Törtel, die Schildkröte aus dem McGrün

Autor*in
Freund, Wieland
ISBN
978-3-407-79963-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Meyer, Kerstin
Seitenanzahl
184
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2009
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Törtel, eine Schildkröte aus einem Baumarkt, gelangt auf Umwegen in eine Laube einer Schrebergärtenkolonie, wo verschiedene Wildtiere zusammenleben. Hier lernt Törtel Freundschaft und Freiheit kennen. Als die Wildtiere von den Menschen verdächtigt werden, für Einbrüche in Lauben verantwortlich zu sein, schafft es Törtel, seine neuen Freunde zu überzeugen mit den "verfeindeten" Haustieren zusammen zu arbeiten. Gemeinsam können sie die "menschlichen" Diebe überführen und ihre Unschuld beweisen.

Beurteilungstext

Törtel, eine verwöhnte Schildkröte, erfährt, was Leben wirklich bedeutet. Zunächst wird er von King Kurt gekauft, der bald das Interesse an der Schildkröte verliert. Nun lebt er für kurze Zeit sich selbst überlassen und isoliert in der Badewanne. Als King Kurt ihn eines Nachts aus dem Auto wirft (Törtel wird buchstäblich ins Leben geworfen), liegt Törtel hilflos auf dem Rücken und weiß nicht weiter. Nun hilft der Schildkröte ein bewehrtes Ritual: Er zählt langsam 1-2-3…. Dies tut Törtel immer, wenn er Angst hat. Es beruhigt ihn und gibt Sicherheit. Eine Füchsin wird neugierig und nähert sich ihm. Er überwindet seine Angst und findet in Wendy eine neue Freundin, die ihn bei sich aufnimmt. In ihrer Laube leben noch mehr Wildtiere. Alle Wildtiere der Kolonie haben sich zusammen getan und treffen sich regelmäßig. Bei einem solchen Treffen bringt der Autor einen von vielen Aspekten zum Nachdenken ein: Die Tiere überlegen, ob Törtel ein einheimisches Tier ist oder gar ein Ausländer. Sollen sie ihn aufnehmen? Bald wird den Tieren klar, dass es sinnlos ist, Tiere (oder für den Leser Menschen) in Kategorien wie "heimisch" oder "zugewandert" einzuteilen. Sie nehmen Törtel auf. Neben den regelmäßigen Versammlungen begehen die Tiere gemeinsam den Tonnentag. Hier schaffen sie es nur gemeinsam die Mülltonnen umzustoßen, um deren Inhalt nach Essbaren zu durchsuchen. Gerade bei den Zusammentreffen werden die unterschiedlichen liebevollen Charakter der Wildtiere deutlich. Der Autor gibt den Tieren nicht nur passende Namen (im späteren Verlauf erwähnt er nicht mehr den Tiernamen, sondern nur noch den Rufnamen der Tiere, was eine Identifikation mit den Tieren erfordert), sondern versieht sie alle mit individuellen Charakterzügen. Hier findet der Leser sich in irgendeinem der Tiere wieder. An einem Tonnentag geht vieles schief. Zunächst hat Törtel mit seiner Langsamkeit zu tun. Immer ist er der letzte. Seine Freunde nehmen unterschiedlich Rücksicht. Dann gibt es Ärger mit dem Rentner Lüttkewitz, der die Wildtiere schon lange im Visier hat. Der von allen als Anführer tolerierte Keiler Grrmpf beißt den Rentner ins Bein. Als dieser ihn mit Pfefferspray attackiert, gelingt Grrmpf nur mit der Hilfe von Törtel die Flucht. Törtels Tat verschafft ihm allgemeine Anerkennung. Der Keiler dagegen verzieht sich verschämt und schwört dem Rentner Rache. Dieser rüstet sich seinerseits auch und hetzt die Presse sowie die Anwohner auf. Da kommt es nur Recht, dass in dieser Tonnennacht ein Einbruch verübt wurde. Das konnten nur die Wildtiere sein. Voller Angst und Verzweiflung und ohne mächtige Führung, Grrmpf hat sich zum eigenen Rachezug zurückgezogen, wissen die Tiere nicht Recht was sie tun sollen. Hier rückt ein weiterer Aspekt in den Mittelpunkt: Törtel schafft es zunächst die Wildtiere, dann die Haustiere der Kolonie zur Zusammenarbeit zu überzeugen. Hier erfolgt eine Wiedervereinigung der Wild- mit den Haustieren. Schon fast politisch können viele Zeilen in diesem Erzählteil gelesen werden. Es wird von "denen da drüben" und "rübermachen" gesprochen. Dem jungen Leser werden diese politischen Analogien nicht auffallen, dem erwachsenen Vorleser werden diese Zeilen Spaß machen.

Der Autor hat es geschafft mit einem witzigen Erzählstil durchaus tiefgründige Themen anzuschneiden, ohne dabei den "moralischen Zeigefinger" zu heben. Dass die Geschichte von einer ängstlichen, langsamen und kleinen Schildkröte erzählt wird, macht vor allem für die jungen Leser eine Identifikation leichter. Törtel wächst mit der Geschichte und wird vom "Anti"-Helden zum Helden. Da das Buch vielfältige Schmunzelanlässe bietet, wird es als Vorlesebuch großen Spaß machen. Erwachsene werden an anderen Stellen lachen, aber die Geschichte wird gemeinsam erlebt.
Aber auch zum Selbstlesen ist das Buch für die vom Verlag empfohlen Altersgruppe geeignet. Auch ältere Kinder wird das wunderschön farbig illustrierte Buch ansprechen. Eine klare, große Serifenschrift und klar unterteilte, kurze Kapitel erleichtern das Lesen. Jedes Kapitel besitzt zur besseren Übersicht kurze, den Inhalt betreffende Schlagzeilen. So weiß auch ein ungeübterer Leser, was folgen wird.

Da in diesem Buch Spaß, Spannung und Aspekte, die zum Nachdenken und "Drüberreden" verbunden werden, kann es gut im Unterricht eingebracht werden. Aufgrund des Umfanges wird sich das Buch weniger als Klassenlektüre eignen. Eine schöne Alternative stellt das dialogische Vorlesen (mit aktiver Auseinandersetzung) dar.

Ein tolles Buch, humorvoll, spannend und mit der Aufforderung zur Toleranz.

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Diese Rezension wurde verfasst von MBD.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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