Susemuse auf dem Weg zu Rothko

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Max malt ein Bild mit kräftigen deckenden Farben. Rosa wünscht sich ein Porträt und Max malt, was er sieht: ihre schwarzen Augen und schwarzen Strubbelhaare, den lachenden Mund und die Schramme auf der Wange. Mit der Nase wird es bereits etwas schwieriger. Rosa lässt sich von seiner Begeisterung anstecken. Beide malen alles, was ihnen auffällt. Doch im Unland sind sie nicht willkommen. Wie gut, dass Susemuse in ihrem lustigen Flugzeug sie rettet und sogar an einen ganz besonderen Ort bringt.

Beurteilungstext

Jahrhundertelang war die Kunst als Bild anerkannt hinsichtlich der Formen sowie der Farben. Das änderte sich in der Neuzeit. Abstrakte Bilder oder gar Farbfeldbilder, wie sie z. B. Mark Rothko praktiziert, sind auf diesem Hintergrund den meisten Betrachtern nach wie vor nicht zugänglich.
Mark Rothko, geboren 1903 als Marcus Rothkowitz in Lettland, emigrierte mit seinen Eltern und Geschwistern nach Amerika, als er 10 Jahre alt war. Seit den 50er Jahren wurde er als amerikanischer Maler des abstrakten Realismus zum Wegbereiter der Farbfeldmalerei. Als im Jahr 2014 das Gemeentemuseum Den Haag eine eigene Ausstellung nur für ihn veranstaltete, wurde der niederländische Illustrator Wim Hofman um einen Zugang zu seinen Werken gebeten.
Hofman bediente sich einer wahrhaft genialischen Strategie, um Kindern auf spielerische Weise die Erfahrung reiner Farbfeldmalerei nahezubringen. Allein der Titel seines Bilderbuchs beinhaltet die Hinführung zu dieser Erkennis. Es beginnt mit dem malenden Max, der - wie es konventionell erwartet wird - einen blauen Himmel mit einer gelben Sonne malen will; doch er malt eine grüne Sonne. (Thema: Farbe) Rosa will ein Porträt, beim Detail Nase gibt es eine Vielfalt von Möglichkeiten. (Thema: Form) Es folgt das fortschreitende Erforschen der Realität von Wolken und Wellen. Das Nachtbild ist eine erste Annäherung an Rothkos Malerei.
Susemuse, die mit ihrem kleinen Flieger (einer Mischung aus Seifenkiste, Drachen und Helikopter) plötzlich auftaucht, ist das Vehikel für diese Entwicklung der fortschreitenden Abstraktion. Sie ist gleichzeitig Bewunderin und Wegweiserin. In den Bilderserien werden konkrete Situationen zu Farbflächen, die Farben sind austauschbar, aber es wird ihnen etwas zugeordnet. Es geht nicht um die Beherrschung des Materials, wie Erwachsene meinen könnten. Die folgenden Bilder spiegeln eigene kindliche Vorstellungen. Die Welterfahrung kippt dann um in eine verkehrte Welt - eine außerhalb der visuell rezipierten. Sowohl Farben als auch Formen können anders sein als in der Realität. Diese Kunstwelt ist eine neue Welt, die für sich existieren kann. Aber die Unwelt als Gegenentwurf scheint hier eher bedrohlich. Die Unländer zerreißen gar die Bilder der Kinder. Doch Susemuse weiß Rat und führt sie ins Museum, wo sie Bilder (wieder-)finden, die sie intuitiv begreifen.
Der kreative Ansatz wird von diesem didaktisch klug aufgebauten Bilderbuch gefördert, das Kindern ihre subjektive Weltsicht lässt und sie auf eine spielerische Art zum Verständnis dessen bringt, was den meisten Erwachsenen abhanden gekommen ist oder fehlt. Auch ihnen könnte das Buch Aha-Erlebnisse vermitteln und viel Freude bereiten.