Vom Mann und der Gans

Autor*in
ISBN
978-3-7941-5006-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schmid, Sophie
Seitenanzahl
32
Verlag
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Düsseldorf
Jahr
2004
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Bei "Hans im Glück" kommt nach Gold, Pferd, Kuh und Schwein die Gans direkt vor Stein, dessen Entledigung Hans von einer Last befreit, so dass er glücklich und zufrieden sein kann. Max Kruse beginnt seine Geschichte direkt mit der Gans. Dafür ist seine Frau am Ende wie ein Stein.

Beurteilungstext

In eine merkwürdige und ungewöhnliche Situation stellt uns Max Kruse: Ein Mann nimmt die eine Gans mit nach Hause, was seine Frau wiederum veranlasst, das Haus zu verlassen. Es ist halt nur für eine Platz. Sie räumt den ihren.
Die Gans aber kann oder will den Platz nicht füllen. Ob im Supermarkt oder beim Lesen, ob beim Fernsehen oder beim Frühstücken, Zähneputzen, Straßeüberqueren oder Sitzen im Park: Die Gans sitzt und schweigt. Von Seite zu Seite ist sie geknickter, sinkt ihr schwerer Kopf auf dem dünnen Hals, den bald auch noch ein schweres Halsband in Form eines Ledergürtels drückt. Die merkwürdige rote Blüte an dem langen Stil, die auf ihrem Kopf festgemacht ist, hängt bald traurig nach unten. Das ist nicht ihr Leben.
Der Mann will es nicht bemerken. Sophie Schmid zeichnet ihn selbstbewusst und mehr oder weniger dumm mit erhobenem Kopf, die Nase sticht in die Luft, die Mundwinkel sind immer nach oben gerichtet, meist geschlossen, immer aber naiv fröhlich. Die Katze, die in den Haus-Szenen dabei ist, ist eher verstört, wird aber ansonsten gar nicht wahrgenommen.
Als stete Wiederholung steht: "Die Gans guckte nur." - Ein Satz, den Dreijährige bereits bald beim Vorlesen mitsprechen können - und der als running gag der Frau bei ihrer Rückkehr zugeordnet wird. Männer sind ja so blöd ... Manchmal suchen sie sich eine richtige Gans aus, um ihre Frau zu betrügen. Dabei möchten Gänse viel lieber bei Ihresgleichen sein.
Die Bilder übertreiben. Der Mann in seinem Auto (eine Art 2 CV) ist viel zu groß, die Blume am Kopf der Gans ist von Beginn an lachhaft, karikiert den anfänglichen Stolz des Tiers, auserwählt zu sein. Danach wird sie eher neugierig gezeichnet: Fernseher, aha, Krimi, Froschkönig. Erster Schock: Zähneputzen? Wie geht denn das? Erster Zweifel: Lesen, selbst Zuhören beim Vorlesen - ja, ist das denn meine Welt? Die Gans (die Blüte) lässt zum ersten Mal den Kopf hängen, aber der Mann in seiner Selbstzufriedenheit bemerkt es nicht.
Am nächsten Tag versucht es die Gans noch einmal, aber es wird immer schlimmer für sie. Das ist nicht ihre Welt. Sie flieht zurück in ihre.
Wie wird der Mann den Verlust verschmerzen?
Es gibt gar keinen Schmerz, denn seine Frau ist zurück! "Mit der Gans konnte ich mich nicht richtig unterhalten. Mir dir ist das doch was anderes!" sagt er seiner Frau. Sie aber guckt nur. Dabei steht ihr Zopf hoch in die Luft, geschmückt mit zwei langstieligen Kirschen, während die Tulpe in der Blumenvase wie einst die Blüte der Gans traurig ihren Kopf hängen ließ.
Ein Stück Emanzipation also. (Ist der Mann schlau genug? Wir hoffen es.)

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2010