Wann kommt Mama?

Autor*in
Tae-Jun, Lee
ISBN
978-3-314-01535-9
Übersetzer*in
Schirmer, Andreas
Ori. Sprache
Koreanisch
Illustrator*in
Kim, Dong-Seong
Seitenanzahl
40
Verlag
Nord-Süd
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Gossau
Jahr
2007
Lesealter
0-3 Jahre4-5 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,80 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein kleiner Junge kommt zur Straßenbahnstation und klettert mühsam die Plattform hinauf. Dort steht der Kleine dann und wartet auf seine Mama. Obwohl es kalt geworden ist und zu schneien anfängt, harrt er geduldig und frierend in Kälte und Schneetreiben aus.

Beurteilungstext

Was auf den ersten Blick auf das Titelbild dieses Bilderbuchs auffällt, sind die fremden Schriftzeichen und die fremdartige Bekleidung des kleinen Kindes. Es ist ein kleiner Junge in traditioneller koreanischer Tracht (han bok), der den Betrachter eindringlich und fragend zu mustern scheint. Aus dem deutschen Titel wird deutlich: Hier wartet jemand auf die Mama.
Der gleiche zurückhaltende Zeichenstil setzt die Akzente in diesem Bilderbuch. Zarte Konturen und warme Farben prägen die Bilder auf den chamoix-farbenen Seiten, die dem traditionell geschöpften Papier ähneln. Die Perspektive wechselt einige Male aus der Nahaufnahme in die Totale: Menschen, alle in alter koreanischer Tracht, kommen und gehen, der kleine Junge steht wartend auf der Straßenbahnstation. Dann, in einer opulenten Farbigkeit ein Baum, eine Straßenansicht, Schneegestöber in warmem grün-gelb.
Kleidung, Stadtansichten, Tätigkeiten der Menschen zeigen ein Bild Koreas von vor über 70 Jahren. Ursprünglich erschien die Geschichte des koreanischen Schriftstellers Lee Tae-Jun (1904-1956) im Jahr 1938 in einer Zeitung.
Die damalige Zeit war bestimmt von der Herrschaft Japans über Korea. Und wer will, kann in dieser kleinen Geschichte auch eine gewisse politische Dimension erkennen.
Das Buch wurde 2004 in Südkorea mit den Illustrationen eines jungen Zeichners publiziert. Der Illustrator, Kim Dong-Seong, hat es wundervoll verstanden, die Geschichte “Wann kommt Mama?” in Bildern zu zeichnen, die die Szenerie einer vergangenen Epoche aus den dreißiger Jahren einfangen: Das geschäftige Treiben in einer koreanischen Stadt (wahrscheinlich Seoul, das damals eine Straßenbahn hatte), die Menschen in ihren landestypischen Trachten, Menschen, die Lasten auf dem Rücken oder dem Kopf transportieren, die niedrigen Holzhäuser, ein Gewirr von Masten und Elektrizitätsleitungen.
Der Text selbst endet ohne die Gewissheit, ob die Mama kommen wird. Die folgenden Seiten zeigen ein Schneegestöber und bauen eine fieberhafte Spannung auf, die nur durch die Ikonik gelöst wird: Man muss schon genau hinschauen - winzig inmitten des Bildes entdeckt man Mutter und Kind, Hand in Hand auf ihrem Weg nach Hause. Mit diesem versöhnlichen Schluss findet die Spannung, die über die vorangegangenen Seiten aufgebaut wurde, eine befreiende Auflösung.
Vielleicht werden sich einige Leser konsterniert fragen, wie es denn möglich sein kann, dass ein kleines Kind so lange allein gelassen wird. In dieser scheinbar bescheidenen Geschichte geht es auch um eine allgemeine Thematik: Die Zeit und besonders die Zeit des Wartens ist für das kindlichen Empfinden eine andere Dimension als für den Erwachsenen, der auf die Uhr schaut.







Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Ilo.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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