Spenderkind

Autor*in
Stehle, Karin
ISBN
978-3-522-30284-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
237
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Lina lebt in einer traumhaft vorbildlichen Familie. Aber just in dem Augenblick ihres 15-jährigen Lebens, in dem sie nicht so recht weiß, wer und was sie eigentlich ist, trifft sie eine Bombe: Sie hat einen anonymen leiblichen Vater, ist eine Samenspende. Ihre Welt bricht zusammen und mühsam muss sie ihr Leben neu ordnen. Aber die stabile Umgebung von Familie und Freunden hilft ihr dabei.

Beurteilungstext

Wirklich wie aus heiterem Himmel trifft Lina der Schlag. Sie fühlt sich belogen und betrogen. Warum haben ihre Eltern ihr immer vorgespiegelt, sie sei beider Tochter? (Allerdings trifft die Eltern diese Frage zu Recht; man muss seinen Kindern, wenn man sie wirklich liebt, immer reinen Wein einschenken. Nicht irgendwann - das ist dann immer zu spät - , sondern vom ersten Tag an!)
Die Antwort ist so banal wie dramatisch: Ihre Mutter ist unverhofft schwanger geworden und jetzt stehen die Eltern vor einem Problem: Der Vater des Vaters hatte eine Erbkrankheit. Die war der Grund des Paares, nicht selbst ein Kind zu zeugen, sondern einer Samenspende zu trauen. Ganz nebenbei wird nur einmal die Krankheit bei ihrem lateinischen Namen genannt, sonst immer von der "Erbkrankheit" gesprochen, nebulös und bedrohlich hängt sie als Damoklesschwert über der Familie. Dass es sich um den verhängnisvollen Veitstanz handelt, wird nicht beschrieben, warum ist mir nicht ganz klar. Aber die junge Ich-Erzählerin ist auch nicht die intellektuelle Forscherin, sie nimmt das Problem als solches weniger wahr als den "Betrug", der ihr galt. Das sinnliche Mädchen lebt an der Schwelle des Erwachsenwerdens. Sie ist ganz in ihre Welt mit der Freundin, die sich ihr entfremdet, mit dem Freund, der liebevoll und ignorant zugleich auf ihre Empfindungen reagiert, eingesponnen. Sie fühlt sich von allen nicht richtig gesehen, hintergangen, in Frage gestellt. Dass es sich aber mehr um sie selbst handelt, die sich in Frage stellt, merkt sie nicht. Wohl aber, dass ihr Freund nicht das ist, was sie sich wünscht: völlig auf sie eingehend. Der Zufall lässt sie auf einen Klassenkameraden stoßen, der weit außerhalb ihrer Clique steht. Aber während Ihr Freund nach Seife, Deodorant und Rasierwasser riecht (was sie genießt), hat dieser Nick einen Geruch, der unverwechselbar ist, angenehm, neugierig machend und sympathisch. Gerüche spielen für sie eine überaus große Rolle. Und Nick hilft ihr bedenkenlos, auch in einer absurden Aktion. Und er lässt sich durch Zickigkeiten nicht irritieren, bietet ihr weitere Hilfe an. Dabei macht sie ihre erste sexuelle Erfahrung, ohne gleich mit ihm zu schlafen. Sie braucht eine Weile, um mit sich selbst darüber ins Klare zu kommen - aber das hilft ihr, die erste wesentliche und richtige Entscheidung in ihrem Leben zu treffen: gegen die Erwartungen ihrer Clique, mit der Billigung ihrer Eltern. Und als sie das dann auch öffentlich macht, hält die Freundin, von der sie sich zeitweise verschmäht fühlte, unkompliziert zu ihr.
Die Welt ist anders geworden, aber wieder in Ordnung.
Dass das Erwachsenwerden manchmal mit schmerzhaften Prozessen verbunden ist, zeigt die Autorin mit ihrer emotionalen, sinnlichen und der abstrakten Überlegung völlig abholden Heldin beispielhaft gut. cjh12.07

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Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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