Susemuse auf dem Weg zu Rothko.

Autor*in
Hofmann, Wim
ISBN
978-3-86502-355-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hofmann, Wim
Seitenanzahl
24
Verlag
E.A. Seemann
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
Leipzig
Jahr
2016
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Dieses Buch aus dem Programm „Bücher und Spiele“ des Verlags Seemann hat zum Ziel, Kindern „mit viel Spaß die Welt der Kunst (zu) eröffnen“ und auch „zum Spielen (...) und Kunstmachen“ anzuregen.
Ein vergnügliches Buch für Kinder ab 5 Jahren und Erwachsene.

Beurteilungstext

Vor die Verlagsinformationen und das Innentitelblatt sowie an das Ende des Buches, in dem eine Art künstlerischer Entwicklung zweier malfreudiger Kinder gezeigt wird, hat der Autor gewissermaßen einrahmend jeweils eine kindlich anmutende Malerei gestellt: Anfangs erscheint eine gelbe Sonne mit runden Augen, einer Dreiecksnase und einem Schlauchmund, der aufzufordern scheint: „Mal mich gelb“, denn „sie konnte einst noch sprechen“, wie der kurze gereimte Text dazu kundtut . Am Schluss des Buches überrascht eine schwarze Kreisfläche, deren unregelmäßige Ränder von einer weißlichen Aura umgeben sind. Der Anfangstext wird wiederholt, aber die „Aufforderung“ der Sonne fehlt. Sie scheint erloschen – andererseits nimmt die ernste schwarze Fläche – die erwachsene Leser an das berühmte schwarze Quadrat von Malewitsch erinnern könnte - auf einen Satz der Seite davor Bezug, so dass sie kaum deprimierend erscheint: „Wir malen eine grüne Sonne. Oder eine schwarze – wenn es sich so ergibt“, sagen die beiden umseitig gemalten Kinder Max und Rosa.
Dabei überlassen sie sich - anders als am Anfang der Geschichte - nicht einem geplanten oder geforderten Thema, sondern souverän dem ungewissen Zufall und Gesetzen, die sich erst im Malakt ergeben, bzw. ihrer „eigene(n) Welt“ oder „du malst einfach deine eigenen Farben - schön wie Musik.“

Diesen Gedanken äußern sie in einer viereckig gefliesten Gemäldegalerie, sitzend vor einem quadratischen Gemälde Rothkoscher Art: Rechteckige Flächen, Streifen unterschiedlicher Rottöne, teils durch dunkel aufscheinende schwarze Linien des Untergrundes getrennt, teils kaum von helleren roten Flächen abgesetzt und im Ganzen von einem schwarzen, gefransten Rand umgeben.

An diesen Ort hat Susemuse die Kinder geführt. Hier hängen linksseitig neben dem ‚Rothko’ konventionelle (aber in ihren horizontalen, wenn auch naturalistisch gefüllten Farbstreifen unterschwellig verwandte) Bilder: „ein Stillleben mit Flaschen und einer schwarzen Birne“ und eine Landschaft mit vier Wolken“ (nur drei sind auszumachen, die vierte müsste man kreativ aus den Landschaftshügeln ergänzen!).
So könnte man auch hier – wegen des irritierenden Titels - lernen, nach „Wirklichkeitsformen“ zu fragen oder nach Formen von Ordnung anhand von der Verteilung von Gegenständen, gemalt auf einer Fläche (Gemälde „Stillleben...“) und dann vielleicht – wie Rothko; und wie Max und Rosa vor dem Rothko-Gemälde - auf „Vorlagen“ verzichten. Ehe es dahin kommt, malt z.B. Max „normal“: Gelbe Sonne auf blauem Grund. Aber schon hier wirkt der Zufall: „Nicht gut“ (Max) haben sich Blau und Gelb zu Grün vermischt, was Rosa allerdings weniger zu Kritik als zum Staunen leitet.
Ein „Portrait“, das Rosa zeigen soll, erinnert ein wenig an einen Schneemann und an Geisteskrankenmalerei, zumal dem schneeweißen Gesicht eine Nase fehlt.
Das führt zu einer Gesichterreihe mit höchst einfallsreichen Nasen (Flöten-Finger-Kurbel- Schlangennasen, Haken- und Ösen-Nasen) die zwei Gesichter verbinden.
Das erinnert wiederum an die Spielereien und Orientierungen der Surrealisten, mit denen sich Rothko am Anfang seiner Laufbahn beschäftigt hat.
Auch vom „Traum“ - wichtige Quelle des Surrealismus – ist die Rede, bis dann nach fünf Seiten der Malversuche „Susemuse“ in einer Art Schmetterlingsflugzeug erscheint. Ohne weitere Erklärung ihrer Herkunft beurteilt sie die bisher gemalten Bilder der Kinder überwiegend positiv. Die abgebildeten zeigen in ihrer häufigen Reduzierung auf horizontal übereinandergesetzte Flächen Nähe zu Rothko, die dann auf S. 10 und 11 hervorgehoben wird. Noch geben beide Kinder ihren Bildern –Rosa schon zweifelnd – eine Deutung.
Ein Umweg oder Irrweg erschwert die Hinführung zu Rothko, als Susemuse plötzlich verschwindet. Die Kinder landen in „Unland“, bevölkert von gewalttätigen, intoleranten Bewohnern – einige erinnern an Figuren von Max Ernst, andere an die vom frühen Feininger. Hier „gibt es nichts, das nicht verkehrt ist, und nichts, was nicht verboten ist.“
Gerettet von der im Flugzeug erscheinenden Susemuse werden die Kinder – nach einer Erholpause (dargestellt in einer Kaffeetafel) zu neuen Malversuchen ermutigt. Vor allem wohl dazu, sich auf ihre eigenen Eingebungen zu verlassen.

Das äußerst farbenprächtige und nach Kinderart mit rasantem Strich gemalte und gezeichnete Buch führt m. E. unaufdringlich zu Rothko und macht neugierig auf seine Biografie und seinen künstlerischen Werdegang.

Sehr zu empfehlen für Kinder ab 5 Jahre und zum größten Vergnügen für Erwachsene.

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Diese Rezension wurde verfasst von gbr; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 30.11.2017