Von der Kostbarkeit des Wassers ...

Autor*in
ISBN
978-3-946401-09-4
Übersetzer*in
Cazier, Julie
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Desbons, Marie
Seitenanzahl
36
Verlag
Tintentrinker
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Köln
Jahr
2017
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Alle Kinder der Familie müssen das Wasser von weit her ins Dorf holen. Das älteste Mädchen Zahina aber verschüttet zunehmend Tropfen um Tropfen, vergießt anschließend Träne um Träne und spart zum Ausgleich am eigenen Trinken. Unerwartet gibt ihr Ungeschick neue Hoffnung.

Beurteilungstext

Wer in Ostfriesland (zum Beispiel) lebt, versteht die Diskussion um das Wasser - allerdings ganz anders. Hier muss seit Generationen gearbeitet werden, um das sich ansammelnde Wasser in die Weltmeere zu entlassen, damit das Land trocken fallen kann, damit dort also etwas wachsen kann.
Die vorliegende Geschichte berichtet vom Gegenteil. Nicht das Ableiten, sondern das Sammeln von Wasser steht hier im Mittelpunkt. Wir erfahren nicht, wo sich der Brunnen oder das Wasserloch befindet, jedoch ist es offensichtlich weit weg. Der Vater wie die Geschwister von Zahina müssen sich täglich auf den Weg machen, um in den Krügen und Amphoren das Wasser auf dem langen Weg zu transportieren.
Zahina hört wohl die Worte der anderen Menschen unterwegs, sie selbst aber ist stumm, ihr Mund scheint verklebt, da sie selbst so wenig Wasser zu sich nimmt. Ihr Verzicht und das Verschütten ihres Wassers aber erschaffen ziemlich unvermittelt eine neue Welt.

Wellen auf dem Vorsatzpapier, Wellen auf dem Sand, Steinreihen in Form von Wellen - das Thema "Wasser" ist allgegenwärtig. Die kleine Zahina (wie auch die große) spiegeln das Thema in Form von roten Blüten, die wir auf der großen Schleife um den Kopf sehen, als Baby auf ihrer Windel und kurz darauf auf ihrem kurzärmeligen Kleid. So erkennen wir sie sofort in allen Bildern. Die großen Köpfe mit den großen Augen und den schmalen Hälsen sind dagegen alle gleich. Selten gezeigte Jungen tragen Hosen, Mädchen einteilige Kleider, Pflanzen sind so selten wie kleine Lehmhütten mit kegelförmigem Dach in vier oder fünffachen Etagen.
Farbe kommt in die Bilder, wenn wir von dem verschütteten Wasser erfahren. Noch ist Zahina die eigene Imagination wohl näher. Wir sehen ihre großen Augen, deren Iris sie nach oben rechts schickt, knapp an uns vorbei. Und wir sehen - im Gegensatz zu ihr - dass sich letztlich aus ihrem Ungeschick ein farbiger Kosmos entwickelt.

Marie Desbons zeichnet Menschen in gar nicht richtigen Proportionen. Die Köpfe sind viel zu groß, die Hälse zu schmal und zerbrechlich wie die Körper, die Augen toppen diese Disharmonie, die wir allerdings schnell als "normal" annehmen: RIESIG. Die Bilder nutzen nicht nur jeweils eine ganz eigene Seite, sie setzen auch auf der eigenen Textseite kleine Punkte, die nicht immer gleich interpretiert werden können. Da sitzt ein Vogel auf einem toten Ast, sein Körper ist fast parallel zum Astschwung. Den leichten Grüntönen der Federn steht ein kurzer roter, also komplementärer Strich entgegen. Verlorenes Herzblut?

Sowohl die Geschichte als auch die sehr passenden Bilder rütteln auf. Wir verlassen wenigstens für einen Moment die Komfortzone der heimischen Welt und denken an andere Menschen und ihre Lebensbedingungen. Global gedacht, kann auch das etwas ändern - zum Guten selbstverständlich.

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.04.2017