Tina Tannenbaum verliert ihre Wurzeln

Autor*in
Weibel, Franca
ISBN
978-3-86321-559-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Tamini, Lena
Seitenanzahl
52
Verlag
Mabuse
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2021
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiVorlesenFreizeitlektüre
Preis
21,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Tanne Tina erlebt in ihrer Kindheit durch einen Sturm eine schmerzvolle Entwurzelung. Ein Förster pflanzt sie behutsam wieder ein und Tina wirkt äußerlich, als sei alles wieder in Ordnung. Erst viel später, als sie selbst Mama ist, wird deutlich, dass etwas nicht stimmt. In einem Unwetter kann sie ihren Kindern keinen Schutz bieten, so wie es die anderen Tannen tun. Zu sehr ist sie damit beschäftigt, den Halt nicht zu verlieren. Da kommt dem Förster eine Idee, wie er Tina und ihren völlig aufgelösten Tannenkindern helfen kann …

Beurteilungstext

Das Bilderbuch „Tina Tannenbaum verliert ihre Wurzeln“ ist ein „Kinderfachbuch über Eltern in einer psychischen Krise“. Als solches bedarf es beim erstmaligen Lesen bzw. Anschauen unbedingt der Begleitung eines Erwachsenen. Die Zweiteilung des Buches in einen Bilderbuchteil und einen Fachteil macht es möglich, dass auch erwachsene Angehörige und Betroffene hilfreiche Hintergrundinformationen zum Umgang mit psychischen Erkrankungen in einer Familie erhalten.

Der Facharzt für Kinder-und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Daniel Busch greift in dem Fachteil das Kernthema des Bilderbuches auf: die geschwächte Mutter(tanne), die „ihre Kinder nicht richtig vor den Herausforderungen des Lebens schützen kann.“ Einfühlsam beleuchtet er die Auswirkungen einer psychischen Erkrankung eines Elternteils auf die emotionale Entwicklung des Kindes. Er zeigt Wege auf, die beschritten werden können, um Hilfe zu erhalten, auch wenn es aufgrund der individuellen Unterschiedlichkeit der Betroffenen keine pauschalen Handlungsempfehlungen geben kann.

Im Bilderbuchteil des Hardcoverbuches dominieren die farbigen, meist ganz- oder doppelseitigen Zeichnungen der personifizierten Tannen. Alle haben Gesichter, an denen man sofort ihren Gemütszustand erkennt. Die „Tannenbabys“ haben sogar Schnuller in ihren Baumstammmündchen! Es gibt verschiedene Waldtiere auf den Bildern zu bestaunen, was dem kindlichen Betrachter sicher Freude bereiten dürfte.

Der Text ist in einfachen Sätzen und in großer Schrift gehalten, so dass sogar ein geübter Erstleser die Geschichte selbst lesen kann. Der Leser bekommt Einblick in Tinas beschütztes Aufwachsen voller Geborgenheit im Kreis ihrer Familie. Auch ein guter Freund fehlt nicht: die krumme Tanne Kasimir. Kasimir ruht in sich und genießt sein Leben in vollen Zügen. Durch seine Mutter hat er die Gewissheit erworben, dass es unwichtig ist, wie andere ihn sehen: „Wichtig ist nur (…), dass du glücklich bist.“

Als Tinas Mutter und Schwester vom Förster als Weihnachtsbäume ausgewählt und gefällt werden, beginnt für Tina ein schmerzvoller Weg. Einsam und schutzlos versucht sie vergeblich einem Sturm standzuhalten; entwurzelt bleibt sie liegen bis der Förster sie findet. Er zeigt Mitgefühl und pflanzt Tina wieder ein. Aber die Wurzeln sind beschädigt und Tina lebt in der ständigen Angst, wieder umzukippen. Im nächsten Frühling wird Tina selbst liebevolle Mama von drei Tannenbäumchen und die Welt scheint wieder in Ordnung zu sein. Mit einem großen Sturm kommt jedoch Tinas Angst zurück. Sie ist nicht fähig, ihre Zweige schützend um ihre Kinder zu legen. All ihre Kraft braucht sie, um sich am Boden festzukrallen und nicht umzufallen. Tieftraurig und verzweifelt betrachtet Tina ihren nun jämmerlich aussehenden Nachwuchs.

Und wieder ist es der Förster, der Tinas Leid bemerkt und handelt. Er findet einen Weg, um der kleinen Familie Halt zu geben und versprechen zu können: „Du brauchst keine Angst mehr zu haben, liebe Tina.“ Du wirst sehen, dass „ihr jeden Sturm überstehen werdet.“
Die Stärke dieses Buches liegt unter anderem in dem warmherzigen Blick auf alle Beteiligten. Das Bild der Entwurzelung und die Angst, den Halt zu verlieren, lässt sich leicht übertragen auf das Erleben einer psychischen Erkrankung. Dieses Bild ermöglicht betroffenen Kindern einen urteilsfreien, ja sogar empathischen Zugang zum familiären Geschehen. Wie wichtig es ist, sich in einer Krise Hilfe zu holen, wird durch die Unterstützung durch den Förster deutlich.

„Tina Tannenbaum verliert ihre Wurzeln“ wird vom Kölner Institut für Kindertherapie empfohlen. Es ist ein Buch, dessen Einsatz bei der Betreuung von Kindern psychisch erkrankter Eltern gute Dienste leisten kann.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Ulrike Sasse; Landesstelle: Niedersachsen.
Veröffentlicht am 21.02.2023

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