Tim und Struppi Kompaktausgabe, Band 3

Autor*in
Hergé,
ISBN
978-3-551-73908-7
Übersetzer*in
Bahn, UrsulaStrasmann, IlseRoedler, Jens
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
192
Verlag
Carlsen
Gattung
Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2014
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als Tim im Niemandsland Belgien der Besatzung eines notgelandeten Flugzeugs zu Hilfe eilen will, wird er verfolgt, gejagt, beschossen und schwer verletzt. Doch Tim braucht keine zwei Panels, um wieder gesund zu werden. Er folgt der Spur des Flugzeugs über den Kanal bis nach England, reist per Schiff nach „Dover. Von da mit dem Zug nach Littlegate. Dann weiter mit dem Auto nach Eastdown“, und immer so weiter bis nach Black Island, auf der es schließlich zum großen Showdown kommt.

Beurteilungstext

Der Carlsen Verlag feiert sich selbst. Zum 60. Geburtstag beschenkt er sich und das Publikum mit einer 8-bändigen Kompaktausgabe der europäischen Comicserie par excellence: Hergés TIM UND STRUPPI.
Im Herbst erschienen die ersten beiden Bände mit je drei Abenteuern – seitdem alle sechs Monate ein Neuer. Damit ist diese hochwertige Ausgabe bestens geeignet für Neueinsteiger, die die „schnellste Comic-Serie der Welt“ schon immer einmal kennen lernen wollten.
Der aktuelle Band 3 der gesammelten Werke enthält die Einzelbände DER ARUMBAYA-FETISCH, DIE SCHWARZE INSEL und KÖNIG OTTOKARS ZEPTER, in welchen der Reporter Tim und sein hündischer „Sidekick“ Struppi in den Dschungel Südamerikas, die rauen Berge Schottlands und in die Steinwüsten des Balkan verschlagen werden.

Der Belgier Hergé (1907 bis 1983) schrieb und zeichnete diese drei Bände in den späten 30er Jahren – z.T. während der Besatzung Belgiens durch die deutschen Truppen. Sie kamen als tägliche Strips in der Jugendzeitung Le XXe Siècle und später in der Abendzeitung Le Soir heraus – jedoch lediglich eine (!) Seite pro Tag. Diese Art & Weise der Publikation erklärt den extrem hohen Rhythmus der Bildfolgen und die wahnwitzige Geschwindigkeit des Erzähltempos, die alle Aventures de Tintin auszeichnen: Die tägliche Lektüre war auf 12-14 Panels beschränkt. Die Comic-Alben von 48 oder 62 Seiten kamen erst viel später auf den Markt.
Tims Abenteuer auf DER SCHWARZEN INSEL – die 2. Geschichte im aktuellen 3. Band der Kompaktausgabe – dürfte geradezu als Prototyp eines täglichen „Fortsetzung-Strip-Adventures“ gelten: Als Tim im Niemandsland Belgien der Besatzung eines notgelandeten Flugzeugs zu Hilfe eilen will, wird er verfolgt, gejagt, beschossen und schwer verletzt. Doch Tim braucht keine zwei Panels, um wieder gesund zu werden. Er folgt der Spur des Flugzeugs über den Kanal bis nach England, reist per Schiff nach „Dover. Von da mit dem Zug nach Littlegate. Dann weiter mit dem Auto nach Eastdown“, und immer so weiter bis nach Black Island – einer Insel vor der schottischen Küste – auf der es schließlich zum großen Showdown mit einer gefährlichen Falschmünzerbande kommt. Jede Einzelseite bedeutet atemlose Spannung und ist schon ein Abenteuer en miniature. Jede Umschlagseite ist ein Cliffhanger und zwingt den Leser zum raschen Umblättern. Jede Doppelseite hetzt voller Neugier in ferne Länder und Kulturen, entwickelt dunkle Rätsel und Geheimnisse, überrascht mit teuflischen Mordanschlägen und Intrigen.
Auch mit Band 3 ist die TIM-UND-STRUPPI-Serie hauptsächlich dem Abenteuergenre verhaftet – die kriminologische Elemente sind oft nur Mittel zum Zweck und dienen als Movens der Handlung. Tim denkt nicht, er rennt – hinterher oder davon.
Hergés zeichnerischer (und erzählerischer) Stil, die Ligne Claire, ist mit diesen drei Abenteuern der 30er zur Vollendung gereift, und wirkt bis heute stilbildend: Klar begrenzte, stereotype Figuren ohne Schatten und Schraffur; Handlungen und Perspektiven, die stets das (unreflektierte) Klischee bis zur Albernheit karikieren. Die Kolorierung folgt dieser Tendenz und arbeitet ohne Farbverläufe und -entwicklungen mit einfarbigen Flächen. Besonderes auffällig ist das Abstraktionsgefälle innerhalb der Zeichnungen: Während alle Figuren typisiert und vereinfacht werden, bemühte Hergé sich in allen drei Abenteuern um detailgetreue und realistische Darstellung der Hintergründe und der Requisite – v.a. in Bezug auf gegenständliche Objekte wie Fahrzeuge, Maschinen, Gebäude usw.
Da Hergé in seinem Testament verfügte, dass niemand nach ihm TIM UND STRUPPI weiterführen sollte, müssen wir dem Carlsen Verlag recht geben: Auch der 3. Band der Kompaktausgabe lohnt sich – für Einsteiger und Kenner, für Bildungsbürger und Kids gleichermaßen. Für die einen ermöglicht sie die Befriedigung ihrer Neugier und Evasionsbedürfnisse – für die anderen eröffnet sie eine historischen Perspektive auf eine Welt, in welcher unreflektierte Alteritätserfahrung jenseits aller political correctness noch möglich war. Denn TIM UND STRUPPI ist eine Hommage an die Beschleunigung und Geschwindigkeit der Moderne, die so naiv nie mehr gedacht werden kann, und sie ist ein Potpourri der schönsten kulturgeschichtlichen Mythen und Klischees, jenseits aller postmodernen Reflexivität. Danke Carlsen!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von OWA.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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