Rosie und Moussa. Der Brief von Papa

Autor*in
Cock/Vanistendael, De
ISBN
978-3-407-82045-7
Übersetzer*in
Erdorf, Rolf
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Vanistendael, Judith
Seitenanzahl
90
Verlag
Gattung
Krimi
Ort
Weinheim
Jahr
2014
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
9,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In diesem zweiten Band der Erzählungen zu Rosie und Moussa wird einfühlsam und aufklärerisch, gesellschaftlich inklusiv und unaufgeregt davon erzählt, wie Rosie ihren Vater im Gefängnis besucht. Es geling De Cock und Vanistendael, dieses schwierige Thema für Leseanfängerinnen und Leseanfänger literarisch so aufzubereiten, dass ein differenziertes Bild der Protagonisten entsteht, das jenseits von oberflächlichen Gut-Böse-Klischees steht.

Beurteilungstext

Rosies Vater war eines Tages einfach weggewesen, seitdem hat sie nichts mehr von ihm gehört und sie lebt mit ihrer Mutter, die nichts von ihrem Expartner wissen will, in einer neuen Wohnung. Erst, als Rosies Vater sie eines Tages anruft, erfährt sie, dass er im Gefängnis sitzt. Mit Hilfe ihres Onkels und ihres neuen Freundes Moussa (den sie im ersten Band der Reihe kennenlernt) besucht sie ihren Vater im Gefängnis, ohne dass die Mutter davon weiß. Sie erfährt, dass ihr Vater wegen Autoschieberei ins Gefängnis gekommen ist, wichtiger aber ist, dass trotz der bedrückenden Atmosphäre im Besucherraum des Gefängnisses offensichtlich wird, dass die familiäre Beziehung zwischen ihr und ihrem Vater sich neu entwickelt. Natürlich bekommt die Mutter hinterher mit, dass Rosie etwas Besonderes erlebt hat. Aber es kommt nicht zu einem märchenhaften Schluss, bei dem sich Mutter und Vater versöhnen und der Vater wieder aus dem Gefängnis kommt - nein. Die Mutter reagiert heftig und auch emotional stark, aber einer der letzten Sätze heißt: ""Dass Mama und Papa sich je wieder liebhaben werden, das glaubt Rosie nicht"".

Die Geschichte an sich ist wenig aufregend, es gibt keine überbordenden Handlungsstränge, selbst, als Moussa und Rosi auf dem Weg ins Gefängnis beim Schwarzfahren erwischt werden, ist die Erzählung ruhig und gelassen. Das, was dieses Buch auch für Kinder im Grundschulalter interessant macht, ist die sich aufbauende Spannung zwischen den differenzierten Charakteren. Die Mutter ist offensichtlich keine schlechte Mutter, ist aber nicht bereit, mit Rosie über ihren Vater zu reden. Sie hat offensichtlich Geheimnisse und es wird deutlich, wie sehr sie selbst hin- und hergerissen ist und dass sie sich emotional noch nicht ganz von der Liebe zu Rosies Vater freimachen kann, obwohl sie es intellektuell will.
Die kriminellen Handlungen des Vaters werden nicht beschönigt, in keinem Moment der Geschichte schwingt auch nur an, dass er unschuldig im Gefängnis sitzen könnte. So wird deutlich, dass Menschen in Gefängnissen nicht außerhalb der Gesellschaft stehen, nicht durch und durch schlecht sein müssen, auch ein Anrecht auf Teilhabe haben. Dies gelingt durch die figurale Erzählweise, bei der der auktoriale Erzähler nah an der Perspektive Rosies erzählt. Ihre kindlich-naive Offenheit einerseits, aber auch die Sicherheit, die sie aus der Unterstützung durch ihren Freund Moussa erfährt, machen es möglich, dass das Geschehen nicht mit vorurteilsbeladenen Vorstellungen Erwachsener herüberkommt. So können Leserinnen und Leser sich selbst über die aufgeworfenen Fragen nach Schuld und Sühne, Liebe, Familie und Freundschaft Gedanken machen.

Die Illustrationen von Judith Vanistedael stellen die handelnden Figuren in den Mittelpunkt, unterstützen den Zugang zu den Personen und ergänzen zum Teil in kleinen Bild-Erzählsequenzen die Handlungsfunktion des Textes.

Wäre dieses Buch lediglich eine problemorientierte Aufarbeitung des Themas ""Vater im Gefängnis"", würde sich die Arbeit in der Schule mit diesem Buch nicht lohnen. Die literarische Qualität hingegen ermöglicht einen vielseitigen Umgang mit dem Buch, der vor allem Aspekte literarischen Lernens wie Vorstellungsbildung, Perspektivenübernahme u. Ä. in den Mittelpunkt stellen sollte.

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Diese Rezension wurde verfasst von cja.
Veröffentlicht am 01.01.2010