Träume, die auf Reisen führen - Gedichte für Kinder

Autor*in
Kaleko, Mascha
ISBN
978-3-423-64027-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Müller, Hildegard
Seitenanzahl
176
Verlag
dtv
Gattung
Buch (gebunden)Lyrik
Ort
München
Jahr
2016
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Mascha Kaléko - die Mary Poppins der Kinderpoesie.

Beurteilungstext

„Sie dichtete ihr Leben und lebte ihre Dichtung.“ Das schrieb Marcel Reich-Ranicki einst über Mascha Kalékos Lyrik in der FAZ.

Mascha Kaléko – allein ihr Name ist schon reinste Poesie.

Sie zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Dichterinnen des 20. Jahrhunderts und wurde oft mit Erich Kästner, Kurt Tucholsky und Joachim Ringelnatz gleichgestellt. Und dennoch muss sie immer wieder aus der Vergessenheit ausgegraben werden. Auch ich kannte Kaléko zunächst nicht. Und mit Lyrik tue ich mich im Allgemeinen eher schwer – trotzdem griff ich zu diesem Buch und ich bin dtv sehr dankbar, dass sie ihre Kindergedichte in diesem kleinen Büchlein gesammelt haben. Nicht nur, weil sie ein herrlich kribbelndes Lese-Feuerwerk bereiten, sondern auch, weil sie mir Kaléko und deutsche Lyrik näher gebracht haben.

Was macht Kaléko also aus? Wie kann man ihre Kindergedichte am besten in Worten festhalten? Ihnen gerecht werden?

Kalékos große Stärke ist die einfache Sprache, mit der sie aus dem Alltag schreibt, Gesehenes und Gehörtes schildert, sich Gedanken macht, ohne dabei plump zu sein. Dabei erschafft sie eine sehr zarte Bildsprache, die gleichzeitig so wunderbar rhythmisch ist, dass man ihre Texte einfach laut vorlesen muss. Die vorliegenden Kindergedichte zeugen von Leichtigkeit, Witz, Charme, aber auch Ironie, Klugheit und Nachdenklichkeit. Sie will nicht erziehen oder belehren, sondern einladen und an die Hand nehmen. Ein bisschen so, wie Mary Poppins, die mit viel Fantasie und Spaß den Kindern die Welt näher bringt. Auch Kaléko ist sehr unterhaltsam. Es ist schwer, nicht zu schmunzeln, wenn da die Rede von der Raupe ist, die „wenngleich verborgen, bereits der Schmetterling von morgen“ oder die Schnecke, die „als kühler Realist“ nie „aus dem Häuschen“ ist. Der Esel wird als „ewiger I-A-Sager“ bezichtigt. Sein „Sprachschatz zählt nur zwei Vokale, drum ist sein Anfang sein Finale“.

Hier und da stolpern wir mal über – zumindest für Kinder - ungewohntes Vokabular: neurotisch-schizoid, Novize, Terzett, Plumeau, Kandelaber, dicht gefolgt von Eigenkreationen, wie Insektopath, Tugendmoppel oder Sauregurkenhund. Wir lernen, dass man das englische Wort für Schule wie „skuhl“ ausspricht und was ein umbrella ist. Wir erfahren, wie man ein Omelette zubereitet und was „Muttis schnell zum Kochen bringt“. Der berühmte Christopher Kolumbus schippert in vier Zeilen vorbei, der „Tante Erika aus Amerika“ sind ganze drei Seiten gewidmet. So reihen sich allerlei Tierreime, Gutenachtreime, Quatschreime, Reime über das Essen und Trinken, über Jahreszeiten, Wetterlagen, Familien, Freunde und ferne Länder aneinander wie Perlen einer Kette. Wer spezielle Vorlieben hat, kann sich an den Kapiteln orientieren, die nach diesen Themen geordnet sind. Oder man wirft einen Blick in das Register am Ende des Buches.

In diesem heiteren Milieu gesellen sich die Illustrationen von Hildegard Müller dazu. Zusammen mit den Gedichten bilden sie eine Einheit, sind leichtfüßig und charmant, wie auch die Gedichte selbst. Besonders schön: die Illustrationen sind einheitlich in Schwarz-Weiß-Rot gehalten. Das wirkt sehr stimmig, aber auch sehr feminin und zart. Müllers Illustrationen sind keine ausladenden Bildlandschaften, in denen man immer wieder Neues entdeckt, sondern eher kurzweilige, skizzenhafte Darstellungen der Reime. Dabei bleiben sie stets auf Augenhöhe mit dem Text, betonen und schmücken Kalékos Erzählungen, gehen aber nicht über das Gereimte hinaus. Das brauchen sie auch nicht. Die Dichtkunst und –lust von Mascha Kaléko soll schließlich im Vordergrund stehen. Auch bei der Typografie wurde nicht unnötig experimentiert. Die Schrift ist gut lesbar, schnörkellos und entsprechend nüchtern zu Papier gebracht. Es gibt keine Spielereien mit Satzbild, Interpunktionen oder einzeln hervorgehobenen Wörtern.

Ein rundum gelungenes Buch, dessen Ausstattung und Illustrationen Kalékos Traumwelten wunderbar ergänzen. Als Liebhaberstück oder als Geschenkbuch für Erwachsene kann ich es uneingeschränkt empfehlen. Eine richtige „Kinderausgabe“ ist es für mich nicht. Dafür ist das Buchformat zu klein, der Illustrationsstil zu erwachsen und das Farbspektrum der Illustrationen zu eng gehalten. Trotzdem hoffe ich, dass vielen Kindern daraus vorgelesen wird und inspiriert werden, sich spielerisch an die deutsche Sprache heranzutasten. Ich wünsche Mascha Kaléko viele neue Leser und möchte mit einem meiner Lieblingsgedichte aus dem Buch schließen. Es heißt Der Mann im Mond und hat zum Titel des Buches beigetragen:

Der Mann im Mond hängt bunte Träume,
die seine Mondfrau spinnt aus Licht,
allnächtlich in die Abendbäume,
mit einem Lächeln im Gesicht.

Da gibt es gelbe, rote, grüne
und Träume ganz in Himmelblau.
Mit Gold durchwirkte, zarte, kühne,
für Bub und Mädel, Mann und Frau.

Auch Träume, die auf Reisen führen
in Fernen, abenteuerlich.
- Da hängen Sie an Silberschnüren!
Und einer davon ist für dich.

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Diese Rezension wurde verfasst von gre; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 19.12.2016

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