Tödliche Spiele

Autor*in
Collins, Suzanne
ISBN
978-3-8415-0134-9
Übersetzer*in
Hachmeister, SylkeKlöss, Peter
Ori. Sprache
Amerikanischen
Illustrator*in
Seitenanzahl
416
Verlag
Gattung
Fantastik
Ort
Hamburg
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die sechzehnjährige Katniss sorgt seit dem Tod des Vaters für den Lebensunterhalt ihrer kleineren Schwester Prim und ihrer Mutter, indem sie außerhalb des Distriktzauns im Wald jagt und die Beute auf dem Schwarzmarkt verkauft. Jedes Jahr müssen die Distrikte zwei Tribute für die Hungerspiele stellen. Als das Los auf Prim fällt, meldet sich Katniss sofort freiwillig. Das zweite Los fällt auf Peeta, den Sohn des Bäckers. Der Kampf um Leben und Tod beginnt, denn nur einer geht als Sieger hervor.

Beurteilungstext

Im ersten Kapitel erfährt man von der Not, in der die Menschen im 12. Distrikt, in dem Kohle gefördert wird, leben. Aber das gemeinsame Elend, das ein Ergebnis der Willkür der Herrschenden im Kapitol von Panem ist, schafft Solidarität unter den Menschen, jeder weiß von den Unregelmäßigkeiten der Nachbarn, vom verbotenen Jagen im Distrikt außerhalb des Waldes, vom Schwarzhandel auf dem Hob. Die Friedenswächter drücken ein Auge zu, wenn sie sich eigene Vorteile verschaffen können oder weil sie Verständnis für das Handeln der Armen haben.
Katniss, die Protagonistin der Triologie, ist eine Jägerin, flink, impulsiv, aber gleichzeitig aufmerksam und verantwortungsvoll gegenüber denen, für die sie sorgt. Dazu gehören ihre Schwester Prim und ihre Mutter, die nach einer tiefen Depression über den Tod ihres Mannes endlich wieder zu ihrer Bestimmung als Heilerin zurückgefunden hat, sowie Gale, ihr Jugendfreund und Jagdgefährte, und dessen Familie. In Anlehnung an die antike Theseussage gibt es auch in Panem die Forderung von höchster Stelle, dass die - ehemals 13, nun nur noch - 12 Distrikte als Wiedergutmachung für eine lange zurückliegende Rebellion je zwei Tribute stellen müssen. Ab dem 12. Lebensjahr wird von jedem Jugendlichen ein Los mit seinem Namen in die ‚Ernte-Trommel' geworfen, jedes Jahr wird es ein Los mehr, bis der Jugendliche 18 Jahre alt ist. Die armen Menschen tauschen ihren Namen gegen Lebensmittel ein, so dass in jedem Jahr mehrere Lose von ihnen in der Trommel landen und die Gefahr wächst, dass sie für die Spiele ausgewählt werden. Damit die Macht des Kapitols und seines Präsidenten landesweit präsent ist, werden die Auslosungen aller Distrikte aufgenommen und anschließend ausgestrahlt. Der Prozess der Ernte erinnert an das Zusammentreiben und Sondieren von Schafen nach dem Weideabtrieb, doch die jungen Menschen kommen ja nicht in den Stall, sondern ihnen droht der Tod - aber keiner kann entrinnen und wird in dieser Form überwacht. Obwohl von Katniss Everdeen 20 Lose in der Trommel zu den 74. Hungerspielen liegen, wird der Name ihrer Schwester Prim gezogen. Ohne zu Zögern meldet sich Katniss freiwillig - nur sie hat eine Chance zu überleben im Kampf mit 23 Mitstreitern, die zarte Prim nicht. Der zweite Kandidat des Bezirks ist Peeta Malek, Sohn des Bäckers aus dem Saum. Dort verbrachte auch Katniss' Mutter ihre Kindheit und war - wie sich später herausstellt, eng mit dem Bäcker befreundet, entschied sich letztendlich für Katniss' Vater und nahm den sozialen Abstieg für die Erfüllung ihrer Liebe in Kauf.
Katniss ist von der Wahl ihres Partners wenig begeistert, da er sie und ihre Familie vor 5 Jahren mit zwei absichtlich verbrannten Brotlaiben vor dem Verhungern bewahrt hatte. Jemanden töten zu müssen, dem man sein Leben schuldet, dies verträgt sich nicht mit Katniss' Ehrverständnis. Aber es kommt noch schlimmer: Nachdem beide Kandidaten von ihrem Mentor Haymitch gebrieft, von den Vorbereitungsteams und den Trainern sowohl optisch als auch überlebenstechnisch bestens vorbereitetet worden sind, müssen sich alle Teams dem öffentlichen Interview des nationalen Moderators stellen. Hier outet Peeta seine langjährige Liebe zu Katniss' - so dass sie fortan als ‚Liebespaar' in der Arena betrachtet und per Kamera von den Zuschauern verfolgt werden. Als das blutige Debakel in der Arena beginnt, zeigen sich die unterschiedlichen Charaktere der beiden Tribute aus Distrikt 12: Katniss überwindet ihre Gegner zunächst als Einzelkämpferin und dank ihrer Jagderfahrungen, Peeta verbündet sich mit starken und überlegenen Tributen und wählt damit den strategischen Weg. Auf diese Weise will er die Gefahren für Katniss verringern. Doch er unterschätzt seine Gegner und wird bald darauf schwer verwundet. Um die Vorräte der Überlegenen zu vernichten, verbünden sich Katniss und Rue, das kleine Mädchen aus Distrikt 11, das sie an ihre Schwester Prim erinnert. Doch den beiden ist kein langer gemeinsamer Weg vergönnt. Als Rue von einer gegnerischen Speerspitze durchbohrt wird, tötet Katniss zwar den Gegner, kann aber Rues Leben nicht retten. Unter Lebensgefahr begleitet sie singend das Mädchen in den Tod und bedeckt anschließend dessen Leiche mit Blumen.
