Struwwelpeters Rückkehr

Autor*in
Enzensberger, Hans Magnus
ISBN
978-3-446-26804-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kuhl, Anke
Seitenanzahl
48
Verlag
Hanser
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Sachliteratur
Ort
München
Jahr
2020
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,00 €
Bewertung
nicht empfehlenswert

Teaser

Da steht er und zeigt sein Gesicht.

Beurteilungstext

Der Struwwelpeter zählt zu den Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur. Und sich einmal an einer eigenen Struwwelpetriade zu versuchen, bietet für viele Autor*innen und auch Illustrator*innen einen besonderen Reiz. Die Frage, die sich bei Adaptionen auf der Text – und Bildebene allerdings stellt, ist inwieweit der Erzählstoff für und an die jeweilige aktuelle Zeit und Gesellschaft angepasst werden kann und auch wird.
Hans Magnus Enzensberger hievt den Klassiker mit seinen Figuren auf die Bühne. Dabei wird auch Heinrich Hoffmann selbst in seinem eigenen Erzählstoff zu einer darstellenden Figur bzw. führt Regie. Enzensberger rahmt auf diese Weise den Erzählstoff doppelbödig. Zum einen als Theaterstück und indem Heinrich Hoffmann als Autor nun selbst auftritt und auch seinen Text vertritt, scheint Enzensberger die Möglichkeit zu ergreifen, Kritik zu üben.
Das, was er hier an Kritik versucht, hat schon F. K. Waechter in seinem Anti-Struwwelpeter (1970) gekonnt auf den Punkt gebracht. Während Enzensberger das Verhalten des bösen Friederichs in direkte Beziehung zu dessen als wilder Jäger, „milliardenschwer“ und Volksverführer charakterisierten Vater stellt, demonstriert F. K. Waechter den Zusammenhang zwischen Sozialisation bzw. „Erziehung“ darüber hinaus, indem er gesellschaftliche Lösungsvorschläge bietet. Und auch die Episode um den Suppenkaspar bleibt in Enzensbergers psychologischer Interpretation oberflächlich, wenn dieser aus Liebeskummer aufhört zu essen. Wenn Enzensberger Konrads Daumen, nachdem dieser abgeschnitten wurde, als in die Höhe nachwachsenden „Pimmel“ imaginiert, mag Enzensberger den Freud’schen Aspekt in Hoffmanns Text als Kastrationsakt erkannt haben, aber zwängt er mit seiner fantasierenden Revolte einem kindlichen Publikum nicht doch eher seine missverstandene und vermeintlich körperliche und sexuelle Freiheit auf? Und auch mit der Episode Nr. 11 hat Enzensberger dem literarischen Diskurs nicht wirklich etwas Neues hinzuzufügen, reproduziert hingegen Rassismus und re-traumatisiert damit. Die Intention rassistisch agierender Parteien und Politiker und ihre Taktik zu entlarven, hätte ich mir von einem Enzensberger mit mehr literarischer Finesse und sprachlicher Sensibilität erwartet. Wenn der Hanser Verlag „eine humorvolle Neufassung (...) zum Vorlesen und gemeinsamen Lachen“ und „frech, wortwitzig und voller überraschender Pointen“ verspricht, bleibt mir das Lachen im Hals stecken, ob der Ignoranz und kann nur meinen Kopf schütteln über die literarischen Größen – Autor wie auch Verlag: „Was redest du da?“.

Farriba Schulz (AJuM Berlin)

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 01.05.2021

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