Vom Elefanten, der wissen wollte, was Liebe ist

Autor*in
van den Berg, Leen
ISBN
978-3-8369-5772-4
Übersetzer*in
Erdorf, Rolf
Ori. Sprache
Niederländischen
Illustrator*in
Vermeire, Kaatje
Seitenanzahl
32
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Hildesheim
Jahr
2014
Lesealter
6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wie in jedem Jahr waren auch jetzt wieder alle Tiere auf den Hügel gestiegen. Den Elefanten beschäftigte eine dringende Frage, die er zögernd an die Versammelten richtete. “ Woher weiß man, dass man jemanden liebt? “ Nun folgen die unterschiedlichsten Antworten, so vielfältig wie die Liebenden selbst. Freue dich auf ein poetisches Bilderbuch über die vielen Facetten der Liebe.

Beurteilungstext

Das Bilderbuch ist einzigartig und besonders, sowohl vom Inhalt als auch von der künstlerischen Bildqualität. Für mich ist es eine Hommage auf die Liebe, für kleine und große Leser. Was wären wir ohne die Liebe? Darüber nachzudenken und sich mit den Facetten auseinanderzusetzen ist unerlässlich und lebenswichtig, egal in welchem Alter. Man merkt den Illustrationen an, dass die Künstlerin Grafik und Design studiert hat und ganz eigene Wege geht. Die Bilder sprechen für sich und wollen nicht nur der momentanen Unterhaltung dienen. Sie haben den Anspruch, dass man in ihnen liest, sich Zeit zum Betrachten und Verstehen nimmt. Während man darüber nachdenkt, was die eigene Antwort auf die Frage des Elefanten sein könnte, und ins Philosophieren und Nachdenken gerät, kann man sich auch in den Darstellungen gedanklich verlieren. Was es da alles zu entdecken gibt! Schon die Ansammlung der Tiere wirkt sehr bizarr. In einer Art Collage überrascht uns die Illustratorin mit ihrer Darstellungsweise. Farben wurden sparsam eingesetzt, aber dafür verschiedene Oberflächen überschraffiert, um dann als Eisbärenfell, Mäusehaut oder Pinguingewand dienlich sein zu können. Diese Technik setzt sie auch bei anderen Seiten wiederholt um. So sind die pastellenen Wachskreideblätter des Apfelbaumes, auf dem es musizierende Ameisen gibt, sehr harmonisch und ansprechend anzusehen. Ebenso haben der Akrobat und die schöne Dame ihre Kleidung mit dieser technischen Vorgehensweise erhalten. Nostalgie und Moderne verschmelzen miteinander. Während die Einen Grübeln und Nachdenken, ihre unterschiedlichsten Antworten geben, die unter die Haut gehen und sehr anrührend sind, steht für die Ameisen nur Arbeiten und Schaffen auf der Tagesordnung. Unermüdlich tragen sie vom Grammophon, über die Badewanne, das Sofa bis zum Einkaufswagen alles mühsam umher. Stets in Eile, keine Zeit zum Nachdenken. Wie eine Parabel. Verhalten sich nicht auch viele Menschen wie die Ameise? Rennen wir nicht oft falschen Idealen hinterher? Bemerken wir oftmals Liebenswertes und Liebenswürdigkeiten, liebe Menschen um uns herum? Wie fühlt sich bei uns Verliebtsein an und lassen wir diesem Gefühl in uns und unserem Partner gegenüber noch den nötigen Freiraum? Die Ameise, die vorwärts kommen muss im Leben und heute dazu eine Chance bekam, indem sie auf der Versammlung Wortführer sein durfte, war darüber hocherfreut. Sie hatte sich eigens dafür eine Brille gekauft, denn eine Brille auf der Nase hilft, wenn man will, dass alle auf einen hören. Aber ungeduldig und strebsam und von innerer Hetze und Zeitnot getrieben, mahnt sie wiederholt die Anwesenden in schroffer und gefühlskalter Art, sich zu beeilen. Den armen Dickhäuter, der nur zögerlich seine Herzensangelegenheit hervorbringen kann, möchte man doch am liebsten umarmen und Mut zusprechen. “ Woher weiß man, dass man jemanden liebt? “, fragt der Elefant. Es folgen wunderbare Äußerungen verschiedener Tiere, die Poesie in Wort und Bild in uns hervorrufen. Einzigartig und toll! Und weil Verliebte das Leben um sich herum und den Partner oftmals wie durch eine rosarote Brille wahrnehmen, so sagt man, hat die Künstlerin auch diese Seiten in Rosatönen farblich wiedergegeben. Die kleine Maus fühlte sich beim ersten Anblick ihrer Geliebten stark wie ein Elefant; das Schneewittchen vergisst über einen Kuss ihres geliebten Prinzen allen Verdruss durch die böse Stiefmutter. Dem Stein wird es warm, wenn seine Liebste neben ihm liegt; beide Wolken treiben in die gleiche Richtung, auch wenn sie sich zuvor noch angebrüllt und miteinander gewettert hatten. Ja, Liebe und Verliebtsein lösen die sonderbarsten Gefühle aus. Bei jedem fühlt es sich anders, aber unbeschreiblich schön und erstrebenswert an. Die Träumereien und Ausführungen werden von der geschäftigen Ameise immer wieder jäh unterbrochen, das Wichtigste von ihr im Notizbuch festgehalten. Aber den Sinn des Ganzen hat sie leider nicht verstanden. Dass Liebende ohne einander nicht sein können und für den Liebsten sogar sterben würden, dass sie sich stärken und auch noch über den Tod hinaus verbunden fühlen, sich sogar Gedichte vorlesen, Lieblingsorte aufsuchen und Ewigkeiten miteinander schweigen können, das sind Aussagen, die sie als Unsinn abwertet. Während der Elefant über diese vielen Facetten der Liebe aufgeklärt ist und sich nun sicher ist, kann er gar nicht schnell genug den Hügel hinab rennen. Wohin? Wir haben da so eine Ahnung. Es folgt ihm eine bunte Scharr turtelnder Pärchen, von Straußen, Eisbären, Pinguinen, bis zu Kamelen und Liebespärchen auf einem Tandem , sogar küssenden Delphinen, ist alles vertreten. Die emsigen Ameisen schieben einen herzgefüllten Einkaufswagen vor sich her. Aber innerlich ? Dunkelheit und Leere macht sich breit. Keine Zeit zum Verlieben und Genießen, für nichts und niemanden. Und da fragt sich das arme Tier noch, warum sie sich so allein fühlte. Diese letzte Seite erhält ihre psychologische Vertiefung auch noch durch die Farbwiedergebung in Schwarz und Grautönen. Aber der Lichtstrahl des Leuchtturmes und der einzelnen Sterne, sowie die BRILLE und der Panzerrücken einer Schildkröte (ihnen schreibt man ja auch Ruhe und Weisheit zu), auf der die Ameise sitzt, sind für mich Hoffnungszeichen. Noch ist es nicht zu spät und vielleicht gelangt die Ameise noch zu innerer Erkenntnis.
Danke für diese Lektüre, die in keinem Haushalt fehlen sollte! Dieses Buch nimmt man garantiert immer wieder gerne zur Hand und wird Neues entdecken, Träumen, Philosophieren, Danken und Hoffen.

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Diese Rezension wurde verfasst von SW.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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