Sechs Männer

Autor*in
McKee, David
ISBN
978-3-314-10248-6
Übersetzer*in
Bodmer, Thomas
Ori. Sprache
Aus d. Engl.
Illustrator*in
McKee, David
Seitenanzahl
20
Verlag
Gattung
BilderbuchFantastikSachliteratur
Ort
Zürich
Jahr
Lesealter
6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

6 Männer lassen ihren Wohlstand von Soldaten bewachen.Um sie weiter zu beschäftigen, lassen die 6 Männer auch die umliegenden Dörfer unterwerfen. Als Reaktion rüsten die Dörfer jenseits des Flusses auch auf. Durch ein Missverständnis kommt es zu einer Schlacht, bei der sich alle Krieger gegenseitig vernichten. Übrig bleiben auf jeder Seite 6 Männer, die in die Welt ziehen, um ein friedliches Plätzchen zu suchen. Damit kann die Geschichte wieder von vorn anfangen. Deprimierende Parabel um die Unverbesserlichkeit der Menschheit.

Der Inhalt erfordert Vermittlung, aber auch die anspruchsvolle Illustrierung in quasi-naiven abstrahierenden Zeichnungen aus dünnen schwarzen Strichen auf weißem Grund.

Beurteilungstext

Inhalt
Es waren einmal 6 Männer, die suchten einen Ort, an dem sie in Frieden leben und als Baumeister arbeiten könnten. Als sie ihn gefunden hatten, wurden sie durch ihre Arbeit wohlhabend und ließen ihren Reichtum durch angestellte Soldaten bewachen. Weil diese Soldaten nichts zu tun hatten, beauftragten die 6 Männer sie, die Dörfer der Nachbarschaft zu unterwerfen. Nun rüsteten auch die Dörfer jenseits des Flusses zu ihrem Schutz auf. Durch ein Missverständnis kam es zu einer großen Schlacht, in der sich alle Krieger gegenseitig töteten. Übrig blieben auf jeder Seite nur 6 Männer, die in die Welt zogen, um ein friedliches Plätzchen zu suchen.

Botschaft
Durch starke Vereinfachung der Fabel in einem kurzen knappen Text arbeitet McKee den Kern seines friedenspädagogischen Anliegens deutlich heraus, sodass es auch jüngeren Kindern verständlich wird. Der Ausgang der Geschichte ist allerdings deprimierend. Der Rezipient kann darüber resignieren und verzweifelt den Schluss ziehen, dass die Menschheit unbelehrbar ist. Er könnte daraus aber auch den Schluss ziehen, dass wir durch Aufklärung alles dafür tun müssen, dass die Menschheitsgeschichte sich nicht immer wieder so desaströs wiederholt. Aber dem kindlichen Rezipienten stehen diese Mittel der Veränderung durch Pädagogik nicht zur Verfügung. Für ihn muss der Ausblick ohne Hoffnung erscheinen.

Form
Es handelt sich hier um mit dünnem schwarzem Stift angefertigte Strichzeichnungen, die jeweils über die Doppelseite des kleinformatigen Bilderbuchs im Querformat laufen. Die Textblöcke in rotbrauner Farbe wurden in die leeren weißen Flächen gesetzt.
Die Figuren - ausschließlich Männer - wurden pseudo-naiv nach Art von Kinderzeichnungen vereinfacht und verfremdet, meist in Seitenansicht, die Körper wie plumpe gleichförmige Säcke, die nur durch unterschiedliche Musterung individualisiert werden. Die Soldaten entsprechen dem Bild der Krieger auf dem Teppich von Bayeux, der die Schlacht von Hastings aus dem englischen Mittelalter darstellt. Sie tragen spitze Topfhelme und Kettenhemden und sind mit Streitaxt, Morgenstern, Schwert, Lanze und Pfeilen bewaffnet. Die Landschaft mit zeichenhaft reduziertem Berg, Wald, Fluss und Dorf erscheint wie auf Kinderzeichnungen in Aufsicht. Dann wiederum wechselt die Perspektive zu den Szenen mit handelnden Menschen, die sich in Seitenansicht auf einer Grundlinie abspielen, die auch mal senkrecht gestellt wird. Die Formen - auch die menschlichen - tendieren zur Abstraktion, und wenn sie rhythmisiert werden, verflechten sie sich zu flächigen, tapetenartigen Mustern. McKee entfaltet hier Illustrationskunst auf höchstem Niveau. Delikat und von großem graphischem Reiz sind seine Strichanordnungen, mit denen er einen Felsenberg, ein Baumstammdickicht, ein Baugerüst oder die Pfeilschwärme über Kriegerkolonnen wiedergibt. Im Schlachtgetümmel füllen sich die Seiten, bis nach dem Rauchgewölk über dem apokalyptischen Ende die Seiten wieder leer und weiß werden. Auf ihnen ziehen die jeweils 6 verbliebenen Männer ab, damit die Geschichte wieder von vorn anfangen und sich bis in alle Unendlichkeit wiederholen kann.

