Sieben - Spiel ohne Regeln

Autor*in
Bennett, M. A.
ISBN
978-3-401-60495-4
Übersetzer*in
Reiter, Bea
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
398
Verlag
Arena
Gattung
FantastikTaschenbuch
Ort
Würzburg
Jahr
2020
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Lincoln, genannt Link, Selkirk ist ein siebzehnjähriger Schüler, dessen Eltern Wissenschaftler an einer Universität sind und der Schwierigkeiten hat Freunde zu finden. Er fühlt sich in der Welt des Lernens und des Computers eher zu Hause und entwickelt sich zum „Eigenbrötler“. Alle Kinder von Professoren haben ohne Aufnahmehürden das Recht, auf die besondere Privatschule in Osney England zu gehen, was Link nicht begeistert, da er in Amerika geboren und bis zu diesem Zeitpunkt von seinen Eltern unterrichtet wurde.
In seiner neuen Schule wird er schnell als nerd eingestuft, geschnitten, gemoppt und auf die Stufe eines „Sklaven“ der gesamten Klasse degradiert. Nach zwei Jahren ist Link am Ende seiner Kraft und will die Schule verlassen, obwohl seine Eltern an seine Führungsqualitäten und Fähigkeiten glauben. Sie ringen ihm den Kompromiss ab eine letzte Ferienfahrt mitzumachen. Diese endet in einem Flugzeugabsturz, den insgesamt sieben Schüler der Klasse überleben. Dank Links Belesenheit und hoher Intelligenz gelingt es ihm die Gruppe zu dominieren. Schnell schlüpft er in die Rolle des Bestimmers und auch des Unterdrückers – seine Rache ist vollständig. Erst kurz vor der völligen Eskalation besinnt sich Link, vereint die Gruppenkräfte und löst mit ihnen gemeinsam das große Rätsel: Sie waren unfreiwillige Probanden eines geheimen, wissenschaftlichen Experiments der Regierung und es gab keinen realen Flugzeugabsturz. Das Gruppenverhalten wurde unter der Leitung seiner Eltern erforscht!! Da Link vieles nun besser versteht, bleibt er auf der Schule und wird wirklich im Erwachsenenalter zum Präsidenten der USA gewählt.

Beurteilungstext

Das DIN-A5 große Taschenbuch mit farbigem Einband umfasst 398 Seiten. Die einzelnen Kapitel sind jeweils mit einer fettgedruckten Überschrift versehen.
Die ersten 80 Seiten beschreiben Links Martyrium. Teilweise ist mir das Lesen schon eine kleine Überwindung gewesen, da das Ausgrenzen, Mobben und Quälen nicht „ohne“ war. So musste Link nach einem Dauerlauf, den er als eher zierlicher „Stubenhocker“ nicht gewinnen konnte, eine interne Einstufung auf die letzte Stelle der internen Schulrangordnung hinnehmen. Dies hatte zur Folge, dass er schwere Sporttaschen schleppen, Beschimpfungen, „Späße“, Hänseleien über sich ergehen lassen sowie Dienerdienste für alle leisten musste. Er fand keine Freunde und auch die Lehrer unterstützten das System, dass nur sportliche Leistungen an dieser Schule zählten und alle anderen Schüler wertlose Verlierer waren. Ich denke, selbst wenn die Autorin etwas überzeichnet, kann sich der Leser in diese ausweglose und verzweifelte Situation von Machtmissbrauch hineinversetzen. Ich denke, dass die aufkeimende Wut bewusst erzeugt wird, damit der folgende Teil ebenfalls emotional nachvollziehbar wird. Ich konnte meine aufkommende Schadenfreude sehr wohl fühlen, nachdem sich auf der verlassenen Insel das Blatt zu Gunsten des als nerd beschimpften Links wendete. Nun war er derjenige, der beachtet wurde, seine herausgefundene und die vor der anderen versteckten Fähigkeit, mit Hilfe seiner Brille Feuer zu entzünden, gab ihm Macht. Er fand den Trinkwassersee, wusste, wie man eine Hütte baute, entwickelte eine Angelmöglichkeit und fand heraus, wie man die wilden Ziegen erlegen und ausweiden konnte. Jedoch nutzte er seine wachsende Machtstellung aus, um den anderen seinen Willen aufzudrängen und sie zu unterdrücken. Hier ging es mir ganz ähnlich wie im ersten Teil, ich kam wieder an den Punkt, dass mir das Weiterlesen schwer wurde. Interessanterweise empfand ich diesen unangenehmen Druck als noch stärker und habe einige Seiten überschlagen. Ich denke, hier konnte ich nicht so leicht Empathie für die neue Gruppe der Unterdrückten entwickeln, da ich mich ja eigentlich bereits mit Link solidarisch erklärt hatte. Aber sein Handeln schürte mein Unrechtbewusstsein so sehr, dass ich meine Haltung aufgeben musste.
Im dritten Teil des Buches kam es erst zur Teamarbeit, nachdem Link sein Fehlverhalten erkannte und veränderte. Hier konnte ich mich der Geschichte wieder mehr widmen und der Auflösung mit eher neutralen Gefühlen, zuwenden. Ich denke, dass junge Leser hier die verschiedenen Rollenbilder mit Hilfe einer vielschichtigen Literatur gut durchleben können. Die Gefühle von Macht und Unterdrückung, sind hier sehr gelungen transportiert worden. Der Autorin ist es gelungen darzustellen, dass das Gefühl von „Rache“ bitter schmeckt und Mitgefühl und Demokratie diesen Teufelskreis erst wirklich durchbrechen können.
Mich persönlich hat gestört, dass immer wieder geschichtliche, wissenschaftliche oder kulturelle Grundlagen, die Link natürlich alle kannte, so einflochten wurden, dass dem Leser klar wurde: die Klassenkameraden sind eigentlich doch etwas „dumm“ und leicht ungebildet. Leider waren mir auch einige Dinge nicht bekannt und somit auch die Botschaft an mich: Lese und lerne mehr, sonst bist du leider ungebildet und auf dem gleichen Stand wie diese Schüler. Dies war eine eher unangenehme Botschaft für mich als Leser, die wohl auch die Jugendlichen eher nicht zum Lernen motiviert, sondern eher herabsetzt.
Etwas sehr hoch gegriffen empfand ich auch die Aussage der Eltern, dass sie ihr Kind stets mit seinen Fähigkeiten als zukünftigen US-Präsidenten gesehen haben. Öfter kam dieser Umstand zur Sprache und wurde bereits durch die Vornamenwahl, Lincoln, geprägt. Das stößt vielleicht dem ein oder anderen jugendlichen Leser sauer auf, wenn die Eltern „genau“ wissen, was in der Zukunft gut für ihr Kind ist. Sehr „passend“, wenn im Nachspann dann zu lesen ist, dass Link wirklich Präsident und seine Klassenkameradin seine Frau wurde.
Mein Fazit lautet, trotz meiner Anmerkungen, sehr empfehlenswert, da dieses Buch viel zum Nachdenken anregt und die Grundlagen einer guten Demokratie mit Spannung und Emotionen transportiert.

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Diese Rezension wurde verfasst von KaCr; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 02.08.2020

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