Stiche

Autor*in
Small, David
ISBN
Übersetzer*in
König, Barbara
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
322
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2014
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Die gezeichnete Erinnerung eines Jungen, der in einer sprachlosen Familie aufwächst, an Krebs erkrankt und mit Hilfe der Kunst seinen Weg ins Leben findet.

Beurteilungstext

Nein, empfehlenswert ist dieses Buch nicht, höchstens, allerhöchstens für die, denen es nichts ausmacht, sich das nackte Elend einer Familie vorführen zu lassen, deren Mitglieder zur Sprachlosigkeit verdammt sind, in der es weder Verstand, noch Verständnis, ganz zu schweigen von Einfühlung, Hingabe oder Zärtlichkeit zu geben scheint, eine grauenhafte Verklammerung von Hass und Angst, Ignoranz und Hilflosigkeit, in der ein Kind einfach nur krank oder gewalttätig werden muss, in diesem Fall todkrank. Der Autor Namens Small zeichnet sich als small, in diesem Buch gleichzusetzen mit dünn, kränklich und verschüchtert, eine Kindheit im Detroit der Fünfzigerjahre mit den entsprechenden Vorstadtneurosen, bestehend aus materiellem Wohlstand und seelischer Verkümmerung. Die Sprache der Mutter besteht aus „KNH!“ (ihr kleiner Husten) und „WHAP“ (das Zuschlagen der Küchenschränke), die des Vaters aus einem endlosen „POCKETA-POCKETA-POCKETA-POCKETA-POCKETA“ (das Geräusch des verprügelten Punchingballs), die des Bruders aus „BUMM-BUMM-BUMM“ (das endlose Schlagen der Trommel). Er wird von seinem Vater, einem Radiologen, mit wiederholten Überdosen von 200-400 RAN geröntgt, erkrankt an Krebs, wird mehrfach operiert, überlebt auf erstaunliche Weise und nennt, wohl in Anspielung auf die genähte OP-Wunde an seinem Hals, die vorliegende graphic novel „Stiche“, im Original „stiches“.
Wie gesagt, das Buch ist eine Zumutung. Die Zeichnungen sind genial, die Grautöne der Spiegel einer grau getönten Seele; Schwarz taucht selten, Weiß nur als Ausdruck von Kälte und Sterilität auf; Strich und Sprache sind sparsam und ausdrucksstark, der Jammer ist radikal ein Jammer ohne den leisesten Versuch der Beschönigung; Humor existiert allenfalls in der Person des Psychotherapeuten, der dem jungen Mann die Antworten auf nicht gestellte Fragen gibt (DEINE MUTTER LIEBT DICH NICHT) und –erstes Rätsel in einer ansonsten rätselarmen Geschichte - als Hase in kariertem Anzug vorgestellt wird. Als zweites Rätsel die Frage, wie es einem Menschen gelingen kann, ein solches Irrenhaus zu überleben. Der Autor hat es überlebt und hat uns in den Worten von Jules Feiffer „eine profunde und bewegende Graphic Novel zum Geschenk gemacht, die aussieht wie ein Film und sich liest wie ein Gedicht“.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von bf.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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