Tayo bleibt!

Autor*in
ISBN
978-3-551-31541-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
238
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2016
Lesealter
14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
6,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

"Tayo bleibt!" - Ja, so muss es kommen, wenn es nach Lisa, Hülya und den allermeisten in ihrer Schule und im Fußballverein in Hamburg geht. Tayo ist der zurückhaltende, freundliche und fleißig lernende Junge aus Nigeria, der nun kurz vor Abi und 18. Geburtstag abgeschoben werden soll. Das darf nicht sein und so nehmen die Mädchen den Kampf auf.

Beurteilungstext

Tayo bleibt! ist eine "ausgedachte Geschichte", wie die beiden AutorInnen an die LeserInnen adressiert schreiben. Aber sie hat einen realen Hintergrund und beruht auf Ayodeles Geschichte, der im Dezember 2012 nach Nigeria abgeschoben werden sollte. Die Schülerinnen und Schüler der Nelson-Mandela-Schule in Hamburg erreichten mit Kampagnen, dass die Härtefallkommission zu seinen Gunsten entschied und er in Hamburg bleiben durfte, wo er auch heute noch lebt.
Aus dieser mutmachende Begebenheit nehmen Margil und Schlüter den Stoff für einen realistischen und flott erzählten Jugendroman, in dem alles stimmt: Von der Figurenzeichnung sowohl der Haupt- wie auch der Nebenfiguren, über die gut recherchierten Hintergründe (Asylrecht usw.) bis hin zur spannenden und glaubwürdigen Handlung, die über die personale Erzählweise aus Lisas Perspektive entwickelt wird.
Schon der Einstieg in die Geschichte fesselt: Lisa und ihre Freundin Hülya warten nach der Disco nachts auf die S-Bahn, dann tauchen "fünf, sechs Typen mit kahl rasierten Köpfen" auf, "grölten sich irgendwas zu ...spritzende Bierdosen" (S. 9) Die Mädchen versuchen sich zu verdrücken und stellen dann fest, dass der Kampfruf "Oi!" der sich nähernden "Glatzen" nicht ihnen gilt, sondern einem Jungen auf der Bank mit Kopfhörern im Ohr. Er hört das Gegröle nicht, man sieht kaum was von ihm, aber: "Trotzdem war es unverkennbar. Der Typ - Lisa schätzte ihn auf ihr eigenes Alter, also vielleicht siebzehn oder achtzehn - war schwarz!" (S. 10) Schließlich gelingt es den Mädchen, zusammen mit dem Jungen in die rettende Bahn zu springen. Wie sich später herausstellt, ist dieser Junge Tayo, der aus Nigeria kommend zu seinem Vater nach Hamburg gezogen ist und am Montag drauf in ihrer Klasse auftaucht. Tayo spricht englisch, sieht gut aus und ist ein sehr zurückhaltender Junge, den die Mädchen alle gleich "süß" finden. Tayo fasst schnell Fuß in der Klasse und trotz kleiner Rivalitäten zwischen einigen Jungen, wird er in die Jugendmannschaft des HSV aufgenommen.
Margil und Schlüter finden treffsicher den Ton und Sprachgestus der Jugendlichen, ohne dass man jemals den Eindruck des Anbiederns an eine vermutete Jugendsprache hätte. Ebenso überzeugend erzählen sie von den Freundinnen Lisas (Hülya, Samira und Svenja), ihrem Verhältnis untereinander, ihren Gespräche und Gedanken zu allem Möglichen: Da geht es natürlich um Tayo und wie man ihn unterstützen kann, um neue Modestile, um die ewige Frage Wer wen? und natürlich auch um das Verhältnis zu den Eltern. Besonders für Lisa wird das zur Gratwanderung in ihrem Engagement für Flüchtlinge - ihr Vater ist Polizeibeamter und hat wenig Verständnis dafür, dass sie eine syrische Familie in seinem (!) Haus unterbringt, nachdem diese wegen eines Brandanschlags auf der Straße stand. Auch Tayo hat seine Not mit seinem Vater, der unerwartet einen extrem strengen Islam lebt und Tayo alles mögliche verbietet.
Gelungen und witzig finde ich auch die Darstellung der Sprache des noch Deutsch lernenden Tayo, der natürlich noch Fehler macht, die in wörtlicher Rede zitiert werden - das kippt nie ins Lächerliche - wenn man schmunzeln muss, dann mit ihm und nicht über ihn. Durch den Kunstgriff, dass die Protagonistin Lisa mit nur schwachen Englischkenntnissen ausgestattet wird (es ist ihr "Hassfach" S. 19) und Tayo mit muttersprachlichen Englisch-Fähigkeiten, kann man als Leser unmittelbar an den wechselseitigen Verstehensbemühungen teilhaben.
Niemals wirkt der Text pädagogisch. Mit leichter Hand und klug erzählt, erfahren wir auch noch ganz nebenbei einiges über Rassismus im Alltag, über die Situation von Asylsuchenden in unserem Land und den Möglichkeiten sich zu wehren.

Für einen kleinen Betrag gibt es beim Verlag an der Este Unterrichtshilfen für Lehrer zu diesem Buch.

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Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.04.2017