Was ist los, Joschi Bär?

Autor*in
Endres, Brigitte
ISBN
978-3-907114-09-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Birkenstock, Anna Karina
Seitenanzahl
32
Verlag
Aracari
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Zürich
Jahr
2019
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Joschi Bär lebt mit seinen Eltern und der Babyschwester in einer gemütlichen Höhle. Eigentlich spielt Joschi jeden Tag mit seinem besten Freund Toni. Doch seit einiger Zeit verhält sich Toni nach einem Besuch beim Nachbarn Herrn Bruse merkwürdig, den doch alle nett finden. Er zieht sich zurück. Joschi will unbedingt Tonis Geheimnis wissen. Durch seine Neugierde bringt er sich in eine brenzlige Situation: ist Herr Bruse doch nicht so nett? Was will er von den Kindern? Wem kann sich Joschi anvertrauen?

Beurteilungstext

Über Kindesmissbrauch in einem Kinderbuch für Kinder ab 4 Jahre zu schreiben, ist keine einfache Aufgabe. Es gibt zwar schon zahlreiche Bilderbücher dazu, doch die meisten sind sehr pädagogisch aufgemacht: geh mit niemandem Fremden mit, ist die zentrale Aussage. Der Großteil an Missbrauchsfällen findet jedoch nach Polizei- Statistiken im Familien- und Bekanntenkreis statt. Wie kann man nun ein Kind zu diesem Thema sensibilisieren?
Brigitte Endres, erfahrene Kinderbuchautorin und Grundschullehrerin, hat sich dieses nicht einfachen Themas in ihrem Bilderbuch "Was ist los, Joschi Bär?" sehr durchdacht angenommen. Sie erzählt die Geschichte aus der Perspektive der Kinder, hier stellvertretend aus der Sichtweise von Joschi Bär. Wie die Zielgruppe ist Joschi Bär gleich alt (zwischen 4 und 5 Jahre), geborgen in einer Familie, verbunden und gestärkt durch Freundschaften - ein ganz normales Kind also. Niemals würde man denken, dass dieses Kind von Missbrauch betroffen wäre.
Joschi Bär spielt jeden Tag mit seinem besten Freund Toni. Doch seit einiger Zeit verhält sich Toni nach einem Besuch beim Nachbarn Herrn Bruse merkwürdig. Den Nachbarn finden doch alle nett. Toni zieht sich zurück, sein Geheimnis kann er nicht einmal Joschi anvertrauen. Doch Joschi will unbedingt Tonis Geheimnis wissen. Durch seine Neugierde bringt er sich in eine brenzlige Situation: ist Herr Bruse doch nicht so nett? Was will er von den Kindern? Wem kann sich Joschi anvertrauen?
Klug baut Brigitte Endres die Geschichte auf. Sie erzählt sie ganz aus der Sicht von Joschi, dem Bärenkind. Damit ist sie ganz nah an ihren Lesern. Das zweite Element, das dieses Bilderbuch besonders macht, ist der klare und zugleich sensible Umgang mit dem Thema Missbrauch - für Kinder. Der Täter setzt das Kind unter starken Druck: die Tat sei ein Geheimnis der Beiden. Niemand dürfe davon erfahren, denn Geheimnisse verrät man nicht. Dies baut Endres als zentralen Aufhänger in die Geschichte ein. Sie befähigt die Kinder, ein schlechtes Geheimnis zu erkennen. Sie erklärt nachvollziehbar, was der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Geheimnis ist. Sie macht den Kindern Mut, sich bei einem schlechten Geheimnis den Eltern, dem Lehrer oder einer Vertrauensperson anzuvertrauen. Sie stärkt sie in ihrem Selbstbewusstsein.
Brigitte Endres erzählt also die Geschichte für die Kinder nachvollziehbar. Sie bietet mit der Geschichte den Kindern eine praktische Lösung, die sie verstehen und selber auch durchführen können. Die Autorin ist ganz nah bei den Kindern. Darin zeigt sich ihre jahrelange Erfahrung als Kinderbuchautorin und Lehrerin. Darüber hinaus ist das Buch auch vom Erzählstil eine Perle: klar, flüssig, Spannung aufbauend. Alles ist rund, alles ist stimmig.
Mit Anna Karina Birkenstock, die seit zwei, drei Jahren schon einige Kinderbücher von Brigitte Endres illustriert hat, hat der Verlag und die Autorin die perfekte Illustratorin gefunden. Einfühlsam setzt sie die Geschichte in die Bildsprache um. Sie bleibt in der Darstellung realistisch, ja sogar modern, wenn der Vater Bär abwäscht oder Mutter Bär die Babyschwester im Tragetuch hat. Durchdacht und auch ihre große Erfahrung als Kinderbuchillustratorin zeigt sich im Bildaufbau und in der Farbwahl. Diese stimmt Birkenstock genau auf die Situationen ab. Dunkle Töne für das Schlechte, helle Töne für das Gute, Geborgene. Auch in der Gestik, Körperhaltung und Mimik zeigt Birkenstock deutlich, was in der Situation passiert und was die Figur fühlt. Die Kinder können also die Geschichte allein aus den Bildern erschließen - ganz besonders für noch nicht lesende Kinder wichtig!
Ohne Zweifel ist das Bilderbuch "Was ist los, Joschi Bär?" von Brigitte Endres absolut zu diesem Thema zu empfehlen- vor allen anderen! Denn die Geschichte ist realistisch, sensibilisiert die Kinder, hilft ihnen mit einer klaren Lösung. Sie zeigt den Kindern, dass die Missbrauchsgefahr nicht ausschließlich vom unbekannten Fremden ausgeht, sondern vielmehr auch im nahen Umfeld stattfindet. Die Geschichte klärt die Kinder vor der Tat sensibel auf, nämlich alle Kinder! Zugleich gibt sie auch den Eltern, Erziehern und Lehrern eine gute Hilfe, wie man die Kinder stärken, aufklären kann. Hier ist auch die Handreichung für die Erwachsenen mit vielen nützlichen und praktischen Hinweisen, die Brigitte Endres auf ihrer Webseite zur Verfügung stellt, sehr hilfreich! Dieses Kinderbuch gehört in jedes Regal, in jedes Elternhaus, in jeden Kindergarten und in jeden Hort. Es eignet sich absolut zur Unterrichtsgestaltung zu diesem Thema im Sachkunde-Unterricht oder im Ethik-Unterricht in der Grundschule. Dieses Bilderbuch über Kindesmissbrauch ist absolut zu empfehlen und steht noch vor den bisherigen Kinderbüchern!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von BW; Landesstelle: Sachsen.
Veröffentlicht am 02.08.2020

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