Tuvalu

Autor*in
Phillipps, Carolin
ISBN
978-3-7641-7109-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
150
Verlag
Ueberreuter
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Berlin
Jahr
2021
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiKlassenlektüre
Preis
12,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wie ist es auf einer kleinen, bäuerlichen Insel im Pazifik zu leben? Von was leben die Menschen und wie leben sie? Gehen die Kinder zur Schule? Fragen, die die Bewohner momentan selbst kaum beantworten können. Folgen der Globalisierung und Klimaveränderung zeigen sich hier – von Deutschland aus betrachtet: am hintersten Winkel der Welt – deutlicher als anderswo.

Beurteilungstext

Tahnee ist 15 Jahre alt. Sie lebt auf einer südpazifischen Inselgruppe. Mal unterstützt sie ihre Mutter durch die Betreuung ihrer Geschwister, mal hilft sie der Großmutter bei naturmedizinischen Behandlungen oder der Ernte von Kokosnüssen. Sie kümmert sich um eine Anpflanzung von Mangroven, aber besucht auch eine Internatsschule auf einer Nachbarinsel. In Form einer Novelle wird so, über einen Zeitraum von mehreren Tagen, ein Bild des Alltagslebens im Inselreich aus Perspektive einer Teenagerin vor Augen geführt.
Es ist zunächst ein fremdes Leben, in einem anderen Staat, in einer anderen Gesellschaft und in einer deutschen Lesern und Leserinnen unvertrauten Natur. Dieses Leben ist von überlieferten Traditionen, Mythen und Göttern geprägt. Doch nichts ist mehr wie es einst war. Die Welt von Tahnee verändert sich. Es sind plötzliche Änderungen, wie die immer häufiger erscheinenden Monsterwellen, die das Inselreich unwirtlich machen. Daneben gibt es mittel- und langfristige Entwicklungen, die Einfluss auf das scheinbar behütete Leben in der Inselenklave genommen haben.
Am Beispiel eines Kleinstaates, einer Familie und einer Teenagerin bebildert die Novelle die Bedeutung des Wortes "Anthropozän". Damit wird der jetzige Zeitabschnitt der Erdgeschichte beschrieben. Diese Erdzeitalter sind in der Regel durch relativ gleichförmige Umweltbedingungen gekennzeichnet. Während zuvor planetare Veränderungen neue Zeitalter schuffen, ist in der Gegenwart der Mensch die Kraft der Veränderung. Das beginnt bereits bei den Urzeitjägern, die in großen Gruppen weite Flächen systematisch bejagen. Im Südpazifik ist es die menschliche Besiedlung, die Land- und Wassermassen umgestaltet. Die hier erzählte Inselwelt zeigt die Folgen einer von Menschen dominierten Erde.
Während aber die ersten Inselbewohner durch ihre Lebensweise eine hohe pflanzliche und tierische Artenvielfalt ermöglichten, ändert die gegenwärtige Dynamik das radikal. Der Lebensraum Südpazifik wird für alle eng, sogar lebensgefährlich. Wer sich nicht anpasst, der verliert das Leben. Wer sich anpasst, wird sein Leben nicht mehr wiedererkennen.
Die Erzählung bietet so die Möglichkeit verschiedene Facetten der großen uns alle betreffenden Änderungen – Globalisierung oder Klimawandel – in den Blick zu nehmen; Veränderungen, die sonst nur Namen bleiben. Dadurch regt sie an, diese Facetten auch im europäischen Kontext neu zu entdecken. Wann kam es auf unseren Kontinent zu Landfluchten? Wodurch wurden sie ausgelöst? Des Weiteren sind wir ebenso wie der Südpazifik von Hochwasser bedroht, nur mit dem Unterschied, dass die Veränderungen bisher immer nur wenige betreffen und ausgeglichen werden können. Gleichzeitig ist interessant und diskussionswürdig, wie die Leser und Leserinnen sich angesichts der Veränderungen und ihren Auswirkungen verhalten sollen.
Die Erzählung ist jedoch mehr als gesellschaftspolitisch aktuell. Fokussiert auf eine 15-jährige lässt sich hier ein entwicklungspsychologisches Thema finden. Die Ereignisse fallen in einen Lebensabschnitt, in dem junge Menschen den Wechsel von einer stabilen Kinderwelt in eine dynamische Erwachsenwelt vollziehen. In einem Moment ist alles Schwarz und Weiß. Kurze Zeit später gibt es plötzlich überall Grautöne.
Die jugendlichen Leser und Leserinnen sitzen metaphorisch im gleichen Boot wie die Hauptfigur. Dadurch ergeben sich viele Anknüpfungspunkte, aber vielleicht auch Fragezeichen, weil es aktuelle Themen sind. Möchten sie vielleicht doch lieber von der Südsee träumen?

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Thomas Bitterlich; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 05.06.2022

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