Die Spielemacher geben eine Regeländerung bekannt: Nicht einer wird als Sieger hervorgehen, sondern beide Vertreter eines Distrikts. Katniss begibt sich auf die Suche nach Peeta - offen bleibt, ob Liebe, Fürsorge oder der Wunsch nach Sieg die Motivation darstellt. Der Kampf ums Überleben bringt beide an die Grenze des Möglichen, zeigt ihnen beide ihre Abhängigkeit und Verbundenheit mit- und voneinander. Das Publikum ist von der Echtheit ihrer Liebe überzeugt - der Leser nicht. In einem dramatischen Finale zeigen Peeta und Katniss, dass sie jeder für den anderen sein Leben opfern würde, und gehen als Sieger aus der letzten Schlacht hervor. Die Spielemacher nehmen die Regeländerung wieder zurück - es darf doch nur einen Überlebenden geben. In Katniss reift ein teuflischer Plan - wie weit werden die Zuschauer, die Mitglieder des Kapitols gehen mit ihrem Morden gehen? Was würde passieren, wenn es keinen Sieger gäbe? Mit einer großen Geste demonstriert das ‚Liebespaar' seine Bereitschaft, lieber Selbstmord zu verüben als den Partner zu töten. Der Plan geht auf - Katniss und Peeta werden zu Siegern ernannt.
Gezeichnet von den erlebten Greueltaten fahren sie nach Hause, Peeta schwer verletzt am Bein, Katniss geplagt von der Unsicherheit, wie sie sich Peeta und Gale gegenüber verhalten soll. Als sie ersterem ihre Liebe zu Gale gesteht und das Miteinander als ‚reine Berechnung' zum Überleben entlarvt, bricht für Peeta die Brücke des Vertrauens zusammen. Katniss spürt, dass sie mit ihrer Ehrlichkeit zu weit gegangen ist.
Viele Elemente des Werkes erinnern an antike Vorlagen, das Motiv der Kindertribute aus der griechischen Mythologe, das der ‚Brot und Spiele' aus der römischen Geschichte. Sie werden vermischt mit dem seit Orwells Roman ‚1984' immer wieder aufgegriffenen Motiv des Überwachungsstaates - inzwischen vielfach als ‚nicht fiktional' entlarvt und bestätigt. Während der Leser viele Details über Katniss, deren Familie, Gedanken, Emotionen, Selbstzweifel erfährt, was durch die Ich-Perspektive nahe liegt, reduziert sich das Bild Peetas eher auf die Außensicht durch Katniss, die nicht frei von Vorurteilen ist. Erst allmählich wird klar, dass er sich völlig aufgibt, um Katniss zu retten, weil sie schon früh zu seinem Lebensmittelpunkt geworden ist, ohne dass er dies kommuniziert hat. Auch die anderen Tribute bleiben, von Rue abgesehen, auf wenige Details beschränkt, dass auch sie Emotionen haben, Familien, die auf sie warten, bleibt ausgespart. Insofern reduziert sich die Darstellung, die zwar spannend geschrieben ist und den Leser unweigerlich in ihren Bann zieht, auf das Ausschalten der Gegner. Katniss gelingt es nicht - und damit ist dies auch nicht dem Leser vergönnt - ihre Überheblichkeit und ihren Trotz gegen das System abzulegen. Letzteres wird im ersten Band zunächst angelegt und gewinnt im zweiten die notwendige Dynamik. Dies gilt auch für das Motiv des Spotttölpels, den Katniss von ihrer Freundin Madge, der Tochter des Bürgermeisters und Nichte der vor vielen Jahren in der Arena gestorbenen Freundin von Katniss' Mutter, als Brosche und Glücksbringer geschenkt bekommt. Dieser Vogel, natürlicher Rebell gegenüber dem Panem-System, bildet gleichzeitig die Basis für die enge Beziehung zwischen Katniss und Rue, denn seinen Ruf benutzen die beiden als Signalzeichen füreinander.
Das Buch ist spannend geschrieben, fesselt seine Leser in der Erwartung des Triologie-Ausgangs, stößt gleichzeitig ab durch die brutale Darstellung der Hungerspiele und der Reduktion der Gegner auf berechnende und blutgierige Monster. Die hohe Auflagenzahl und die inzwischen abgeschlossene Verfilmung aller drei Teile beweisen, dass es der Autorin gelungen ist, die Spannung der Erzählung über drei Bände hinweg zu halten. Ob jedem Leser bewusst ist, dass der Plot der Geschichte gleichzeitig als Spiegel für das menschliche Denken und Handeln gesehen werden kann, mag als Frage offen bleiben. In Bezug auf Sensationsgier, auf die Lust, andere leiden zu sehen, auf die Ausübung von Macht und die Manipulation der Menge hat die menschliche Evolution wenige Veränderungen erreicht.
Um die Botschaft des Werkes zu verstehen, sollte dem Leser die Möglichkeit gegeben werden, alle drei Bände zu lesen. Daher eignet es sich gut als Baustein einer Bibliothek, aufgrund des Umfangs selbst der Einzelbände wäre der Einsatz im Unterricht zu überdenken.

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Diese Rezension wurde verfasst von magic.
Veröffentlicht am 01.10.2015

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