Tim und Struppi Kompaktausgabe. Band 7

Autor*in
Hergé,
ISBN
978-3-551-73909-4
Übersetzer*in
Strasmann, Ilse
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Carlsen
Gattung
Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2015
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Carlsen Verlag feiert sich selbst. Zum 60. Geburtstag beschenkte er sich und das Publikum mit einer 8-bändigen Kompaktausgabe DER europäischen Comicserie: Hergés TIM UND STRUPPI. Der aktuell erschienene 7. Band der gesammelten Werke enthält die Einzelbände DER FALL BIENLEIN, KOHLE AN BORD und TIM IN TIBET, in welchen der Reporter Tim und sein hündischer „Sidekick“ Struppi im Heimatdorf Mühlenhof, im fernen Orient und in der Gebirgswelt des Himalaja ermitteln müssen.

Beurteilungstext

Der Belgier Hergé (1907 bis 1983) schrieb und zeichnete diese drei Bände Ende der 50er Jahre. Sie stellen den Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens dar – und sind die Prototypen des modernen Comics. Sie wurden nicht mehr als tägliche Strips in der Zeitung veröffentlicht, sondern als Comic-Alben von 48 bzw. 62 Seiten. Diese neue Art & Weise der Publikation erklärt, dass der extrem hohe Rhythmus der Bildfolgen und die wahnwitzige Geschwindigkeit des Erzähltempos, die die frühen Aventures de Tintin auszeichneten, hier nur noch ab und an anzutreffen ist: Die tägliche Lektüre war nicht mehr auf 12-14 Panels beschränkt. Infolgedessen konnte Hergé mit ganz anderen Formen des Erzählens experimentieren: Rhythmuswechsel, Wechsel der Bildausschnitte und Perspektivwechsel sind nur drei Beispiele.
DER FALL BIENLEIN ist wohl das Highlight der aktuellen Ausgabe, denn sie ist ganz dem schwerhörigen Running-Gag-Professor Bienlein gewidmet: Ohne Abschied zu nehmen verlässt der Professor urplötzlich das Schloss Mühlenhof. Er hat eine neue Maschine entwickelt, die auch Panzerglas mühelos zum Bersten brint. Kein Wunder, dass sich auch die militärischen Geheimdienste für diese Erfindung interessieren...
Auch im neuen gebundenen Band des Carlsen Verlages bedeutet jede Einzelseite atemlose Spannung und ist schon ein Abenteuer en miniature. Jede Umschlagseite ist ein Cliffhanger und zwingt den Leser zum raschen Umblättern. Jede Doppelseite hetzt voller Neugier in ferne Länder und Kulturen, entwickelt dunkle Rätsel und Geheimnisse, überrascht mit teuflischen Mordanschlägen und Intrigen. Natürlich ist auch die aktuelle Ausgabe hauptsächlich dem Abenteuergenre verhaftet – die kriminologische Elemente sind oft nur Mittel zum Zweck und dienen als Movens der Handlung. Tim denkt immer noch nur selten, er rennt – hinterher oder davon.
Hergés zeichnerischer (und erzählerischer) Stil, die Ligne Claire, ist mit diesen drei Abenteuern der späten 50er Jahre endgültig zur Vollendung gereift, und wirkt bis heute stilbildend: Klar begrenzte, stereotype Figuren ohne Schatten und Schraffur; Handlungen und Perspektiven die stets das (unreflektierte?) Klischee bis zur Albernheit karikieren. Die Kolorierung folgt dieser Tendenz und arbeitet ohne Farbverläufe und -entwicklungen mit einfarbigen Flächen. Besonderes auffällig ist das Abstraktionsgefälle innerhalb der Zeichnungen: Während alle Figuren typisiert und vereinfacht werden, bemühte Hergé sich in allen drei Abenteuern um detailgetreue und realistische Darstellung der Hintergründe und der Requisite – v.a. in Bezug auf gegenständliche Objekte wie Fahrzeuge, Maschinen, Gebäude usw.
Da Hergé in seinem Testament verfügte, dass niemand nach ihm TIM UND STRUPPI weiterführen sollte, müssen wir dem Carlsen Verlag recht geben: Auch der 7. Band der Kompaktausgabe lohnt sich – für Einsteiger und Kenner, für Bildungsbürger und Kids gleichermaßen. Für die einen ermöglicht sie die Befriedigung ihrer Neugier und Evasionsbedürfnisse – für die anderen eröffnet sie eine historischen Perspektive auf eine Welt, in welcher unreflektierte Alteritätserfahrung jenseits aller political correctness noch möglich war. Denn TIM UND STRUPPI ist eine Hommage an die Beschleunigung und Geschwindigkeit der Moderne, die so naiv nie mehr gedacht werden kann, und sie ist ein Potpourri der schönsten kulturgeschichtlichen Mythen und Klischees, jenseits aller postmodernen Reflexivität. Danke Carlsen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von OWA; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 12.08.2016

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