Seidenhaar
- Autor*in
- Çelik, Aygen-Sibel
- ISBN
- 978-3-8000-5288-2
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 143
- Verlag
- Ueberreuter
- Gattung
- –
- Ort
- Wien
- Jahr
- 2007
- Lesealter
- 12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 9,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Eine heftige Grundsatzdiskussion in der Schule: Kopftuch ja oder nein? Canan und Sinem geraten aneinander. Am nächsten Tag fehlt Canan in der Schule ...
Beurteilungstext
Beide in Deutschland aufgewachsen, sind Canan und Sinem grundverschieden, obwohl sie einmal Freundinnen waren. Aus einer recht liberalen türkischen Familie stammend, genießt Sinem fast die gleichen Freiheiten wie ihre deutschen Freundinnen, Während Canan sich deutlich als Türkin und deren Traditionen unterworfen fühlt und dies deutlich mit einem Kopftuch manifestiert. Ihr gleichgültiges Nebeneinander eskaliert, als im Unterricht anlässlich eines Gesetzentwurfs der CDU im Hessischen Landtag (der bald als das "Kopftuchverbot" in die Medien einging) die Frage dieses Verbots und seiner Auswirkungen auf die in Deutschland lebenden Türkinnen und ihre Zukunft diskutiert wird. Hart und unversöhnlich prallen die Meinungen aufeinander, als Sinem Canan öffentlich lächerlich macht. Bewundert von ihrer Freundin Meli und den anderen Klassenkameraden bleibt ein schlechtes Gefühl in Sinem zurück, das sich zur Panik steigert, als am nächsten Morgen Canan nicht zur Schule kommt. Wenig später wird diese von der Polizei gesucht, gar unter dem Verdacht, sich einer radikalen fundamentalistischen Gruppe angeschlossen zu haben.
Sinem beginnt ihre eigene Suche, fängt an, sich in Canan hineinzuversetzen und ihren Spuren zu folgen. Zunehmend stößt sie dabei auf Unverständnis, in der Schule und sogar in der eigenen Familie. In der Koranschule, die Canan freiwillig besucht hat, begegnet Sinem einer ihr bis dahin völlig unbekannten Welt, die sie mehr und mehr fasziniert und zu ihren eigenen Wurzeln zurückführt.
Der Roman ist in Ichform aus der Sicht Sinems angelegt, enthält aber zwischen den Kapiteln Einschübe aus der Sicht Canans. Dies ist nur eines der erzählerisch genutzten Mittel, zu denen die in der Türkei geborene und in Deutschland aufgewachsene Autorin greift, um ihr leidenschaftliches unermüdliches Plädoyer für eine vorurteilsfreie Begegnung mit der fremden Religion und Kultur auszugestalten. Die konträren Gesichtspunkte - einmal nicht von einer Türkin und einer Deutschen, sondern beide aus dem gleichen Kulturkreis hervorgebracht -, der wiederholte Besuch mit den tiefgehenden Gesprächen in der Koranschule, die Begegnungen mit der scharfen, wenngleich hilflosen deutschen Polizei, die Diskussionen mit den Familien und in der Schule ermöglichen eine umfassende breite Darstellung nicht nur von Glaubensproblemen, von unterschiedlichen Gesichtspunkten und Blickwinkeln aus, und führen so indirekt zu einer stetigen Auseinandersetzung mit allen nur denkbaren Argumenten pro und kontra.
Das Buch ist geprägt von seinem überzeugenden Bemühen um Annäherung und Vermittlung, von Toleranz und Akzeptanz. Das dieses Bemühen in einer so spannenden mitreißenden Erzählung resultiert, die zudem die bestmögliche "Sachbearbeitung" gefunden hat, trägt zur Bedeutung des Buches wesentlich bei. Man möchte sich rasch eine preiswerte Taschenbuchausgabe wünschen und diese zur Pflichtlektüre in allen Klassen 9 und 10 erheben.