Vermittlung
Krieg und Kampf werden durch die Stilistik ästhetisiert, gewinnen durch die Quasi-Naivität auch einen leicht komischen Anstrich. Auf jeden Fall wird so vom Zeichner Distanz hergestellt.
Heutige Kinder sind an bunte Illustrationen gewöhnt; an McKees graphisch reduzierende anspruchsvolle Strichkunst müssen sie wahrscheinlich erst durch eine intensive Bildbetrachtung im Gespräch herangeführt werden.
Krieg und Kampf werden hier in der archaischen Form dargestellt, spielen sich handgreiflich in direktem Körperkontakt ab. Aufgabe des Rezipienten ist es, die Botschaft aus der Vergangenheit in die eigene Umwelt und auch die aktuelle politische Gegenwart zu transferieren. Das kann von Kindern meist nicht aus eigener Kraft geleistet werden, sondern erfordert in den unteren Klassenstufen ebenfalls Vermittlung.
Für höhere Klassenstufen bietet sich ein anschließendes Projekt im Kunstunterricht an: andere Geschichten in dem reduzierten Strichstil von McKee nachzuerzählen.

Zum Autor/Illustrator
David McKee wurde 1935 in England geboren und lebt und arbeitet bis heute dort. Seine ersten Bilderbücher veröffentlichte er 1968. „Two can toucan“ erschien in Deutschland unter dem Titel „Schnapp-Schnabel“. Schon sein zweites Bilderbuch in Deutschland - „Elmer“ (1970) - wurde ein Erfolg, der mit Fortsetzungen bis heute andauert. Die Geschichte von dem fröhlichen bunt-karierten Elefanten ist aus keinem Kindergarten wegzudenken.
Darüber wird vergessen, dass McKee kontinuierlich weiter Bilderbücher von großer ästhetischer Qualität schuf, die inhaltlich von unterhaltsamen bis zu anspruchsvollen Nachdenk-Büchern über parabelhaft eingekleidete gesellschaftliche Probleme reichen, von naiv-kindlicher Hingabe und Freude an der eigenen Tätigkeit über Märchenhaftes bis zu schwarzem Humor und Surrealität. Damit steht er in einer Reihe mit den englischen Bilderbuch-Klassikern Burningham, Wildsmith und Foreman. Mehrere seiner Bilderbuchcharaktere wurden zu Animationsfilmreihen ausgebaut.
Er scheut sich nicht, über das Medium seiner immer humorvollen Bilder Kinder auch mit negativen Inhalten zu konfrontieren, z. B. den verzweifelten und vergeblichen Versuch eines Jungen, die Aufmerksamkeit seiner gleichgültigen Eltern auf sich zu ziehen („Jetzt nicht, Herbert“, 1980).
Wiederholt machte McKee Krieg und Aggression und ihre Überwindung zum Thema, z. B. in „Zwei Admirale“ (1977) und in „Du hast angefangen! Nein, du!“ (1986). Für letzteren Titel wurde er mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. In „Zahn um Zahn“ (1979) bekämpfen sich die kriegslüsternen schwarzen und weißen Elefanten gegenseitig bis zur völligen Auslöschung ihrer Art. Aber die friedliebenden schwarzen und weißen Elefanten waren in den Urwald geflohen. Nach Jahren erschienen ihre Nachkommen wieder auf der Bildfläche: sie waren alle grau. Der kindliche Rezipient kann aufatmen: die Welt geht hoffnungsvoll einer friedlichen Zukunft entgegen. Doch nun beginnen sich unter ihnen die Elefanten mit den großen und die mit den kleinen Ohren misstrauisch zu beäugen. D. h. unausgesprochen hängt der deprimierende Schluss in der Luft, dass die Menschheit unverbesserlich ist und das Morden immer wieder von vorn losgehen wird. Das ist auch die Aussage des vorliegenden Titels „Sechs Männer“.
Nach malerisch bunten Bildern mit breitem Auftrag von Deckfarben in seiner Anfangszeit stellte McKee sich in den 1970er Jahren auf eine Technik um, die er bis heute beibehielt: klare geschlossene Formen mit dünnem schwarzen Stift gezeichnet, werden mit transparenten, doch leuchtenden Wasserfarben koloriert.
Der vorliegende Titel „Sechs Männer“ ist die 2. Auflage einer Neuausgabe von 2011. Diese Neuausgabe griff wiederum auf die erste Ausgabe des Verlages aus dem Jahr 1972 zurück. D. h., wir haben es mit einem sehr frühen Titel von McKee zu tun, was erklärt, dass der Illustrationsstil sich so sehr von den späteren Arbeiten unterscheidet. Damals hat er sich offensichtlich an den graphisch delikaten Strich-Kunstwerken des Amerikaners Saul Steinberg orientiert.

[Geralde Schmidt-Dumont, Hamburg]

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gsd; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 27.06.2015

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