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Autor*in
Hesse, Monica
ISBN
978-3-570-16602-4
Übersetzer*in
Stoll, Cornelia
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
443
Verlag
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
München
Jahr
2020
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
18,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Frühjahr 1945. Das KZ Groß-Rosen ist befreit, und die Soldaten behaupten, der Krieg sei vorbei. Aber für die 18-jährige Zofia Lederman fühlt es sich nicht so an. Ihr ganzes Leben ist in Scherben zerfallen.

Beurteilungstext

A – Z. Das war Zofias Spiel mit ihrem Bruder Abek. Jeder Buchstabe stand für Verbundenheit. A für Abek, B für Baba Rose … Z für Zofia. Dieses Alphabet hatte sie ihm in die Jacke gestickt, bevor sie nach Birkenwald transportiert wurden. Zofia näht sehr gut, ihre Eltern hatten eine Textilfabrik.

„Wir haben nichts, wir wiegen nichts, wir fühlen nichts. […] Auch unsere Seelen sind nichts.“
Die 18-jährige Jüdin Zofia hat die Konzentrationslager überlebt und will 1945 raus aus dem Krankenhaus für Gar-Nichts-Mädchen. Sie zieht los, ihren Bruder Abek zu suchen. Sie hat ihren Eltern versprochen, immer auf ihren Bruder aufzupassen. Doch sie hat ihn seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Zofia hat versagt.
Zuerst sucht Zofia in ihrer Heimatstadt Sosnowiec. Dort sind Juden nicht erwünscht. Nach einem Hinweis erreicht sie auf beschwerlichen Wegen das Lager Föhrenwald bei München auf dem ehemaligen Gelände der IG Farben, die das Gift Zyklon herstellte, mit dem ihre Eltern vergast wurden.

A – Z. Jedes Kapitel ist mit einem Buchstaben des Alphabets überschrieben. Da es polnische Buchstaben sind, gibt es deutlich mehr als 26 Kapitel.

Große Hochachtung vor Monica Hesse, die fünf Jahre lang über die schreckliche Zeit des zweiten Weltkriegs recherchierte. Ihr drittes Buch über diese Zeit handelt von einem von der Literatur eher vernachlässigten Thema: der schweren Zeit für Juden NACH der Befreiung. Die amerikanische Journalistin Hesse beschreibt eindrucksvoll und einfühlsam die traumatisierte Persönlichkeit einer KZ-Überlebenden und setzt mit diesem Buch gleichzeitig einen Fokus auf die zahlreichen Hilfsorganisationen, die nach dem zweiten Weltkrieg die KZ-Überlebende unterstützten. Auf den letzten neun Seiten des Buches beschreibt sie ihre Quellen und Vorbilder.

Ein Großteil der Handlung spielt im Lager Föhrenwald, einem der bekanntesten Lager für Displaced Persons. Die traumatisierte Ich-Erzählerin Zofia trifft auf viele andere traumatisierte Menschen. Sie berichtet im Präsens vom Lagerleben. Zwischendurch kommen Erinnerungen aus der Vergangenheit hoch. Doch welche Erinnerung ist wahr? Auch Zofia stellt sich Fragen: „nicht die Frage Bin ich verrückt, sondern Wie verrückt bin ich?“ „Könnte ich doch den Kriegszustand in meinem Kopf beenden.“ „Es klingt dumm, aber ich will keinesfalls in die Nähe seiner Pfeife. Seine Pfeife ist ein Teil jener Tür, die verschlossen bleiben muss, Teil jenes Pfades, den mein Gedächtnis nicht betreten darf.“ „Wieso sind manche von uns viel schneller gesundet, als andere?“
Denn im Lager gibt es neben Hoffnungslosigkeit und Leiden auch Hochzeiten, Berufsvorbereitung und die Hoffnung auf Auswanderung nach Eretz Israel. Zofia verliebt sich ein wenig in Josef und freut sich, dass sie mit ihren Nähkünsten anderen helfen kann. Gegen Ende steigt die Spannung durch unerwartete Wendungen in eine neue Richtung.

A – Z. Am Ende des Romans haben für Zofia ganz viele Buchstaben eine neue Bedeutung.

Die 443 Seiten des Romans sind groß gedruckt und lesen sich schneller, als erwartet.
Deswegen eine Empfehlung nicht nur für Schulbibliotheken, sondern auch als Klassenlektüre und eine Empfehlung für alle Menschen ab 14 Jahre.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von est; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 27.02.2021

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