So B. It und Jamies Glück

Autor*in
Weeks, Sarah
ISBN
978-3-446-20643-4
Übersetzer*in
Jakobeit, BrigitteKollmann, Birgitt
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
220
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In ihren Büchern gibt es weder eine heile Welt, noch ein Happy End - keine romantischen Lovestorys und keinen Zickenstreit. Sarah Weeks Bücher beschäftigen sich mit so genannten Problemstoffen wie Behinderung, Krankheit, Außenseiter, Scheidungskinder - alles Themen, die von Kritikern hoch gelobt, von der Mehrzahl der jungen Leser aber nicht unbedingt geliebt werden.
Ein Buch muss spannend sein, die Fantasie wecken und Humor enthalten. Wie sieht es damit bei Sarah Weeks Büchern aus?

Beurteilungstext

Sowohl in Weeks 2005 erschienenem, preisgekrönten Buch "So B. It" als auch in "Jamies Glück" (2007) treibt etwas Geheimnisvolles, Ungelöstes im Leben der Protagonisten die Handlung an und baut eine Spannung auf, die bis zum Schluss des Buches gehalten wird.
Die US-amerikanische Kinderbuchautorin erzählt in "So B. It" von der 12-jährigen Heidi, die mit ihrer geistig behinderten Mutter und ihrer Nachbarin Bernadette, die an Agoraphobie leidet und ihre Wohnung seit Jahren nicht verlassen hat, aufwächst. Je älter das Mädchen wird, desto öfter stellt sie die Frage nach ihrer Herkunft, doch auch Bernadette kann ihr darauf nicht antworten. Heidi weiß nur, dass Bernadette ihre Mutter und sie als Säugling vor ihrer Wohnungstür gefunden hat und sich seitdem um sie kümmert. Ein unbelichteter Film, den sie eines Tages findet, bewegt sie dazu, endlich das Geheimnis um ihre Familiengeschichte zu lösen. Sie macht sich auf die Suche nach ihrem Vater und der eigenen Vergangenheit. Erst auf den letzten Seiten des Buches kommt sie hinter den Sinn des geheimnisvollen Wortes ihrer Mutter.
Auch Jamie in "Jamies Glück" hat ein Geheimnis, das er tief in seinem Inneren vergräbt und sich scheut, es preiszugeben. Mit seiner Mutter zieht er in die Wohnwagensiedlung seiner Tante Sapphy, die seit ihrem Betriebsunfall alles vergisst. Als wäre es nicht schon genug, dass erst seine Katze Mister überfahren wurde und sein Vater die Familie verlassen hat, jetzt muss Jamie in einer fremden Stadt leben, mit der herrschsüchtigen Lehrerin Miss Miller auskommen und den Spott eines geltungsbedürftigen, hässlichen Jungens namens Larry ertragen. Jamie wünscht sich nur eins, endlich das Geheimnis, was der alte Gray ihm in seinem Büro angetan hat, vergessen zu können. Auch hier erfährt der Leser erst am Ende des Buches, warum Jamie Angst hat und sich Konservenbüchsen vor sein Bett stellt.

