Radieschen von unten. Das bunte Buch über den Tod für neugierige Kinder
- Autor*in
- von der Gathen, Katharina
- ISBN
- 978-3-95470-285-5
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Kuhl, Anke
- Seitenanzahl
- 160
- Verlag
- Klett Kinderbuch
- Gattung
- Buch (gebunden)Sachliteratur
- Ort
- Leipzig
- Jahr
- 2023
- Lesealter
- 10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre8-9 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Bücherei
- Preis
- 22,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Alles, was wir schon immer über den Tod wissen wollten, uns aber nie zu fragen getraut haben!
Beurteilungstext
Wenn es um Tod und Sterben geht, verstummen die meisten Menschen. Sei es, weil sie nicht wissen, wie man diese existentielle Thematik angemessen anspricht oder auch weil Faktenwissen fehlt; sei es, weil die eigene Angst einem die Sprache verschlägt. Dabei haben Kinder schon oder gerade im Kindergarten- und Grundschulalter und auch Jugendliche so viele Fragen und Ängste. Wie auch beim Thema Sexualität, sind sie neugierig auf alles, was mit diesem großen Grenzbereich des Lebens zusammenhängt und würden vielleicht auch auch gern darüber sprechen. Für solche Gespräche braucht es Mut von beiden Seiten.
Die Entwicklung auf dem Buchmarkt in den letzten Jahren zeigt, dass der Reiz groß ist, gegen die allgemeine Sprachlosigkeit anzuschreiben. Die Auswahl an Büchern, die sich erzählerisch oder als Sachtitel mit der Thematik befassen, ist mittlerweile kaum noch zu überblicken. "Radieschen von unten" von Katharina von Gathen und Anke Kuhl ist ein weiteres Sachbuch zum Thema und ragt dennoch mit seinen einfühlsamen Texten, der umfassenden und facettenreichen Darstellung und vor allem der gestalterischen Vielfältigkeit wie ein Leuchtturm aus der Flut der Veröffentlichungen heraus.
"Das bunte Buch über den Tod für neugierige Kinder" heißt es im Untertitel und das ist tatsächlich das Programm: Unerschrocken, unangestrengt, humorvoll und selbstverständlich divers beleuchten die Autorin und die Illustratorin in fünf großen Kapiteln einfach alles, was mit Sterben, Tod und Trauern zusammenhängt. Sie führen uns über "Wenn das Leben aufhört", "Wie geht Sterben?", "Beerdigen" und "Trauern" bis hin zu "Mit den Toten leben". Wichtige Wörter werden erklärt und es gibt Bastelvorlagen für eine Schädelmaske und einen Minisarg. Das Buch ist absolut auf der Höhe der Zeit, z. B. was neueste Bestattungsformen, die Trauertheorie oder sogar die sprachliche Nuancierung von An- und Zugehörigen betrifft. Es gibt Interviews mit einem Krankenpfleger, mit Bestatter*innen, einem Arzt und einer Sterbe- und Trauerbegleiterin. Alle möglichen Fragen und Ängste werden angesprochen und besprochen. Nicht Sagbares findet sich in Bildern wieder. Und einiges wird in den Bildern allen Tabus zum Trotz auch einfach mal gezeigt, z. B. welche Utensilien für die Versorgung eines Leichnams gebraucht werden; Dinge, die sonst hinter den verschlossenen Türen des Bestattungsunternehmens vor sich gehen. Das Wissen darum kann viele Ängste nehmen. Der uneingeschränkt respektvolle Umgang mit dem Thema und die Kunst, mit den Leser*innen auf Augenhöhe zu bleiben, machen das Buch zu etwas Besonderem.
Anke Kuhl als Illustratorin leistet hier wirklich Großes. Im Comicstil mit leichtem Strich und angenehmer Farbigkeit gelingt es ihr, selbst schwer Erträgliches in Würde zu zeigen: wie ein Mensch vor und nach dem Sterben aussieht oder wie sich die Totenstarre auf den Körper auswirkt. Viele eingestreute Comicpanels gehen das Ganze mit Humor an, ohne ins Lächerliche abzudriften. Kuhl knüpft damit an Pernilla Stalfelts Klassiker "Und was kommt dann?" aus dem Jahr 2000 an, erreicht jedoch eine beeindruckende Balance aus Witz und Tiefgründigkeit, die bei Stalfelt so nicht gegeben ist. Viele Szenen sind anrührend, aber nicht rührselig und wahren damit eine tröstliche Distanz zwischen der Schwere der gezeigten Situation und den Leser*innen. Sensibel wird aufgegriffen, dass jeder seine eigene Umgangsweise mit dem Tod hat und dass das auch so sein darf. Es gibt in Anke Kuhls Bildern so viel zu entdecken. Zum Beispiel, dass ich mir die Pudelmütze über den Kopf ziehen darf, wenn es mir hilft, am Sarg eines Angehörigen zu stehen. Insgesamt ist der feine oder manchmal auch etwas derbere Humor der Schlüssel, denn ohne wäre das Nachdenken über Tod und Sterben kaum auszuhalten.
Das Buch ist zum immer mal wieder in die Hand nehmen und Stöbern und Kichern gedacht. Die Autorinnen haben beim Schreiben und Illustrieren selbst erfahren, dass man auch ab und zu eine Pause braucht vom Nachdenken über Tod und Sterben, so schreiben sie es in dem Vorwort, das einfühlsam auf die Beschäftigung mit dem Thema vorbereitet. "Dann klapp das Buch einfach zu! Weiterlesen kannst du später ja immer noch. Am besten hast du dann auch noch einen tollen Menschen in der Nähe, mit dem du über deine Gedanken und Fragen sprechen kannst."
Dieses Buch darf wirklich in keiner Bibliothek, Schule oder KiTa fehlen!