UNTERLAND

Schlagwörter

• Familie
• Historisches
• Krieg

Teaser

Eine Geschichte darüber, wie es der 12-jährigen Alice und ihrer Familie in Hamburg erging, nachdem sie 1945 auf Helgoland ausgebombt worden waren

Beurteilungstext

Bei einem Fliegerangriff im 2. Weltkrieg verliert Alice als Kind ihren linken Unterschenkel und läuft fortan mit Krücken und einer versteckten Beinprothese. Nachdem Helgoland, die Insel auf der sie wohnten, im April 1945 bombardiert wird, kommen sie in Hamburg im Haus von Frau Kindler unter. Zu viert (Alice (12), ihr Bruder Henry (13), die Mutter und die Oma) teilen sie sich dort ein Zimmer. Viele andere Menschen leben in der Villa und versuchen auf die unterschiedlichste Art und Weise, ihr Leben bzw Überleben zu sichern. In der Schule wird Alice gehänselt: Zum einen, weil sie aus Helgoland kommt, zum anderen, weil sie an Krücken geht. Als der fast gleichaltrige Wim mit seiner Mutter auch in die Villa Kindler einzieht, freundet sich Alice sofort mit ihm an. Wim ist patent und nimmt Alice mit auf den Schwarzmarkt und zu Hamsterfahrten ins Alte Land. Da Hamburg in der britischen Besatzungszone liegt, findet Alice' Mutter eine Anstellung als Haushaltshilfe bei einem englischen Offizier. Nach und nach hat man den Eindruck, dass das Leben wieder bergauf geht. Aber immer noch sind da Spuren aus der Vergangenheit, die einen immer wieder einholen. Wie auch in anderen Büchern von Anne Verhoeve hat sie zu einem Thema aus dem 3. Reich exakt recherchiert und verarbeitet in ihrem Buch "Unterland" die Rolle Helgolands zum Ende des 2. Weltkriegs. Vieles davon wusste man zuvor nicht, wenn man nicht vorher damit zu tun hatte. So ist das Buch informativ. Verhoeves Schreibstil ist gewohnt mitreißend und die 434 Seiten ziehen den Leser schnell in ihren Bann. Man leidet und lebt mit den Hauptfiguren der Geschichte mit. Allerdings wird historisches Grundwissen über den 2. Weltkrieg im Allgemeinen, über KZs oder Besatzungszonen vorausgesetzt, weswegen ich ein Lesealter ab 15 empfehlen würde. Sowohl das Umschlagbild des Buches als auch der Titel sprechen mich jedoch wenig an: Das Bild, das sicherlich die beiden Geschwister als Hauptpersonen zeigt, wie sie die Zerstörung Helgolands beobachten, wirkt auf mich kitschig und altertümlich. Der Titel ("Unterland") bezieht sich wohl auf den Teil Helgolands, auf dem Alice' Familie früher gewohnt hat, der aber sonst in keinem Bezug zu der erzählten Geschichte steht. Das letzte Viertel des Buches schweift meiner Meinung nach zu sehr von dem Helgoland-Erzählstrang ab, indem Wim und seine tragische Familiengeschichte zu sehr im Vordergrund stehen. Zwar nimmt die Geschichte an Spannung zu, aber es bleibt ein unbefriedigendes Gefühl beim Leser zurück. Trotzdem ein empfehlenswertes Buch.