Pippi geht einkaufen

Autor*in
Lindgren, Astrid
ISBN
978-3-7512-0102-5
Übersetzer*in
Heinig, Cäcilie
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Vang Nyman, Ingrid
Seitenanzahl
40
Verlag
Oetinger
Gattung
BilderbuchSachliteraturTaschenbuch
Ort
Hamburg
Jahr
2021
Lesealter
4-5 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
8,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Gekürzte und vereinfachte Fassung des gleichnamigen Kapitels aus „Pippi Langstrumpf geht an Bord“, neu illustriert und mit vier Stickerseiten versehen.

Beurteilungstext

Pippi Langstrumpf hat, wie viele mittlerweile wissen, große Goldmünzenvorräte, und so kann sie mit Tommy und Annika unbeschwert einkaufen gehen. Dabei ist sie großzügig wie immer: Alle Kinder, die sich beim Süßigkeitenladen die Nase plattdrücken, bekommen sehr viele Süßigkeiten und auch Spielzeug von ihr.
In der Apotheke kauft sie viele Flaschen mit Medikamenten und schüttet sie anschließend zusammen. Pippi trinkt von dieser Mischung, worauf Annika sie darauf aufmerksam macht, dass einige der Medikamente nur äußerlich anzuwenden seien. Pippi reagiert ganz unbeeindruckt, denn, so sagt sie, sie würde ja spätestens morgen früh merken, ob die Medizin giftig sei. Wenn sie dann noch gesund und munter sei, sei die Medizin nicht giftig, und jedes Kind könne sie trinken. Ob Pippi nun aber wieder aufwacht oder nicht, erfahren wir nicht in diesem Band. Ob ein weiterer Band dieser Reihe geplant ist, durch den die Kinder von der Sorge um Pippi Langstrumpfs Gesundheit entlastet werden? So jedenfalls ist das Ende für jüngere Kinder problematisch, selbst bei einer Heldin wie Pippi, die eigentlich nie unterzukriegen ist.
Diese Geschichte isoliert und aus dem Kontext der Pippi-Episoden gerissen zu erzählen, ist in der heutigen Zeit problematisch. Im Kontext der Episoden, in denen Pippi lustvoll und mit unbändiger Fantasie Tommy, Annika und die Leser*innen in komische Erlebnisse zieht, in denen meist die Erwachsenenwelt kritisch auf den Kopf gestellt wird, ist diese Episode des ungebändigten Konsums, des lustvollen Essens von Süßigkeiten, bis der Bauch weh tut, das Erfüllen jedes Spielzeugwunsches eine Aktivität unter vielen. Isoliert aber, in einer Welt, in der viele Kinder permanent mit Kauf- und Konsumreizen konfrontiert werden und in denen Süßigkeiten ständig zur Verfügung stehen, ist diese Geschichte ein zumindest seltsames Signal.
Dazu stimmt die an die Erwachsenen gerichtete Verlagswerbung bedenklich:
„Mit den vielen bunten Stickern können die Seiten fantasievoll gestaltet werden.“ - Nein, das ist nicht fantasievoll. Entweder werden die Sticker „richtig“ an die passende Stelle geklebt, dann sieht am Ende jedes fertig beklebte Buch gleich aus, oder aber die Kinder finden nicht die passende Stelle, dann ist es aber nicht ihre Fantasie, sondern ihre Überforderung angesichts der großen Zahl an meist sehr kleinen Stickern. „Nimm deine Stifte und male noch mehr kunterbunte Bilder in die Stickerwelten“ ist eine weitere Aufforderung. Nur: Mit welchen Stiften sollen die Kinder auf dem Hochglanzpapier malen können?
„Kreatives und interaktives Lesenlernen macht mit Pippi Langstrumpf gleich noch mehr Spaß.“ - Zum einen stört doch immer wieder, wenn das Adjektiv „kreativ“ in Verbindung mit einer Sache gebraucht wird – kreativ sein kann eigentlich nur ein Mensch. Aber da sich dieser seltsame Sprachgebrauch mittlerweile leider durchgesetzt hat, fragt man sich vor allem, wie hier Lesenlernen stattfinden soll und warum „kreativ“ und „interaktiv“. Sticker zu kleben ist wohl eher nicht interaktiv; zum Sticker kleben müssen die Kinder hier nichts lesen, sondern die Bilder wahrnehmen und die Sticker zuordnen. Der Text ist für Leseanfänger*innen viel zu umfangreich, die Schrift zu klein, es ist Flattersatz, und die Sätze sind eher kompliziert aufgebaut. Es ist ein Bilderbuch, kein Erstlesebuch.
Die Illustrationen von Ingrid Vang Nyman werden mittlerweile häufig für Bilderbuch- und Sammelbandausgaben der Pippi-Geschichten verwendet. Sie sind an den Originalillustrationen orientiert und sie sind, wohl mit Blick auf die jungen Zuhörer*innen und Betrachter*innen von Bilderbüchern, eher einfach gehalten. Das alles macht sie aber nicht besser.
Es entsteht der Eindruck, dass viele viel an der „Marke“ Pippi verdienen möchten. Es wird veröffentlicht, was möglich ist, in immer wieder neuen Einbänden und in der Werbung möglichst mit Zusätzen versehen, die den erwachsenen Käufer*innen suggerieren, die Kinder könnten so etwas lernen. Das ist wirklich schade, und vermutlich würde sich die Autorin mit ihrem konsequenten Eintreten für Kinder im Grabe umdrehen, wenn sie das wüsste.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Gudrun Stenzel; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 08.02.2022

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