Sowohl in Jamies als auch Heidis Leben spielt das Glück im Unglück ein wichtige Rolle. Beiden begegnet es in Gestalt von Menschen, die sich um sie sorgen und ihnen zugeneigt sind. Für Jamie ist es die humorvolle, lebenslustige Audrey, das Mädchen mit der viel zu großen, seltsamen Brille ohne Gläser. Sie soll ihm mit Hilfe der Hypnose helfen, vergessen zu können, stattdessen aber ruft sie Erinnerungen in ihm wach, die er eigentlich geheim halten wollte und hilft somit seinem Glück ein klein wenig auf die Sprünge.
Glücklich kann Heidi sein, weil sie die warmherzige Bernadette hat, die für sie Mutter, Freundin und Lehrerin zugleich ist. Wie gut auch, dass sich Heidi im Treppenhaus mit Zander trifft, einem dicken Jungen, der ihr einen Menge Lügengeschichten erzählt. Als sie nach Hilltop in das Heim für geistig Behinderte reist, findet sie hilfsbereite Menschen, die sich ihrer annehmen und sich um sie sorgen.
In der wunderbaren Beziehung zwischen Jamie und seiner kranken Tante Sapphy spürt der Leser eine tiefe Zuneigung. Liebevoll hilft Jamie seiner Tante bei der Bewältigung alltäglicher Dinge, geduldig beantwortet er ihre sich oft wiederholenden Fragen.
Auch Heidis Verhältnis zu ihrer geistig behinderten Mutter zeugt von gegenseitiger Liebe, Warmherzigkeit und Mitgefühl. Heidi fühlt, dass ihre Mutter sie lieb hat, auch wenn sie es ihr nicht richtig sagen kann. Doch weil das Mädchen nicht länger im Dunkeln tappen möchte, entscheidet sie sich, ihre geborgene, aber auch eng gewordene kleine Welt zu verlassen.

Sarah Weeks, Autorin, Sängerin und Songwriterin, ist eine meisterhafte Erzählerin, die es versteht, komplizierte und vielschichtige Themen, wie z. B. Krankheit, Behinderung und sexuelle Nötigung, behutsam, ergreifend und trotzdem auch humorvoll zu behandeln. Das gelingt ihr vor allem deshalb, weil sie ihre Ich-Erzähler über ihre Gefühle und ihren seelischen Zustand sprechen lässt und dabei nicht vergisst, dass das Leben auch in unglücklichen Situationen heiter sein kann.
Die Autorin schafft es, den Leser voll und ganz in die Welt von Jamie und Heidi hineinzuziehen. Man möchte Jamie so gern auf der Suche nach dem magischen Auslöser, der seiner Tante ihr Erinnerungsvermögen zurückbringt, helfen, und fährt mit Heidi gemeinsam im Bus nach Hilltop, um sie zu beschützen und endlich das Rätsel ihrer Vergangenheit lösen zu können.
Immer mehr Tatsachen fügen sich am Ende ihrer Reise zu einem Puzzle zusammen und ergeben ein Bild, dass ihre wahre Herkunft offenbart. Heidi muss erkennen, dass man nicht immer erfahren kann, was wirklich wahr ist. Ob man die Wahrheit weiß oder nicht, ändert nichts an der Vergangenheit.
Sarah Weeks lässt Wahres und Erfundenes ineinander verschmelzen und erzählt so Heidis spannende und geheimnisvolle Geschichte.
Auch Jamies Vergangenheit kann nicht mehr zurückgedreht werden. Sie liegt ihm so schwer auf dem Herzen, dass er seine bedrückenden Erlebnisse der kranken Sapphy erzählen muss. Als sie des Nachts über die Konservenbüchsen stolpert, ist sie der einzige Mensch auf der Welt, dem er seine seelische Not offenbaren kann. Er weiß, bis zum Morgen hat Sapphy alles wieder vergessen. Sie tröstet ihn und gibt ihm die Gewissheit, dass nicht er schuld ist an dem, was passiert ist. Aus geteiltem Leid wird doppeltes Glück, denn Jamie hat sich von seiner Last befreit und Sapphy vergisst auch am Morgen Jamies Geheimnis nicht.

Beide Erzählungen, "So B. It" und "Jamies Glück," konfrontieren den jungen Leser mit einer komplizierten Thematik und außergewöhnlichen Problemen, sind aber spannend, fantasievoll und heiter geschrieben. Nun liegt es an den Erwachsenen, diese hervorragenden Bücher nicht nur zu loben, sondern sie Kindern und Jugendlichen so zu empfehlen, dass sie "für immer mitten in ihre Herzen wandern" und unter Freunden neben Krimis, Science-Fiction- und Fantasy-Büchern gern weiter gegeben werden.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gsh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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