Was ist denn hier passiert?

Autor*in
Neuhaus, Julia
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
14
Verlag
Tulipan
Gattung
BilderbuchFantastikSachliteratur
Ort
München
Jahr
2015
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Dieses Bilderbuch ist im wahrsten Sinne ein Buch voller Bilder und zwar im doppelten Sinne: Zum einen lebt es komplett ohne Textbeiträge von 12 doppelseitigen Bildern, die mit einer digitalen Collagetechnik merkwürdige, fast schon skurril anmutende Szenen präsentieren. Zum anderen werden die Bilder zu kleinen Animationsfilmchen erweckt, sobald man mit einem Smartphone oder Tablet einen QR-Code aktiviert.

Beurteilungstext

Der Titel des Buches wirkt hier leitmotivisch. Denn jedes der 12 abgedruckten Bilder zeigt eine relativ absurde Szenerie, die auf den ersten Blick wenig Sinn ergibt. So stellt sich den Betrachtern schnell die fast schon rhetorisch wirkende Frage ""Was ist denn hier passiert?"" Da fliegt z.B. ein aufgeblasener Hund zwischen den Wolken, während ihn ein kleines Mädchen noch selbstverständlich an der Leine führt und ein Drehorgelspieler pfeift zur Musik, ohne sich darüber zu wundern. An anderer Stelle sitzt eine Oma mit erschrockenem Blick samt ihres Pudels in ihrem kleinen Auto, das wiederum gerade durch die Lüfte fliegt. Drei Seiten weiter steht ein Bergsteiger in einem verschneiten Tal, die Hasen um ihn herum lachen ihn aus, weil er außer Handschuhen, Stiefeln und Mütze nichts trägt. Die Ähnlichkeit dieser Figur zu Reinhold Messner dürfte kein unbeabsichtigter Zufall sein.
Ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Bildern existiert nicht, vielmehr erhalten die einzelnen Darstellungen durch den zugehörigen Animationsfilm eine Bedeutung. Mithilfe des jeweils passenden QR-Codes kann man nämlich auf dem Smartphone oder dem Tablet ein kleines Filmchen anschauen, das quasi die Vorgeschichte zu dem Bild erzählt. Diese Trickfilme sind mit Musik unterlegt und zeigen, wie die Situation im Buch überhaupt entstanden ist.
Im Anhang erklärt dann das Autorenpaar in einer Art verschriftlichen Dialogs, wie sie auf diese Ideen gekommen sind. Sie stellen sich die Lesesituation ihres Buches so vor: Die Kinder sitzen zusammen mit ihren Eltern auf dem Sofa und wollen erfahren, welche Geschichten sich hinter den Bildern verstecken. Geschickt gelingt es ihnen dabei mit einer doppelten Pointe, auch das Interesse von Erwachsenen zu wecken. Denn viele Bilder sowie einige Filme zeigen intertextuelle Bezüge zu anderen Geschichten, zu Filmen, der Musikwelt oder dem öffentlichen Leben. Schon auf der zweiten Seite werden die merkwürdigen Pilz-Köpfe der Enten als Beatle-Frisuren hergeleitet, später fühlt man sich an Jona und der Wal erinnert, glaubt King-Kong gesehen zu haben, entdeckt Loch Ness oder meint sich an den Struwwelpeter zu erinnern. Auf diese Weise bietet dieses Buch für viele Altersstufen interessante Gedankenspiele und ermöglicht auch, miteinander ins Gespräch zu kommen. Deshalb kann das Bilderbuch der Kategorie der Einstiegsliteratur zugeordnet werden, wodurch die Kinder zu einer altersangemessenen Auseinandersetzung mit kulturellen Bildinhalten angeregt werden, die ein späteres literarisches Lernen ermöglichen.
Weitere Vorteile der innovativen Verbindung von gedrucktem Bild und animiertem Film sind in der spielerischen Schulung der Medienkompetenz ebenso wie in der zum Fabulieren anregenden Bildumgebung zu sehen. Voraussetzung dafür ist allerdings die Begleitung des Leseprozesses durch einen erwachsenen Leser. Ein zusätzliches Gimmick verbirgt sich in den beiden Innenseiten des Bucheinbandes: Sowohl auf dem Vorsatz- als auch auf dem Nachsatzblatt sind verschiedene QR-Codes abgebildet, die beim Scannen zusätzliche Storys rund um die im Buch enthaltenen Geschichten präsentieren - eine Anlehnung an die ""Making-Offs"" in Filmen.
Neben den missionarisch anmutenden Abbildungen des Apple ""Iphones"" könnten Kritiker dieses Buches zusätzlich anmerken, dass die traditionelle Buchliteratur gerade deswegen eine so hohe Bedeutung in der Lesesozialisation Heranwachsender haben sollte, eben weil die Kinder bei der Lektüre von ""echten"" Büchern jedenfalls für eine bestimmte Zeit ohne den Gebrauch digitaler Medien bleiben. Eine Vermischung von gedruckten Büchern und der Nutzung mobiler Kommunikationsgeräte könnte die Lust am echten Buchlesen bald komplett zerstören. Im mobilen Zeitalter ist der Umgang mit Smartphones und Tablets allerdings selbstverständlich geworden. Vor diesem Hintergrund wäre eine intelligente und humorvolle Herangehensweise in den Umgang mit beiden Medien - Buch und App - eine kompromissvolle Alternative.


Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Sim1.
Veröffentlicht am 01.07.2015

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