Piepmatz macht Wald aus euch! Weltrettdings für Vorangeschrittene

Autor*in
Stavarič, Michael
ISBN
978-3-7011-8242-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Dreis, Stella
Seitenanzahl
56
Verlag
Leykam
Gattung
Buch (gebunden)Bilderbuch
Ort
Graz
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiVorlesen
Preis
20,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

„Wälder weg. Tiere weg. Klima weg. Menschwesige weg.“

Beurteilungstext

Piepmatz, ein sprechender Eichelhäher, gleichzeitig Erzähler und Hauptfigur des Buches, hat viele (teilweise sehr umcharmante) Namen für uns, die menschlichen Leser:innen: Menschwesige, Menschkauzige, Zweibeinige, Lauchstelzen ... Der ziemlich aufgedreht wirkende Eichelhäher berichtet uns in einer ganz besonderen und (fast irr-)witzigen Sprache, in Eichelhäherisch, wie schön und komisch aber auch sehr bedroht sein Leben und das der anderen Bewohner des Waldes ist. Im Mittelpunkt seiner Erklärungen steht die immer weiter zunehmende Zerstörung der Wälder, des Lebensraumes so vieler Tiere und letztlich die menschengemachte Klimakatastrophe. Dabei wird nichts wissenschaftlich erläutert, vielmehr handelt es sich um eine lange Ansprache, eine wütende Anklage. Weil die Menschen ihr zerstörerisches Verhalten nicht ändern, reicht es dem Eichelhäher schließlich, und er erklärt uns den Krieg. Seinen ‚kriegerischen‘ Plan deckt er nach und nach auf: Er will so viele Eicheln wie möglich verteilen und überall neue Bäume wachsen lassen und so Autobahnen und Häuser sprengen.
Zwischendurch zeigt der Eichelhäher mit „Wälder weg. Tiere weg. Klima weg. Menschwesige weg.“ den Leser:innen eine recht düstere Zukunftsprognose auf. Es wird dann zum Ende aber doch wieder optimistischer, dem ambitionierten Welten- und Menschenretter möchte man gern zutrauen, dass er mit seinem verrücktem Bebaumungs-Plan die Welt ein Stück weit grüner und damit auch besser macht und nicht zuletzt viele Menschenkinder wachrüttelt.
Der Text ist geprägt durch kurze Sätze („Lieben Bäume. Lieben Sonne. Lieben Bäche.“) und besteht oft aus wörtlicher Rede, Selbstgesprächen oder Fragen („Wie ihr mich heißt?... Wollt Beispiel?“). Weitere Kennzeichen sind eigentümliche Satzumstellungen, Umdeutungen bekannter Wörter und Weglassungen, teilweise werden auch Wörter ohne Lücke aneinander gereiht: „Dieredenkauderwelsch ...“ Auch Jugendsprache findet Eingang („Und Hornissen erst, voll aggro ... ey, bleib cremig ...“).
Aber das wirklich Besondere sind die vielen, vielen Neuschöpfungen, die sich Michael Stavarič ausgedacht hat, um Lebewesen (Starkbär), Dinge (Riesenmaulwurfshügelfeuerwerk), Tätigkeiten (kaimanen) und Laute (Ratschratschkrrschä) genauer zu bezeichnen. Es braucht eine gewisse Zeit, sich in diese Sprachwelt einzulesen, sie entfaltet dann aber einen ganz besonderen Charme.
Die Zeichnungen des Buches, welches im Oktober 2022 von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur zum Bilderbuch des Monats erklärt wurde, stammen von der in Bulgarien geborenen Künstlerin Stella Dreis und sind fast so facettenreich wie die Sprache. Da gibt es ganzseitige Darstellungen wie die des Kampfes zweier Menschenaffen als großen, comicartig gezeichneten Knall ebenso wie zart verteilte Federn und naturalistisch gezeichnete Herbstblätter. Anthropomorph dargestellte Tiere, insbesondere natürlich der immer wieder auftauchende Eichelhäher Piepmatz in zarten Rosatönen, aber auch Bären, Affen und diverse Vögel, lassen uns die Gefühlswelt des Textes gut nachvollziehen, Freude, Angst und Wut miterleben. Helle Aquarellzeichnungen finden sich ebenso wie dunkelgrüne Waldbilder. Zur Auflockerung widmet sich ein doppelseitiges (fast) sprachfreies Rätselbild mit Tierspuren der Frage "Na, Menschwesige, wessen Verspurungen sind das?".
Ob sich dieses künstlerisch anspruchsvolle Buch kindliche Leser:innen allein erlesen können und wollen, sei dahin gestellt und hängt natürlich auch sehr vom Kind selbst ab. Ein Vorlesen und gemeinsames Besprechen könnte aber auf jeden Fall sehr gut funktionieren. Kinder können sich schnell in Fantasiewelten einfühlen und eindenken und die Vorstellung, dass Tiere sprechen und fühlen können, ist für sie vielleicht sogar leichter anzunehmen als für manch Erwachsenen.
Ein kleiner Hinweis am Rande sei gestattet: Der Verlag leykam wurde 1585 gegründet - eine schwer vorstellbare Zeitspanne - und ist immer noch am Markt. Für eine diverse Literaturlandschaft sind unterschiedliche Verlage vermutlich ähnlich wichtig wie Bäume für unser Klima.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Kerstin Mittag; Landesstelle: Berlin.
Veröffentlicht am 20.03.2023

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