giftige Fliegenpilze finden sich allerorten. Der Wolf sieht wie ein böser, böser Wolf mit messerscharfen Zähnen aus, er ist in der Stadt, im Märchen und im Krankenzimmer der beiden Kinder gleichzeitig und wird selbst zum Krankenhausfall, weil er von der Geiß im Chirurgenkittel einen Bauchschnitt erhält. Die Geißlein schwingen derweil am Tropf hin und her, werfen Medizinschränke um, rollen in Krankenausbetten umher - kurz, wir sind in einer beklemmend ausgelassenen, märchenhaften Realwelt gelandet.
Doch die Illustrationen werfen auch Fragen auf, die der Text nicht beantwortet: Über etlichen Szenen schwebt ein düsterer Totenengel in Schlittschuhen, und als Ottinka Taube zum Schluss in ihrem Bett aus dem Krankenzimmer gerollt wird und der Junge sie besuchen will, sagt sie: "Besser nicht, besser nicht. Es würde dir nicht gefallen bei uns. Es würde dir Angst einjagen. Mach's gut, Kleiner, mach's gut." Womit die Frage aufgeworfen werden darf, ob es sich wirklich nur um einen fantastischen Ausflug in eine weitergesponnene Märchenwelt handelt - oder um ein Kinderbuch über den Tod.