Sämtliche Gedichte
- Autor*in
- Ringelnatz, Joachim
- ISBN
- 978-3-257-06145-1
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 864
- Ort
- Zürich
- Jahr
- 2003
- Lesealter
- 14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- –
- Preis
- 29,90 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Alles, was es an gereimten schriftlichen Äußerungen Ringelnatz’ gibt...
Beurteilungstext
Jeder meint Ringelnatz zu kennen, weiß vielleicht sogar von “Kuttel Daddeldu” und von den zwei Ameisen aus Altona. Und dann? Dann setzt meistens die Kenntnis dieses Wortkünstlers aus. Dabei hat er weiß Gott mehr zu bieten als Nonsensgedichte und einige Bücher aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts.
Doch fangen wir mit den Nonsensgedichten an. Die finden sich hier sehr verstreut, von ganzen kleinen Geschichten bis zur Toilettenwandinschrift oder Stammbucheinträgen. Hat man aber einige davon gelesen, dann ahnt man, woher Epigonen wie Heinz Erhard, Robert Gernhardt oder auch Otto Waalkes Inspirationen und Stil bezogen. Das spricht nicht gegen die Spätergekommenen, aber für den Vorläufer, der sich - erkennbar - für gar nichts zu schade war und mit Zweideutigkeiten und Wortkaskaden gern und deftig Schabernack trieb.
Daneben aber gibt es so viel mehr, Ernstgenommenes und Ernstzunehmendes, das wenig bekannt, aber um so entdeckenswerter ist. Dazu gehören ganze Gedichtbände für Kinder (wobei sich die Eltern vorher inhaltlich orientieren sollten, um keine zu großen Überraschungen zu erleben!) ebenso wie Seemannsgedichte, Kriegserfahrungen und Begeisterungsausbrüche beim Passagierflug jener frühen Jahre.
Allen gemeinsam ist die strenge Wahrhaftigkeit von Beobachtung und Schilderung, eine unmittelbare Direktheit ohne Rücksicht auf Konventionen und “Sagt-man-nicht” sowie ein virtuoser Umgang mit Sprache, Versmaß und Reimschema. Denn so frech und hemmungslos Ringelnatz auch Dinge ausspricht, er gliedert akkurat und bleibt stets dem gebundenen Reim klassischer Art verbunden.
Dieser Kontrast zwischen Freiheit und Gebundenheit durchzieht auch das ganze Sujet des Dichters. Rotzige Ausdrucksweise verträgt sich mühelos mit tiefer Empfindsamkeit und starken Gefühlen, tiefe Bewegung steht unmittelbar neben schnoddriger Unbekümmertheit, wortklingelnder Flachsinn ist grundlegender Werteüberzeugung benachbart. Und keinen Moment verwundert es, dass der gebürtige Sachse Hans Bötticher, der sich dann eben Ringelnatz nannte, zeit eines kurzen Lebens von nur 51 Jahren auch zu seinen Erfolgszeiten in den 1920er Jahren immer ein Outlaw, ein “gefühlter Unterschichtler” blieb, der vorhersehbar mit den Nazis kollidierte und nach dem Verbot seiner Schriften 1934 schlicht und einfach verhungerte. Er bleibe uns im Gedächtnis!